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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Konkurrenzkampf zu vermeiden, werden sämtliche Unternehmen ihre Bruttoeinnahmen in einen gemeinsamen Topf zahlen, der Stahlvereinigungsfonds heißen und einer speziellen Behörde unterstehen wird. Am Jahresende wird die Behörde diese Einnahmen verteilen, indem sie die Gesamtstahlproduktion errechnet, durch die Anzahl der vorhandenen Öfen teilt und so auf einen Durchschnittswert kommt, der allen gegenüber gerecht ist – und jedes Unternehmen wird entsprechend seinen Bedürfnissen bezahlt. Da die Erhaltung seiner Hochöfen das grundlegende Bedürfnis eines Stahlwerks ist, wird jedes Unternehmen entsprechend der Anzahl seiner Hochöfen bezahlt.“
    Er verstummte und wartete, dann fügte er hinzu: „Das ist der Plan, Mr. Rearden“, und als er keine Antwort erhielt, sagte er: „Oh, da sind noch einige Unklarheiten zu beseitigen, aber … das ist der Plan.“
    Welche Reaktion sie auch erwartet haben mochten, es war nicht die, die sie nun sahen. Rearden lehnte sich zurück, sein Blick war aufmerksam, aber in den Raum gerichtet, als schaute er in eine nicht allzu große Entfernung, dann fragte er mit einem eigentümlichen Unterton leiser unpersönlicher Belustigung: „Sagt mir bloß eins, Jungs: Worauf zählt ihr dabei?“
    Er wusste, dass sie ihn verstanden. Er sah in ihren Gesichtern diesen sturen, ausweichenden Blick, den er einst für den Blick eines Lügners gehalten hatte, der ein Opfer betrügt, von dem er nun jedoch wusste, dass es noch schlimmer war: Es war der Blick eines Mannes, der sich selbst um sein Bewusstsein betrügt. Sie antworteten nicht. Sie schwiegen, als hofften sie inständig, nicht etwa ihn seine Frage vergessen zu lassen, sondern sich selbst vergessen zu lassen, dass sie sie gehört hatten.
    „Es ist ein solider, praktischer Plan!“, stieß James Taggart unerwartet hervor, und seine plötzlich lebhafte Stimme hatte einen zornigen Unterton. „Er wird funktionieren! Er muss funktionieren! Wir wollen , dass er funktioniert!“
    Niemand antwortete ihm.
    „Mr. Rearden …?“, fragte Holloway zaghaft.
    „Nun, lassen Sie mich sehen“, sagte Rearden. „Orren Boyles Associated Steel gehören 60 Siemens-Martin-Öfen, von denen ein Drittel stillsteht und der Rest im Durchschnitt 300 Tonnen Stahl pro Ofen und Tag produziert. Ich besitze 20 Siemens-Martin-Öfen, die voll ausgelastet sind und 750 Tonnen Rearden-Metall pro Ofen und Tag produzieren. Wir besitzen also ‚zusammengelegt‘ 80 Hochöfen mit einem ‚zusammengelegten‘ Ausstoß von 27 000 Tonnen, das sind durchschnittlich 337,5 Tonnen pro Hochofen. Ich produziere an jedem Tag des Jahres 15 000 Tonnen und werde für 6750 Tonnen bezahlt werden. Boyle, der 12 000 Tonnen produziert, wird für 20 250 Tonnen bezahlt werden. Um die übrigen Mitglieder des Fonds kümmern wir uns gar nicht, die meisten arbeiten unproduktiver als Boyle, keiner von ihnen produziert so viel wie ich. Und wie lange, meinen Sie, halte ich durch, wenn Ihr Plan in Kraft tritt?“
    Es gab keine Antwort, aber dann rief Lawson plötzlich unüberlegt und selbstgerecht: „Wenn die Nation in Gefahr ist, ist es Ihre Pflicht zu dienen, zu leiden und für die Rettung des Landes zu arbeiten!“
    „Ich wüsste nicht, warum es das Land retten sollte, wenn man meine Einnahmen in Orren Boyles Taschen pumpt.“
    „Sie müssen gewisse Opfer für das Gemeinwohl bringen!“
    „Ich wüsste nicht, warum Orren Boyle mehr ‚das Gemeinwohl‘ darstellt als ich.“
    „Ach, es geht doch gar nicht um Mr. Boyle! Es geht um viel mehr als einen Einzelnen. Es geht darum, die natürlichen Ressourcen des Landes – wie die Fabriken – zu erhalten und die Gesamtindustrie der Nation zu retten. Wir können nicht zulassen, dass ein so großes Unternehmen wie das von Mr. Boyle bankrottgeht. Das Land braucht es.“
    „Ich glaube“, sagte Rearden bedächtig, „das Land braucht mich mehr, als es Orren Boyle braucht.“
    „Aber natürlich!“, rief Lawson begeistert, wenn auch ein wenig verdutzt. „Das Land braucht Sie, Mr. Rearden! Das ist Ihnen doch klar, oder?“
    Doch Lawsons Begeisterung über diese vertraute Formel der Selbstaufopferung schwand abrupt, als Rearden im kühlen Ton des Händlers erwiderte: „Ja.“
    „Es geht hier nicht allein um Boyle“, sagte Holloway flehentlich. „Die Wirtschaft des Landes wäre im Augenblick nicht in der Lage, eine größere Erschütterung zu verkraften. Boyle hat Tausende von Arbeitern, Lieferanten und Kunden – was würde aus denen werden, wenn

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