Der stumme Handlungsreisende
»Also, du solltest einer Dame niemals nein sagen, Henry. Das tut man
einfach nicht.«
»Falsche Nummer«,
sagte Rush. »Es war irgendein Mädchen, das wissen wollte, ob
ich ihr Daddy sei.« Walker und Seafield lachten.
Ich gab nur einen erstickten
Laut von mir.
»Lee«, sagte
Rush, »weißt du irgend etwas über die Tochter dieses
Mannes?«
»Nein, absolut nichts«,
sagte Seafield, eine Spur verdrießlich. Dann hellte seine Miene sich
auf. »Ich wette, er hat gar keine. Genausowenig wie er einen
Umschlag von Pighee hatte.«
»Nun«, sagte
Rush, »welcher Natur auch immer Ihre Probleme mit Ihrer Tochter sein
mögen, Samson, das hat nichts mit uns zu tun. Ich weiß ohnehin
nicht, was wir Ihrer Meinung nach mit ihr anfangen sollten.«
»Mich kaltstellen«,
sagte ich ruhig.
»Sie haben mächtig
seltsame Vorstellungen von den Dingen, die wir tun«, sagte Rush
selbstgerecht. »Kidnapping - ach herrje, also wirklich.«
»Leute, die Leute
umbringen, scheinen mir sichere Kandidaten, wenn es sich um eine Entführung
handelt«, sagte ich.
Alle drei versteiften sich
leicht. Aber schon bald sagte Rush: »Leute umbringen, na also, was
soll das denn?«
»Simon Rackey war der
erste«, sagte ich. Ich war jenseits des Stadiums angelangt, in dem
ich noch irgend etwas zurückhalten wollte.
»Simon?« sagte
Rush. »Was sollen wir denn mit Simons Tod zu tun gehabt haben?«
Daß er sich mehr als
vier Jahre später sofort an den Namen erinnerte, verriet mir genug.
»Und dann John Pighees
Tod«, sagte ich.
»Wir haben jede
Hoffnung…«
Ich unterbrach ihn: »Pighee
ist in jeder Hinsicht tot, es fehlt lediglich noch ein unterschriebener
Totenschein, das wissen Sie. Und ich weiß es von Marcia Merom.«
»Ich bezweifle, daß
Sie Marcia dazu bringen können, eine solche Unwahrheit vor Zeugen zu
äußern«, sagte Rush. Seafield lächelte und sah sehr
zufrieden mit sich aus.
»Und jetzt der Tod von
John Pighees Frau«, sagte ich.
Rush sah abermals zu Seafield
hinüber, der gelassen dasaß. »Mrs. Pighee ist tot?«
fragte er.
»Sie ist gestern nacht
gestorben«, sagte ich. »Wahrscheinlich, weil Sie ihr einen großen
Batzen Geld schulden würden, wenn ihrem Mann am 28. Januar nächsten
Jahres gestattet wird, mit dem Atmen aufzuhören. Und aus ökonomischen
Gründen - ganz zu schweigen von der Gier, die Sie in die ganze Sache
hineingetrieben hat - haben Sie beschlossen, daß es besser wäre,
sich dieser Verpflichtung zu entledigen.«
»Ich hatte ganz gewiß
keine Ahnung davon, daß Mrs. Pighee tot ist, und erst recht hatte
ich nichts damit zu tun«, sagte Rush fest. »Lee? Weißt
du irgend etwas?«
»Warum fragst du immer
mich nach solchen Dingen?« sagte er in einem verletzten Tonfall.
»Ich weiß absolut gar nichts über Pighees gottverdammte
Frau. Warum sollte ich auch?«
Formell wandte Rush sich an
Walker. »Tommy?«
Walker schüttelte
feierlich den Kopf.
Rush sagte: »Wie ich
bereits feststellte: Sie haben da einige sehr merkwürdige
Vorstellungen von dem, was wir tun. Ich versichere Ihnen, wir riskieren
Gewalt nur dann, wenn es absolut keine anderen Alternativen gibt. Und Pläne,
die ein gewisses Risiko beinhalten, nehmen manchmal einen Verlauf, der
extremer ist, als wir uns das wünschen würden.« Unwillkürlich
sah er doch wieder zu Seafield hinüber.
»Ihr Schlägertyp
da gerät manchmal außer Kontrolle, wie?« fragte ich.
Seafield stand auf. »Ziehen
Sie Ihre Hosen an, Samson«, sagte er. »Es sei denn, Sie hätten
Angst, Sie pissen rein.«
»Setz dich, Lee«,
sagte Rush.
Aber Walker überstimmte
ihn. »Nein. Er soll sich fertigmachen zum Abmarsch. Wir haben schon
genug Zeit mit unserem Besucher verschwendet. Ich muß los.«
»Soll ich die Polizei
anrufen, damit sie ihn hier abholen kommen?« fragte Rush.
»Nein«, sagte
Walker. »Lee soll sich um ihn kümmern.«
»Und den Steuerzahlern
etwas Geld sparen«, sagte Rush. »Bring ihn runter ins
Hauptquartier. Sie suchen schon lange genug nach ihm.«
»Gut«, sagte ich.
»Die Polizei ist genau das, was ich will.«
Walker warf Rush einen
fragenden Blick zu.
Rush schüttelte nachdrücklich
den Kopf. »Wer sollte ihm schon glauben? Sie werden ihn in eine
Klapsmühle stecken, nachdem sie nur einen einzigen Blick auf ihn
geworfen haben. Er wird für alle Zeiten aus dem Verkehr sein. Soweit
es sie betrifft, ist er ein
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