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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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etwas gegen sie in der Hand? Einen Skandal?“
    „Nein, nein. Das würdest du nicht verstehen. Sie ist bloß zu weit gegangen diesmal, und dafür wird sie büßen. Sie hat sich ein unentschuldbares Ding geleistet, ohne vorher jemanden zu Rate zu ziehen. Es ist ein ernsthafter Affront gegen unsere mexikanischen Nachbarn. Wenn das der Verwaltungsrat hört, werden sie der Betriebsabteilung ein paar neue Regeln verpassen, damit meine Schwester besser zu kontrollieren ist.“
    „Du bist ein schlauer Kerl, Jim“, sagte sie.
    „Ich sollte mich jetzt besser anziehen.“ Seine Stimme klang zufrieden. Als er sich wieder zum Waschbecken umwandte, fügte er fröhlich hinzu: „Vielleicht führe ich dich heute Abend doch aus und lade dich auf Schisch Kebab ein.“
    Das Telefon läutete.
    Er nahm ab. Die Vermittlung gab ein Ferngespräch aus Mexiko City durch.
    Die hysterische Stimme am Telefon war die seines politischen Verbindungsmannes in Mexiko.
    „Ich konnte nichts tun, Jim!“, japste er. „Ich konnte nichts tun! … Es gab keine Anzeichen. Ich schwöre zu Gott, niemand hätte das gedacht, keiner hat es kommen sehen. Ich habe mein Bestes gegeben, Sie können mich nicht verantwortlich machen, Jim. Es kam wie aus heiterem Himmel. Das Dekret wurde heute Morgen veröffentlicht, erst vor fünf Minuten. Sie haben uns damit einfach überrumpelt, ohne jede Vorwarnung. Die Regierung des Volksstaates Mexiko hat die San-Sebastián-Minen und die San-Sebastián-Eisenbahn verstaatlicht.“
    *
    „… und daher kann ich den Herren vom Verwaltungsrat versichern, dass kein Grund zur Panik besteht. Die Ereignisse von heute Morgen sind bedauerlich, aber ich bin – aufgrund meiner Hintergrundinformationen über die internen Prozesse, die unsere Außenpolitik in Washington beeinflussen – zuversichtlich, dass unsere Regierung eine faire Vereinbarung mit der Regierung des Volksstaates Mexiko aushandeln wird und wir für unser Eigentum voll und gerecht entschädigt werden.“
    James Taggart stand an dem langen Versammlungstisch und sprach zu den Mitgliedern des Verwaltungsrats. Seine Stimme war klar und monoton, sie vermittelte Sicherheit.
    „Ich bin dennoch froh, Ihnen mitteilen zu können, dass ich die Möglichkeit einer solchen Entwicklung vorhergesehen und alle Vorkehrungen getroffen habe, um die Interessen von Taggart Transcontinental zu wahren. Bereits vor einigen Monaten habe ich unsere Betriebsabteilung angewiesen, die Fahrpläne auf der San-Sebastián-Strecke auf einen einzigen Zug pro Tag zu kürzen und die besten Triebwagen und Waggons sowie alle beweglichen Anlagen und Geräte fortzuschaffen. Die mexikanische Regierung konnte also nichts weiter beschlagnahmen als ein paar hölzerne Waggons und eine veraltete Lokomotive. Meine Entscheidung hat dem Unternehmen viele Millionen Dollar erspart – die exakten Zahlen werden noch errechnet und Ihnen dann übermittelt. Ich bin jedoch der Ansicht, dass unsere Aktionäre zu Recht erwarten, dass die Hauptverantwortlichen dieses Projekts nun auch die Konsequenzen ihres fahrlässigen Verhaltens tragen sollten. Ich schlage daher vor, dass wir Mr. Clarence Eddington, unseren Berater in wirtschaftlichen Angelegenheiten, der den Bau der San-Sebastián-Trasse empfohlen hat, und Mr. Jules Mott, unseren Repräsentanten in Mexiko City, auffordern zurückzutreten.“
    Die Männer, die an dem langen Tisch saßen, hörten zu. Sie überlegten nicht, was sie nun zu tun hätten, sondern was sie den Männern, die sie vertraten, würden sagen müssen. Taggarts Ansprache gab ihnen, was sie brauchten.
    *
    Orren Boyle wartete auf ihn, als James Taggart zu seinem Büro zurückkehrte. Sobald sie allein waren, veränderte sich Taggarts Miene. Er lehnte sich an seinen Schreibtisch und sackte in sich zusammen. Sein Gesicht war schlaff und bleich.
    „Nun?“, fragte er.
    Boyle breitete mit hilfloser Geste die Arme aus. „Ich habe es überprüft, Jim“, sagte er. „Es stimmt ganz genau! D’Anconia hat in diesen Minen fünfzehn Millionen aus seiner eigenen Tasche verloren. Nein, da war nichts faul, er hat nicht getrickst, er hat sein eigenes Geld investiert, und jetzt hat er es verloren.“
    „Was wird er nun tun?“
    „Das … weiß ich nicht. Niemand weiß es.“
    „Er wird sich doch nicht ausrauben lassen, oder? Dafür ist er zu schlau. Er muss noch einen Trumpf im Ärmel haben.“
    „Das hoffe ich sehr.“
    „Er hat einige der gewitztesten Geldraffer der Welt ausgetrickst. Und da lässt er sich jetzt

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