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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Raubthieren Mittelamerikas, hatten es die Jäger also nur mit einem Tapir zu thun gehabt. Es war ein ziemlich großes Exemplar mit braunem, auf dem Kopfe und an der Kehle mehr grauem Felle von spärlicher Behaarung, doch mit einer Art Mähne, dem Zeichen des männlichen Geschlechts. Dieses Thier, das mehr in der Nacht als am Tage umherschweift, bewohnt die Urwalddickichte und auch die Sümpfe des Landes. Seine Nase, ein kleiner Rüssel, verleiht ihm Aehnlichkeit mit dem Eber, auch mit einem Schweine von der Größe eines Esels.
    Ein Angriff ist von dieser Art Dickhäutern nie zu befürchten. Das Thier frißt nur Pflanzen und Früchte und wäre höchstens imstande, einen Jäger über den Haufen zu rennen.
    Die vier Gewehrschüsse waren indeß nicht als vergeudet anzusehen, wenn es gelang, den Tapir nach den Piroguen zu schaffen, wo die Mannschaften ihn gewiß auszunutzen verstanden.
    Als das Thier aber zu Boden gestürzt war, hatten Herr Miguel und seine Begleiter nichts von dem Aufschrei eines Indianers gehört, der sie links von dem Dickicht her belauschte, und hatten den Mann auch nicht in größter Eile nach dem Dorfe zu fortlaufen sehen. Sie beluden sich arglos wieder mit dem Bisamschweine und dem Hirsche und setzten den Rückweg fort mit der Absicht, den Tapir durch einige Schiffsleute aus dem Walde holen zu lassen.
    In Augustino angelangt, fanden sie die ganze Bevölkerung aber in wüthender Aufregung. Männer und Frauen drängten sich um den Capitan. Der Herr Caribal erschien nicht minder erregt, als seine getreuen Unterthanen, und als Germain Paterne, Herr Miguel und Jacques Helloch auf der Bildfläche erschienen, wurden sie mit schrecklichem Geschrei, mit Ausbrüchen des Hasses und der Rachsucht empfangen.
    Was mochte hier vorgegangen sein?… Woher diese Veränderung des Benehmens?… Hatten die Piaroas etwa Feindseligkeiten gegen die Piroguen im Sinne?…
    Darüber konnten sie sich bald beruhigen, als sie den jungen Mann, den Sergeanten Martial und die Herren Felipe und Varinas auf sich zukommen sahen.
    »Was in aller Welt giebt es denn hier? fragten sie.
    – Valdez, der sich noch im Dorfe aufhielt, erklärte Jean, daß er einen Indianer aus dem Walde hervorstürzen, auf den Capitan zueilen gesehen und auch gehört habe, wie jener meldete, Sie hätten mit den Gewehren..
    – Ein Bisamschwein und einen Hirsch erlegt, die wir hier mitbringen fiel Herr Miguel ein.
    – Nicht auch einen Tapir?
    – Gewiß, auch einen Tapir, antwortete Jacques Helloch. Was ist denn so Schlimmes dabei, einen Tapir zu tödten?
    – Nach den Piroguen!… Schnell nach den Piroguen!« rief der Sergeant Martial.
    In der That schienen die Dorfbewohner jetzt auf dem Punkte, zu Gewaltthätigkeiten überzugehen. Die so friedlichen, entgegenkommenden, dienstwilligen Indianer schäumten sichtlich vor Wuth. Einige davon waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Ihr Schreien und Toben wurde immer lauter.
     

    »Vorsicht!… Vorsicht!« mahnte Herr Miguel. (S. 183.)
     
    Sie drohten über die Fremdlinge herzufallen. Dem Capitan Caribal gelang es offenbar nur schwierig, sie noch ein wenig im Zaume zu halten – wenn er sich überhaupt darum bemühte – und die Gefahr wuchs jetzt mit jeder Secunde.
    War der Grund hierfür wirklich nur der Umstand, daß die Jäger einen Tapir erlegt hatten?
    Ja, das einzig und allein, und es war zu bedauern, daß Jean sie vor ihrem Aufbruche nicht nach den Angaben seines Führers darüber unterrichtet hatte, daß sie einer solchen Pachyderme auf keinen Fall auch nur ein Haar krümmen dürften. In den Augen dieser Indianer ist der Tapir ein geheiligtes Thier, verehrt von den dem schlimmsten Aberglauben huldigenden Wilden, die auch noch auf eine Seelenwanderung schwören.
    Sie glauben nicht allein an gute und böse Geister, sondern betrachten den Tapir auch als einen ihrer ehrwürdigsten und von ihren Vorfahren schon heilig verehrten Ahnen. In den Leib eines Tapirs zieht, ihrer Annahme nach, die Seele jedes verstorbenen Indianers ein. Ein Tapir weniger bedeutet demnach eine Wohnstätte weniger für diese Seelen, die aus Mangel an Unterkommen dann Gefahr liefen, in Ewigkeit durch das Weltall zu irren. Daher das strenge Verbot die Tage eines Thieres zu verkürzen, das die ehrenwerthe Bestimmung hat, als Hauswirth zu fungieren, und daher, wenn eines doch getödtet worden ist, die Wuth der Piaroas, die sie zu der furchtbarsten Wiedervergeltung treiben kann.
    Weder Herr Miguel noch Jacques Helloch wollten jedoch den

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