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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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der er eben beigetreten war; aber da war etwas, das in seinen schlaffen Gesichtsmuskeln ein überlegenes Lächeln andeutete, als er sagte: „Nein, das würde dich nicht kümmern, es hat nichts mit dem Geschäft zu tun, Henry, rein gar nichts, es ist eine vollkommen ungeschäftliche Angelegenheit.“ … Der Bauunternehmer in Detroit, der damit beauftragt war, eine große Fabrik zu errichten, überlegte, Bauteile aus Rearden-Metall zu verwenden. Er sollte nach Detroit fliegen und persönlich mit ihm sprechen, er hätte das schon vor einer Woche tun sollen, er hätte es heute Abend tun können. … „Du hörst ja gar nicht zu“, sagte seine Mutter am Frühstückstisch, wenn seine Gedanken zu dem aktuellen Kohlepreisindex abschweiften, während sie ihm erzählte, was sie letzte Nacht geträumt hatte. „Du hast noch nie einer Menschenseele zugehört. Du interessierst dich für nichts, außer für dich selbst. Du kümmerst dich einen Dreck um andere, nicht um ein einziges menschliches Wesen auf Gottes Erdboden.“ … Die maschinengeschriebenen Seiten, die auf dem Schreibtisch in seinem Büro lagen, enthielten einen Testbericht über einen Flugzeugmotor aus Rearden-Metall. Von allen Dingen auf der Welt wollte er in diesem Augenblick nichts lieber tun, als diese Seiten zu lesen. Der Bericht lag schon seit drei Tagen unberührt da, er hatte keine Zeit für ihn gefunden. Warum tat er es nicht jetzt und …
    Er schüttelte heftig den Kopf, öffnete seine Augen und trat von dem Spiegel zurück.
    Er wollte nach seinen Hemdknöpfen greifen. Doch stattdessen streckte sich seine Hand nach einem Stapel Post auf der Kommode aus. Es war die dringende Post, die noch heute gelesen werden musste, für die er im Büro aber keine Zeit mehr gehabt hatte. Seine Sekretärin hatte sie ihm auf dem Weg nach draußen noch in die Tasche gesteckt. Während des Auskleidens hatte er sie dort hingeworfen.
    Ein Zeitungsausschnitt flatterte zu Boden. Es war ein Leitartikel, den seine Sekretärin verärgert mit einem Rotstift markiert hatte. Der Titel lautete: „Chancengleichheit“. Er musste das lesen, zu viel war in den letzten drei Monaten über dieses Thema gesprochen worden, so viel, dass es nichts Gutes ahnen ließ.
    Er las den Artikel, während das Geräusch von Stimmen und Gelächter im Hintergrund, das von unten heraufdrang, ihn daran erinnerte, dass seine Gäste eintrafen, dass seine Gesellschaft begonnen hatte und dass er den bitteren, vorwurfsvollen Blicken seiner Familie begegnen würde, wenn er herunterkam.
    In dem Leitartikel hieß es, dass es in Zeiten der einbrechenden Produktion, der schrumpfenden Märkte und der schwindenden Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, unfair sei, einen einzelnen Mann mehrere Unternehmen horten zu lassen, während andere keines hätten. Es sei destruktiv, einigen wenigen alle Ressourcen zu überlassen, während andere keine Chance hätten. Wettbewerb sei essenziell für die Gesellschaft, und es sei die Aufgabe der Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass kein Wettbewerber je über die hinauswuchs, die mit ihm konkurrieren wollten. Der Artikel prophezeite die Verabschiedung eines Gesetzes, das bereits vorgelegt worden war, eines Gesetzes, das es jeder Person oder Gesellschaft untersagte, mehr als ein Unternehmen zu besitzen.
    Wesley Mouch, sein Verbindungsmann in Washington, hatte Rearden gesagt, er brauche sich deshalb nicht zu sorgen. Der Kampf werde zwar schwierig, aber der Entwurf werde abgelehnt werden. Rearden verstand nichts von derlei Kämpfen. Er überließ sie Mouch und seinen Leuten. Er fand kaum die Zeit, die Berichte aus Washington zu überfliegen und die Schecks zu unterschreiben, die Mouch für den Kampf einforderte.
    Rearden glaubte nicht, dass der Gesetzesentwurf angenommen werden würde. Er konnte es nicht glauben. Nachdem er sich ein Leben lang in der sauberen Welt von Metallen, Technik und Produktion bewegt hatte, war er zu der Überzeugung gelangt, dass man sich mit dem Vernünftigen beschäftigen musste, nicht mit dem Unsinnigen; dass man nach dem Richtigen streben musste, denn die richtige Antwort gewann immer; dass das Sinnlose, das Falsche, das himmelschreiend Ungerechte nicht funktionieren konnte, nicht gewinnen konnte, nur sich selbst zu Fall zu bringen vermochte. Ein Kampf gegen etwas wie diesen Gesetzesvorschlag schien ihm grotesk und ein wenig peinlich, als würde er plötzlich dazu aufgefordert, sich mit einem Mann zu messen, der Stahllegierungen anhand von

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