Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
Vom Netzwerk:
obwohl der Teller des Mannes wie abgeleckt aussah. Die Regenbogenforelle im Pecanmantel des Silver Creek Inn war legendär. Das jedenfalls sollte sie den Gästen mitteilen, hatte man ihr aufgetragen.
    Der Mann grunzte nur und reichte ihr die Kreditkarte.
    »Ich bin gleich zurück.« Du eingebildeter Sack.
    Sie trug die Teller in die Küche und ließ sie mit dem Besteck in eine Wanne gleiten. Die Mittagszeit ging zu Ende, und an der Spüle arbeitete Pedro mit seinem Heißwasserschlauch unter Hochdruck.
    Courtney stellte sich vor den Computer und druckte die Rechnung aus. Dann zog sie die Kreditkarte des Angebers durch den Schlitz. Dabei dachte sie an all die Annehmlichkeiten, die sie bislang für selbstverständlich gehalten hatte – das Bezahlen per Kreditkarte, bei der Arbeit schnell mal die E-Mails abrufen, einfach zum Telefon greifen und Jordan oder Fiona anrufen, wann immer sie Lust hatte …
    »Pauline will, dass du zu ihr kommst«, sagte Renee, als sie an ihr vorbeieilte.
    »Wozu?«
    »Keine Ahnung.«
    Courtney brachte die Rechnung zu Tisch sechs und sah nach, ob die Gäste an den anderen Tischen genug zu trinken hatten, ehe sie über die Terrasse und durch
die Eingangshalle zu Paulines Büro hinter der Rezeption lief. Ihre Chefin saß am Schreibtisch und telefonierte. Sobald Courtney eintrat, blickte sie über ihre Lesebrille zu ihr auf und lächelte.
    »Das ist korrekt«, sagte sie und hob einen Finger, der Courtney anwies zu warten. »Ich empfehle Ihnen Theo’s Fishing Tours. Die Leute dort kommen eigentlich aus Santa Fe, aber sie haben sich bei uns sehr gut etabliert.«
    Courtney trat einen Schritt näher, nahm aber nicht Platz, obwohl ein bequemer Sessel neben der Tür stand. In letzter Zeit fühlte sie sich unbehaglich, wenn sie in ein Büro musste. Das Gleiche galt für Papierkram oder die Gegenwart von Männern in Uniform oder von Überwachungskameras. Sie achtete darauf, nicht in ihre Nähe zu kommen. Das war eine ganz neue Art, sich in der Welt zu bewegen.
    »Für Schnee ist es noch etwas früh«, sagte Pauline. »Aber es gibt auch eine Menge anderer Möglichkeiten bei uns … ja, ja … aber natürlich!«
    Courtney betrachtete ihre Chefin und unterdrückte einen Seufzer. Ihr platinfarbenes Haar und der helmartige Schnitt ließen sie um Jahre älter aussehen. Zum x-ten Mal juckte es sie schon in den Fingern. Wenn sie nur ihre Schere hätte … Courtney fuhr sich mit der Hand durch ihren gestuften blonden Bob, an den sie sich noch immer nicht gewöhnt hatte, und wandte den Blick ab.
    »Alles klar, dann freuen wir uns auf November.« Pauline legte auf und seufzte. »Also wirklich, manche Leute können sich einfach nicht entscheiden. Okay.«
Sie lächelte und legte dabei die Unterarme auf den Schreibtisch. »Und, wie läuft es so, meine Liebe? Viele Leute heute Mittag?«
    »Ja. Es gab fast keinen Leerlauf nach dem Frühstück.«
    Paulines Lächeln wurde noch breiter. »Das ist Musik in meinen Ohren.« Sie nahm einen Umschlag und hielt ihn Courtney hin.
    »Was ist das?«
    »Zahltag.«
    Unsicher sah Courtney auf den Umschlag. War da etwa ein Scheck drin? Und auf welchen Namen war er ausgestellt? Als sich Courtney auf die Anzeige im Lebensmittelladen des Ortes gemeldet hatte, war sie einverstanden gewesen, als Bezahlung nur das Trinkgeld zu akzeptieren, solange sie Kost und Logis frei hatte. Pauline hatte sofort eingewilligt. Sie hatte Courtney ein kleines Zimmer im hinteren Trakt des Hotels angeboten und versprochen, ihren Namen nicht in die Bücher einzutragen.
    Courtney räusperte sich. »Ich dachte, es war vereinbart -«
    »Na klar, alles in bar.« Pauline schob ihr den Umschlag zu. »Ich bezahle alle bar.« Sie zwinkerte. »Ist auch einfacher so.«
    Sie nahm den Umschlag. »Danke, aber -«
    »Du hast dir die Hacken abgelaufen. Und du arbeitest gut. Ich finde, du verdienst mehr als nur das Trinkgeld.«
    Courtney biss sich auf die Lippe. Sie hatte noch keinen Menschen getroffen, der so geradeheraus und nett war. Von Anfang an hatte Pauline sie freundlich behandelt
und war voll Mitgefühl gewesen. Courtney war ziemlich sicher, dass sie das in dem Glauben tat, Courtney sei auf der Flucht vor einem Ehemann oder Freund. Aber sie hatte nicht danach gefragt, und Courtney hatte ihr nie etwas anderes erzählt.
    »Hübsche Ohrringe«, bemerkte Pauline zu Courtneys neuen Ohrhängern.
    »Die habe ich hier im Andenkenladen gekauft.«
    »Ich weiß.« Sie schüttelte den Kopf, und dabei klapperten ihre eigenen

Weitere Kostenlose Bücher