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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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gesehnt, aber jetzt wollte sie nur noch duschen. Sie ging ins Badezimmer, knöpfte auf dem Weg das Kleid auf und ließ es schon im Flur fallen. Bis heute war es ihr Lieblingssommerkleid gewesen – leicht und luftig, mit einem lockeren, wippenden Rock. Jetzt hätte sie es am liebsten verbrannt. Sie stellte die Mischbatterie auf heiß und trat vor den Spiegel, während sich der Raum langsam mit Dampf füllte.
    Sie sah schrecklich aus. Die Schnellreparatur ihres
Make-ups vor der Vernehmung hatte beinahe nichts gebracht. Hals und Arme waren von unzähligen kleinen Kratzern übersät, ihre Augen waren blutunterlaufen. Sie wandte sich von ihrem Spiegelbild ab und stieg in die Dusche. Das heiße Wasser prasselte herab, und sie angelte nach einem rauen Luffaschwamm. Damit rieb sie jeden Quadratzentimeter ihres Körpers ab, vielleicht um das Erlebte abzuwaschen – vergeblich. Nachdem sie sich zweimal das Haar gewaschen und es mit Feuchtigkeitsspülung behandelt hatte, stieg sie aus der Dusche und nahm ein frisches Handtuch aus dem Badezimmerschrank. Darin eingewickelt ging sie ins Schlafzimmer.
    Dort war es dunkel. Sie ließ sich auf der Kante des Doppelbetts nieder und starrte den Kleiderschrank an.
    David war tot.
    Egal an was sie dachte, um sich abzulenken, der Ausdruck auf seinem Gesicht ging ihr nicht aus dem Sinn. Überraschung. Nur einen Moment lang, ehe er vornübergekippt war.
    Courtney schauderte.
    Die Anspannung, die sich in der Dusche ein wenig gelöst hatte, kehrte zurück. Ihr Nacken verkrampfte sich. Sie griff hinter sich und knipste die Nachttischlampe an. Danach öffnete sie die oberste Schublade des Nachttischchens.
    Leer.
    Einen Moment lang starrte sie in diese Leere. Dann griff sie in die Schublade und tastete sich durch, fand aber nichts außer einer alten Schachtel Streichhölzer und einer Packung Sandelholz-Räucherstäbchen. Courtney
erhob sich und ging zum Schrank und kramte in ein paar Handtaschen, bis sie ein Pfefferspray fand. Die Dose fühlte sich beruhigend kühl an.
    Irgendwer hatte versucht, sie zu töten. Sie wusste nicht warum. Aber etwas sagte ihr, dass das kein Raubüberfall war.
    Sie stellte das Spray auf das Nachttischchen und knipste das Licht aus. Sie ließ sich auf die weichen Kissen sinken. Sie versuchte, den Kopf klar zu bekommen, doch ihre Nerven schienen zum Zerreißen gespannt. Sie fühlte sich erschöpft, wusste aber, dass sie garantiert nicht einschlafen würde. Und schließlich war da noch Fiona. Ihre Schwester würde sicher bald anrufen, wahrscheinlich sogar vorbeikommen, sobald sie erfuhr, was passiert war. Daran wollte sie gar nicht denken.
    Sie stand wieder auf und zog eine Kommodenschublade auf. Im Dunkeln ertastete sie ein paar Kleidungsstücke – einen Slip, ein T-Shirt, eine Yoga-Hose. Sie schlüpfte in die bequemsten Sachen, die sie hatte, und ging in die Küche. Schon beim Gedanken an Essen wurde ihr übel, aber ihr Körper brauchte ein bisschen Nahrung.
    Sie öffnete den Kühlschrank. Diet Coke, Frischkäse, ein Töpfchen mit Bio-Nudelsalat. Als sie eine Packung mit dünn geschnittenem Schinken sah, entschied sie sich für ein Sandwich. Sie legte alles, was sie dazu brauchte, auf ein Brett und machte sich an die Arbeit.
    David war tot. Er war ein Lügner und Betrüger gewesen, aber jetzt – jetzt war er tot.
    Seine Frau tat Courtney leid. Anfangs war das allerdings
anders gewesen. Nachdem sie herausgefunden hatte, dass David verheiratet war, war sie richtig sauer auf ihn. Höflich ausgedrückt. Eigentlich hatte sie ihn gehasst.
    Deswegen auch die Sache mit dem Porsche Carrera. Aber es war wirklich nicht besonders clever gewesen, Davids Wagen zu demolieren. Aber immerhin hatte sie danach ernst gemacht mit ihren Vorsätzen und das Rauchen, das Feiern und die Männer aufgegeben.
    Das mit dem Rauchen und dem Feiern war ihr überraschend leicht gefallen. Nur das Aufgeben der Männer gestaltete sich seltsam schwierig. Gerade heute. Oder was für eine Erklärung gab es, dass sie sich auf einmal von einem Mann angezogen fühlte, der so gar nicht ihr Typ war? Sie stand eher auf extravagante Männer. Männer, die gut aussahen oder einen gewissen Stil hatten, am besten beides natürlich. Und mit Ausnahme von David, der zwar auch gut aussah und Stil hatte, nur leider eben kein Herz, waren es immer auch kreative Typen gewesen, Musiker, Schriftsteller oder Künstler.
    Kerle vom Militär waren sonst nicht so ihr Fall.
    Courtney nahm zwei Scheiben Brot aus der Plastiktüte und

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