Der stumme Handlungsreisende
klingelte ich
noch mal.
»Gehen Sie weg, ja? Ich
versuche zu schlafen.«
Bevor ich noch irgend etwas
tun konnte, wurde innen der Schlüssel umgedreht, und Linn Pighee
öffnete die Tür. Sie trug einen Bademantel und ein Glas und
sagte: »Oh, Mr. Albert ist zurückgekommen, um meine Wenigkeit
zu besuchen. Hallo, Mr. Albert.«
»Hallo, Mrs. Pighee.
Kann ich auf ein Wort hereinkommen?«
Sie lächelte. »Dafür
ist es eigentlich schon zu spät«, sagte sie. »Weil ich nämlich
schon ein kleines bißchen drüber bin.« Sie trat nicht
beiseite, um mich einzulassen.
Ich sagte: »Ich bin
froh, daß ich Sie zu Hause angetroffen habe.«
»Das ist der einzige
Ort, wo Sie mich überhaupt antreffen.« Sie hielt inne. »Sagen
Sie, würden Sie vielleicht gern reinkommen?«
»Ja, bitte«,
sagte ich.
Sie führte mich auf die
Veranda mit dem Moskitonetz und nahm auf dem Liegesofa wieder ihre
Position vom Vortag ein. Ich setzte mich auf meinen Stuhl. Unser letztes
Gespräch hatte ein jähes Ende gefunden. »Das könnte
langsam zur Gewohnheit werden.«
»Ach, wirklich?«
fragte sie rhetorisch. »Was wollen Sie, Mr. Albert?«
»Samson«, sagte
ich.
»Sam«, sagte sie.
»Nein, Albert Samson«,
sagte ich.
Sie wartete.
»Ich hatte heute ein
ziemlich beunruhigendes Gespräch.«
»Wie traurig.«
»Beunruhigend, weil ich
glaube, daß es Ihre finanzielle Zukunft ein wenig zweifelhaft
erscheinen läßt.«
Sie saß eine Weile mit
gerunzelter Stirn da. Und sagte dann: »Ich wußte gar nicht, daß
ich der Gegenstand Ihrer Nachforschungen bin.«
»Sind Sie auch nicht.
Ein Mann hat voreilig den Schluß gezogen, daß ich für Sie
arbeite, und mir etwas erzählt, was mich stutzig macht.«
»Und das wäre?«
»Das wäre zum
Beispiel die Frage, warum Ihr Mann seine Unfallversicherung mit einem
anderen Mann, nämlich P. Henry Rush, abgeschlossen hat statt mit
Loftus oder deren Versicherung.«
»Hat er das?«
»Ja.«
»Ist das schlimm?«
»Es ist ungewöhnlich«,
was sie nicht weiter beeindruckte, »und es ist riskant, weil Ihre
Ansprüche sich jetzt nur gegen das Vermögen dieses Mannes
richten statt gegen das Vermögen der Versicherungsgesellschaft.«
»Hm. Das hört sich
nicht sehr gut an.« Sie nippte an ihrem Glas. Ich wartete. Sie sagte
nichts mehr, daher fragte ich: »Warum haben Sie das getan?«
»Ich war es nicht. Das
hat alles Walter in die Hand genommen.«
»Aber er hat doch gewiß
auf Ihre Anweisung hin gehandelt. Er muß Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten
erklärt und Ihnen eine vorgeschlagen haben. Und er muß Ihnen
die Gründe dafür genannt haben und so weiter.«
»Nichts dergleichen.«
»Aber Sie haben doch
bestimmt irgendwelche Papiere unterzeichnet.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Walter ist ein paarmal hierhergekommen. Er hat mir gesagt, daß
ich weiter Johns Gehalt bekäme und was ich bekommen würde, wenn
John stirbt. Ich habe ihm gesagt, daß ich nicht darüber
nachdenken möchte, also verwaltet er die ganzen Geldangelegenheiten,
und ich schreibe einfach Schecks aus, wenn ich Bargeld will. Nicht, daß
ich besonders viel wollte. Ich habe nicht genug Energie zum Geldausgeben.«
Sie sah mich prüfend an und sagte: »Sie wirken überrascht.«
»Normalerweise wird so
etwas anders gehandhabt. Ich verstehe das nicht. Würde es Ihnen etwas
ausmachen, wenn ich mal mit Ihrem Rechtsanwalt rede?«
»Ich habe nichts
dagegen.«
»Würden Sie mir
eine Vollmacht geben, damit ich mir die Abmachungen, die er mit Loftus und
Henry Rush getroffen hat, ansehen kann?«
»Rush«, sagte sie
langsam. »Ich glaube, so hieß der Mann, der mir von dem Unfall
erzählt hat.«
»Er war das?«
»Er war furchtbar
aufgeregt. Kam damals noch in der Nacht zu mir. Er war wirklich sehr
zittrig. Eigentlich hätte er gar nicht fahren dürfen, so
zittrig, wie er war.«
»Ist es in Ordnung,
wenn Weston mir die entsprechenden Papiere zeigt, Mrs. Pighee?«
»Hm? Oh, natürlich.
Völlig einverstanden.«
»Er wird Sie
wahrscheinlich anrufen, damit Sie ihm das bestätigen.«
Sie zuckte die Achseln.
»Aber warum interessiert Sie das, Mr. Albert?«
Ich lächelte. »Ich
verstehe nicht, was da vorgeht, und ich kann nicht schlafen, wenn ich
etwas nicht verstehe.«
»Ich kann nicht
schlafen, wenn ich etwas verstehe«, sagte sie. Sie mixte sich einen
neuen Drink. »Möchten Sie etwas zu trinken?«
»Nein,
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