Der stumme Handlungsreisende
danke.«
»Was ist los, trinken
Sie nicht mit einer Dame, die trinkt?«
»Ich habe keinen Durst«,
sagte ich.
Sie kostete ihre neue
Mischung und sagte: »Ich dachte, Sie arbeiten für meine
geliebte Schwägerin.«
»Das tue ich auch. Aber
ich habe ihren Auftrag so gut wie erledigt. Es kann jetzt nicht mehr lange
dauern.«
»Sie wollte ihn
besuchen, stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Verflixt, das sollte
doch keine große Sache sein.«
»Da bin ich Ihrer
Meinung.«
»Ich hoffe, sie hat Sie
im voraus bezahlt.«
Mein Schweigen verriet das
Gegenteil.
»Schwester Thomas mit
dem gebrochenen Herzen. Sie ist die knickerigste Frau in ganz Beech Grove,
und wenn Sie ihr Kredit geben, sind Sie der letzte aus der Gattung der
Optimisten.«
»Bitte sagen Sie nicht
so was«, sagte ich.
Sie zuckte die Achseln, aber
ohne besonderes Mitleid.
»Wer hat ihr von Johns
Unfall erzählt?«
»Ich. Am Tag, nachdem
dieser Mann hier war. Am Nachmittag. Am Morgen habe ich nicht dran
gedacht.«
Ich sagte nichts.
Plötzlich setzte sie
sich auf.
»Was ist los?«
sagte ich.
»Ihre Socken.«
»Was ist damit?«
Ich warf einen Blick darauf. »Gütiger Gott. Zwei verschiedene.«
Sie lachte. Ich dachte einen
Augenblick nach und versuchte mich zu erinnern, was aus dem anderen gelben
und dem anderen roten geworden war.
Nachdem ihr Gelächter
abgeklungen war, sagte ich: »Haben Sie eine Vorstellung davon, was
Ihr Mann in den Forschungslabors von Loftus tat? Ich habe mehrere Leute
gefragt, und sie schienen alle nicht zu wissen, was er eigentlich
vorhatte.«
»Mit seiner Arbeit,
meinen Sie?«
»Ja.«
»Keine Ahnung.«
»Und außerhalb
seiner Arbeit?«
»Das weiß ich
auch nicht«, sagte sie, nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas und
sah unglücklich aus. Ich wollte gerade etwas sagen, als sie klirrend
ihr Glas auf den Tisch stellte und bemerkte: »Ihre Socken.«
»Ich habe…«
»Sie müssen sich
ziemlich dumm Vorkommen deswegen. Ich werde Zusehen, daß Sie sich
wohler fühlen. Ich ziehe jetzt etwas an, damit Sie sich behaglicher fühlen.«
Sie stand ein wenig unsicher auf und verließ die Veranda. Sie war
etwa fünf Minuten weg. Ich fühlte mich sehr unbehaglich.
»Sind Sie fertig?«
rief sie schließlich von der Tür aus.
Ich wartete.
Sie kam auf die Veranda
herausmarschiert und hielt ihren Morgenmantel hoch, um ein Paar
knielanger, gestrickter Strümpfe in Kastanienbraun und Orange zu
zeigen. »Sind die nicht toll?« fragte sie. »Ich habe sie
gestern in einer Schublade gefunden. Sie haben Simmy gehört, einer
meiner Töchter. Sie hat sie in einem billigen Warenhaus gekauft, als
sie sechs war. Sechs! Sie wollte mir nicht erlauben, sie zurückzubringen,
weil sie in die Strümpfe hineinwachsen wollte. Sind sie nicht einfach
zum Schreien! Ich habe so gelacht, als ich sie fand. Was Kinder sich alles
in den Kopf setzen! Haben Sie schon je so was Komisches gesehen? Ich habe
gelacht und gelacht, bis ich weinen mußte.« Sie lachte und
fing dann an zu weinen. Ich stand auf und nahm sie in die Arme.
»Sie wären jetzt
zwölf geworden. Warum sollte ich John hassen?« fragte sie sich
selbst. »Er hat doch nur mein Leben ruiniert und mir dann die
einzige Entschädigung dafür genommen.«
»Es tut mir leid«,
sagte ich.
»Weswegen?« Sie
trat einen Schritt zurück, und wir sahen einander an.
»Ich fühle mich
jetzt wohler«, sagte ich.
»Nun, Sie könnten
schlimmer dran sein«, sagte sie. »Spendieren Sie uns eine
Umarmung, Mr. Albert. Jede gute Frau sollte dreimal am Tag umarmt werden.«
Ich umarmte sie.
»Ich bin so müde«,
sagte sie, »so müde.« Ich bettete sie auf ihr Sofa und
zupfte den Morgenmantel für sie zurecht. Dann ging ich zurück
durchs Haus und ins Freie.
13
Mrs. Thomas war zu Hause.
Obwohl der Nachmittag klar und freundlich war und draußen auf dem
Gras Stühle standen, saß sie in ihrem Aluminiumhaus. Ich
klopfte an die Tür und sah sie durchs Fenster zu mir herausspähen.
»Hallo, Mr. Samson«,
sagte sie fröhlich. »Ich sehe, Sie haben gearbeitet.«
»Ach, das können
Sie sehen?« sagte ich. Mußte an den Socken liegen.
»Kommen Sie herein«,
sagte sie. »Weg von den Moskitos.«
Wir setzten uns. »Ich
habe tatsächlich gearbeitet«, sagte ich. »Aber hatten Sie
etwas Bestimmtes im Sinn?«
»Ein Mann hat mich
heute nachmittag besucht«, sagte sie stolz.
»Aha.«
»Er
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