Der stumme Handlungsreisende
uns
das Besuchsverbot Ihrer Klinik nur auf zwei Arten erklären…«
»Und die wären?«
»Entweder betreiben Sie
den Ausschluß von Besuchern willkürlich und ohne zwingende Gründe…«
»Ja?«
»Oder es gibt einen
Grund für das Besuchsverbot, den Sie uns noch nicht genannt haben.
Jedenfalls werden wir die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.«
»Was haben Sie vor?«
Ich sagte es nicht noch
einmal. Er hatte mich gut genug verstanden.
»Das«, sagte er
nach einer ganzen Weile, »sprengt nun doch jegliches Maß.«
»Sowas Ähnliches
ist mit John Pighee wohl auch passiert.«
»Ich habe mich wohl
unglücklich ausgedrückt. Aber Sie - Ihre Klientin - scheint
wirklich das gesunde Maß zu verlieren. Es ist gewiß keine
leichte Zeit und keine leichte Situation für sie, und ich versichere
Ihnen, daß wir von Loftus es aufs tiefste bedauern, wenn unseren
Mitarbeitern etwas zustößt, egal ob im Dienst oder in der
Freizeit. Um so mehr, wenn es sich um eine so ernste Verletzung handelt,
wie es hier der Fall zu sein scheint.«
»Sie erlauben mir also,
ihn zu besuchen?«
Er hob abwehrend die Hände.
»Das ist nicht meine Entscheidung. Darüber haben wir doch
gestern schon gesprochen.«
»Versuchen Sie nicht,
mir weiszumachen, daß Sie keinen Einfluß auf Dr. Meroms
Entscheidungen haben, ob jemand an John Pighees Bett sitzen darf oder
nicht. Sie können bestimmt, wenn Sie nur wollen.«
»Nun ja«, sagte
er. »Ich nehme an, ich könnte mal ein Wörtchen mit Dr.
Merom sprechen.«
»Wenn Sie den Namen
Loftus nicht in der Zeitung sehen wollen, tun Sie das bitte.«
»Aber die Entscheidung,
die letzte Entscheidung, muß bei ihr liegen.«
»Ich sehe Sie vor
Gericht«, sagte ich sanft.
»Dieses Vorgehen
scheint mir doch einigermaßen übertrieben.«
»Für Sie
vielleicht, aber nicht unbedingt für Mr. Pighees Schwester.«
»Ich werde heute mit
Dr. Merom reden«, sagte er. »Und falls sie mit Rücksicht
auf Mrs. Thomas’ schwesterliche Gefühle ihre Entscheidung noch
einmal überdenken sollte, werde ich…« Er zögerte.
»Würden Sie mir den Namen und die Adresse seiner Schwester
geben, so daß wir uns direkt mit ihr in Verbindung setzen können.
Wir hier bei Loftus denken gerne, daß wir die besten Entscheidungen
für unsere Leute treffen, aber wenn wir tatsächlich mal einen
Fehler machen, möchten wir uns auch gern persönlich dafür
entschuldigen. Wenn sich die Dinge in dieser Weise entwickeln sollten,
werden wir natürlich Ihren Anteil an dem Ganzen voll anerkennen. Sie
waren schließlich derjenige, der uns darauf aufmerksam gemacht hat.«
Ich gab ihm Mrs. Thomas’
Namen und Adresse. Da er sie durch einen Anruf bei Linn Pighee ohne
Schwierigkeiten herausbekommen hätte.
*
Unten angekommen, konnte ich
mich nicht entschließen, schon zum Parkplatz und zu meinem
Lieferwagen zurückzugehen. Ich hielt Ausschau nach einem Gebäude
mit P. Henry Rushs Namen darauf. Schließlich fragte ich jemanden und
gelangte zu der Sekretärin, die vor der Direktion den Cerberus
spielte. Sie musterte mich kalt. »Haben Sie einen Termin?«
»Nein. Aber es geht um
einen Mann namens Pighee, der auf dem Firmengelände einen Unfall
hatte.«
Sie rief Rushs Sekretärin
für mich an. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Mr.
Rush ist im Augenblick außer Landes und nicht erreichbar.«
Ich hinterließ meine
Karte, auf deren Rückseite ich John Pighees Namen notiert hatte und
die die Sekretärin, wie sie mir hoch und heilig versprach, so schnell
wie möglich an Rushs Sekretärin weitergeben wollte.
11
»Es hat überhaupt
niemand angerufen, Daddy. Und gekommen ist auch niemand. Ist der
Freitagmorgen immer so? Geschäftlich, meine ich?«
»Ja«, sagte ich,
»so ist es freitags meistens.«
»Ich habe den ganzen
Morgen damit zugebracht, mich hier einzuleben«, sagte Sam. »Aber
ich hätte wirklich nicht gedacht, daß es so… still ist.«
»Hast dich gelangweilt,
wie?«
»Na ja, ein bißchen.
Aber das liegt vielleicht auch an der Zeitumstellung.«
»Es ist ein
langweiliges Geschäft«, sagte ich.
»Du warst wenigstens
draußen. Ich habe nur hier rumgehangen und aufgeräumt. Und
dabei das da gefunden.« Sie schob mir den Zinnkasten hin, in dem ich
mein Geld aufbewahrte. »Unverschlossen! Und mit 938 Dollar drin!«
»Oh.«
Ich täuschte Besorgnis
vor. »Hat jemand das Bild gestohlen?«
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