Der stumme Handlungsreisende
Sie sind was?«
»Technikerin«,
sagte sie. »Ich bin jetzt seit fast drei Jahren hier, und dann haben
sie jemand anders von draußen geholt, der jetzt im Lagerraum
arbeitet.«
»Im Lagerraum?«
»Oh, das ist die
Bezeichnung, die auf der Tür steht. Das Labor, in dem der Unfall war.
Es ist vor langer Zeit umgebaut worden, und sie betreiben seit Jahren
irgendwelche streng geheimen Forschungen darin. Wir nennen es »Operation
Lagerraums Das ist alles.« Sie zeigte auf eine Tür in der Mitte
des Flurs auf der linken Seite.
»Darf ich mal
reinsehen?«
Sie lachte. »Lee ist im
Augenblick da drin. Und er läßt niemanden hinein. Die sind da
alle sehr vorsichtig.«
»Sie meinen Lee
Seafield? Den Hünen mit…«
»…dem lockigen,
flachsblonden Haar, ja. Wir glauben, daß er es bleicht, aber bis
jetzt hat noch niemand irgendwelche dunklen Haarwurzeln entdeckt.«
»Wie viele Leute
arbeiten an diesem großen Projekt?« fragte ich.
»Lee, Marcia - das heißt,
Dr. Merom - und seit Mr. Pighees Unfall ersatzweise auch Dr. Dundree.«
»Sonst niemand? Keine
Techniker?«
»Keine. Oh, Lee ist natürlich
Techniker, aber er ist schon seit Jahren hier. Es heißt, daß
er nicht besonders gut bei Versuchsreihen ist, sonst hätte er schon längst
seinen Doktor gemacht. An seinem Verstand liegt es nicht.«
»Sie waren nicht hier,
als Mr. Pighee seinen Unfall hatte, oder?«
»Nein. Aber Ray.«
»Ray?«
»Ray McGonigle. Er ist
auch Techniker. Er war als erster zur Stelle.«
»Ist er da?«
»Er war da, aber jetzt
ist er wohl in der Mittagspause.«
»Schon?«
»Wir überwachen
mehrere Kulturen gleichzeitig, und deshalb muß immer einer von uns
da sein. Er ist früh gegangen. Wenn er zurückkommt, bin ich
dran, in knapp einer Stunde. Er ist gerade erst weg.«
»Wissen Sie, wo er
hingegangen ist? Gibt es irgendein Lokal, in dem ich ihn abpassen könnte?«
»Er hat das Gelände
verlassen. Wollte noch ein paar Platten kaufen, hat er gesagt. Es gefällt
ihm hier nicht besonders, er geht mittags oft weg.«
»Gefällt es Ihnen?«
»Für mich ist es
einfacher, ich bin nicht ehrgeizig. Im Gegensatz zu Ray. Hier herrscht ein
solches Gerangel. Man muß schon ein Genie sein, sonst kommt man
nicht weiter.«
»Ist Ray ein Genie?«
»Na ja, er ist schwarz«,
sagte sie. »Und wenn er…«
Ein lauter Ruf übertönte
unser Gespräch. »Sonia!«
»O Gott. Meine
Kulturen!«
Sie lief den Flur hinunter
auf eine Tür zu, durch die eine wütende Marcia Merom ihren Kopf
gesteckt hatte. Ich wandte mich diskret ab und hörte noch, wie die Tür
hinter der sündigen Technikerin ins Schloß fiel.
Wieder einmal war ich allein
im Flur.
Ich verließ das Gebäude
und ging zurück zum Sicherheitstrakt am Haupteingang, wo ich meinen
Weggang schriftlich niederlegte. Dann ging ich hinüber ins
Verwaltungsbüro der Klinischen Forschung.
Dr. Jay Dundrees Sekretärin
war diesmal nicht beim Essen, als ich in ihr Büro kam. Das war
immerhin schon etwas. »Sie sind immer noch zu dünn«,
sagte ich.
»Was? Oh.«
»Ja, ich bin es schon
wieder. Ist Dr. Dundree da?«
»Er ist da drin«,
sagte sie, »aber ich weiß nicht, ob er Sie sehen will.«
Ich gab ihr meine Karte,
nachdem ich John Pighees Namen auf die Rückseite geschrieben hatte.
»Geben Sie ihm das, und warten Sie’s ab.«
Sie ließ mich allein,
und ich dachte noch einmal darüber nach, weswegen ich gekommen war.
Die Sekretärin lächelte,
als sie zurückkam. »Er ist bereit, Sie zu empfangen«,
sagte sie.
»Ich habe Ihnen doch
gesagt, daß ich wichtig bin.«
»Ja. Ich bin
beeindruckt.«
Ich ging hinein zu Dundree.
In seinem Büro
verzichtete er auf den Laborkittel und trug statt dessen einen
angeberischen Dreiteiler. Er stand auf, als ich eintrat, machte aber
keinen besonders fröhlichen Eindruck. »Ich dachte, wir hätten
diese Angelegenheit gestern geregelt«, sagte er.
»Und ich sagte Ihnen,
daß ich meiner Klientin Bericht erstatten würde.«
»Und wer ist diese
Klientin?«
»Pighees Schwester.«
Er nickte langsam und setzte sich. Ich setzte mich ebenfalls und sah ihn
an. »Und sie ist nicht zufrieden.«
»Aber warum nicht?«
»Wir haben unsere
eigenen Ärzte konsultiert, und die sehen keinen medizinischen Grund für
den Ausschluß von Besuchern. Selbst wenn es ihnen langweilig würde,
dazusitzen und zuzusehen, wie Pighee nicht aufwacht. Wir können
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