Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
Vom Netzwerk:
Ich sah nach. Meine
     Herzdame war noch immer da, wo sie hingehörte.
    Sam zog die Augenbrauen hoch
     und legte die Kassette zurück auf den Schreibtisch, wo ich sie hatte
     stehenlassen.
    »Du mußt übrigens
     nicht die ganze Zeit hierbleiben.«
    »Du meinst, jetzt, wo
     ich deine Angestellte bin, kann ich mit dir kommen?«
    »Also, so hab’
     ich das eigentlich nicht gemeint. Ich habe einen Telefondienst. Du mußt
     nicht hierbleiben und dir wegen irgendwelcher Nachrichten oder solcher
     Sachen Gedanken machen. Solange die Innentür verschlossen ist, kannst
     du ausgehen, einkaufen und tun, was du willst.«
    »Aber kann ich nicht
     mitkommen?«
    »Manchmal. Kommt drauf
     an.«
    »Was hast du heute
     morgen gemacht?«
    »Ich habe einem
     leitenden Angestellten eines Pharmaunternehmens eine Lektion in
     Motivationstechnik erteilt.«
    »Du hast was?«
    »Ich hatte ein Problem
     wegen einer Klientin, das er lösen konnte, wenn er nur wollte. Also
     war es nicht mehr mein Job, das Problem selbst zu lösen, sondern ihn
     dazu zu bringen, das für mich zu übernehmen.«
    »Und hast du es
     geschafft?«
    »Ich glaube, ja. Ich
     habe versucht, ihm klarzumachen, daß er mehr Ärger bekommt,
     wenn er nicht tut, was wir wollen, als wenn er es tut.«
    »Und hat er’s
     getan?«
    »Er wird.«
    »Und wie hast du ihn
     dazu gebracht?«
    »Ich habe mit einem lästigen
     Prozeß gedroht und damit, mich an die Presse zu wenden.«
    »Hört sich toll
     an!«
    »Jetzt wird er also mit
     jemandem reden, und alles kommt ins Lot.«
    »Ist das meine erste
     Lektion als Privatdetektiv? Daß man den Leuten auf den Fersen bleibt
     und sie ordentlich aufscheucht?«
    »Tja«, sagte ich.
     »Darauf läuft es ziemlich oft hinaus.«
    »Was soll ich als
     erstes lernen, Daddy?«
    »Wenn es irgend etwas
     gibt«, sagte ich, »dann solltest du, glaube ich, lernen, daß
     man nichts unüberprüft läßt. Wenn du kannst, sieh zu,
     daß du alles nachprüfst, was die Leute dir sagen. Bevor du
     irgendwelche Schlüsse ziehst.«
    »Aha«, sagte sie.
     »Und jetzt erklär mir am Beispiel des Falles, an dem du gerade
     arbeitest, wie du das alles in die Praxis umsetzt.«
    »Hat dir deine Mutter
     nicht beigebracht, ›bitte‹ zu sagen?«
    »Müssen all deine
     Angestellten ›bitte‹ sagen?«
    »Ja.« Noch nie
     einen Angestellten gehabt.
    »Bitte.«
    Während ich mögliche
     Zutaten für einen Lunch zusammenkratzte, erzählte ich ihr, wie
     ich aus dem Fall Thomas einen Job für mich gemacht hatte. Da nicht
     genug Eßbares im Haus war, beschlossen wir, einkaufen zu gehen. Und
     ich erklärte ihr die Technik, wie man im Supermarkt Rabattmarken für
     Dinge bekam, die man gar nicht gekauft hatte. Das bringt jedesmal, wenn es
     funktioniert, ein, zwei Dollar.
    »Aber ich habe Unmengen
     Geld, Daddy.«
    »Nun, wenn du es so
     siehst…«, setzte ich an.
    Das Telefon klingelte. Sam
     nahm sofort den Hörer ab. »Albert Samson, Privatdetektei«,
     sagte sie. »Kann ich Ihnen helfen?« Dann: »Für
     dich, Daddy.«
    »Wer ist dran?«
    »Wer spricht, bitte?«
     Pause. »Es ist ein Mr. Rush.«
    »Rush?«
    »War das Mr. Rush?«
     fragte sie. »Ja, Mr. Rush«, sagte sie.
    Ich nahm den Hörer
     entgegen.
    »Mr. Samson?«
     Eine kraftvolle Stimme mit einem leicht schleppenden Tonfall. Er hörte
     sich wie ein großer Mann an mit einem weißen, breitrandigen
     Cowboyhut. »Ich höre, Sie waren heute morgen in meinem Büro,
     um mit mir über unseren John Pighee zu sprechen.«
    »Das stimmt, Mr. Rush.
     Wie war Ihre Reise?«
    »Reise?«
    »Die Sekretärin
     Ihrer Sekretärin sagte, Sie seien außer Landes. Wie stehen die
     Angelegenheiten außer Landes?«
    »Gut, gut. Bin früher
     als geplant zurückgekommen. Ich habe eben erst Ihre Nachricht
     vorgefunden und wollte Sie unbedingt sofort anrufen, um zu erfahren, was
     Sie mit dem armen John zu tun haben und weswegen Sie mich sprechen
     wollten.«
    »Man hat mich engagiert«,
     sagte ich, »um herauszufinden, was ihm zugestoßen ist.«
    »Hm, er hatte einen
     Unfall. Einen überaus unglücklichen Unfall.«
    »So sieht es aus«,
     sagte ich. »Aber da gibt es noch eine Menge ungeklärter Fragen.«
    »Wirklich«, sagte
     er. Aber es klang eher wie eine Feststellung.
    »Sie sind ein vielbeschäftigter
     Mann, Mr. Rush, aber…«
    »Ich kann Sie jetzt
     empfangen«, sagte er. »Ich verzichte aufs Mittagessen, wenn
     Ihr Anliegen wirklich so wichtig ist.«
    »Es ist wichtig für
     meine Klientin.«
    »Wann können Sie
    

Weitere Kostenlose Bücher