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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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entdeckte an einer Stelle einen kleinen Schimmelfleck. Sie seufzte. Weil sie in diesem Monat viele Überstunden gemacht hatte, um ein wenig von den Kreditkartenschulden runterzukommen, war sie kaum zum Einkaufen gekommen. Wieder steckte sie ihren Kopf in den Kühlschrank.
    Ich blas ihm die beschissene Birne weg.
    Gänsehaut überlief sie, als ihr der verzerrte Mund
wieder einfiel, der beim Bellen der Befehle auch noch Speichel versprüht hatte.
    Ihr Blick fiel auf einen Sechserpack abgelaufenen Joghurt. Und dahinter lag ein verschrumpelter Salat. Sie öffnete die Tür unter der Spüle und holte den Mülleimer hervor.
    Weg mit den Joghurts. Und mit der abgelaufenen Mayonnaise und der als Salat-Dressing getarnten Lebensmittelvergiftung. Weg mit den ein Jahr alten Aufback-Brötchen. Weg die Margarine und der chinesische Senf, den sie letztes Weihnachten für die Frühlingsrollen gekauft hatte.
    Tapfer kämpfte sie sich durch den Kühlschrank. Nach der Wegwerforgie betrachtete sie das Ergebnis.
    Gewonnen hatten ein paar Diet Cokes und ein Glas Peperoni.
    Courtney nahm sich eine Cola und ging ins Wohnzimmer. Dort ließ sie sich auf die Couch fallen und stierte geistesabwesend auf den toten Fernsehschirm.
    Da klingelte es an der Tür. Mit einem Satz sprang sie auf.
    Wer konnte das sein? Es war beinahe neun Uhr. Fiona sicher nicht. Ihre Schwester parkte immer in der Auffahrt und kam zur Hintertür herein.
    Auf Zehenspitzen schlich sie zur Eingangstür und spähte durch den Spion.
    Amy Harris.
    Courtney entspannte sich. Mein Gott, sie war wirklich völlig von der Rolle. Sie sperrte auf und öffnete die Tür.
    »Hi«, sagte sie.

    Draußen stand nicht nur Amy, sondern auch ihr Sohn Devon. Der achtjährige Junge mit einem Basketball-T-Shirt sah höchst unglücklich aus. Sofort wusste Courtney, warum ihre Nachbarn vorbeigekommen waren.
    »Tut mir leid, wenn wir stören«, entschuldigte sich Amy. »Aber könntest du uns vielleicht einen Gefallen tun?«
    »Lass raten«, erwiderte Courtney. »Ist etwa wieder mal ein Haarschnitt fällig?«
    Devon starrte finster auf seine Basketball-Schuhe. Er hasste Haarschneiden, aber zugeben wollte er es nicht.
    »Würde es dir was ausmachen?« Bei dieser Frage verwuschelte Amy das Haar ihres Sohnes. »Es ist schon so ausgewachsen, aber ich komm einfach nicht rechtzeitig aus der Arbeit, um mit ihm zum Friseur zu gehen.«
    Courtney trat einen Schritt zur Seite, um die beiden reinzulassen. Das war nicht das erste Mal. Normalerweise störte es sie, wenn Freunde sie um einen kostenlosen Haarschnitt baten, aber jetzt war es ihr egal. Sie wollte lieber nicht allein sein, und Haarschneiden würde sie auf andere Gedanken bringen.
    Amy ging mit Devon in die Küche. Dort zog Courtney einen der vier Esszimmerstühle unter dem Tisch hervor und holte ein Sitzkissen, das sie für solche Gelegenheiten parat hielt, aus dem obersten Regal des Besenschranks. Mit einem gezielten Wurf landete es auf dem Stuhl.
    »Rauf mit dir.«

    Devon gehorchte mit Märtyrermiene.
    »Ist das wirklich okay für dich? Es täte mir leid, wenn wir dich stören.«
    »Nein, nein, ist schon in Ordnung«, sagte Courtney, obwohl es das meist nicht war. Sie wusste nicht mehr, wie oft sie auf Partys oder bei Freunden plump gefragt wurde, ob sie zufällig vielleicht ihre Schere dabeihätte. Sie fand das respektlos – als würde sie einen Arzt fragen, ob sie schnell untersuchen könnte, solange das Kotelett auf dem Grill lag.
    Aber bei Amy war es anders. Sie hatte einen netten Jungen und vermutlich noch weniger Geld als Courtney.
    »Wenn’s euch beiden recht ist, geh ich wieder rüber. Ich habe gerade was auf dem Herd stehen.«
    Courtney winkte ab. »Wir zwei kommen schon klar.«
    Als Amy gegangen war, trat Courtney vor Devon und musterte seinen Kopf. Sein Haar war lang und überall ausgewachsen. Seit dem letzten Gratis-Schnitt vor ein paar Monaten hatte er wohl keinen Friseur mehr gesehen.
    »Und, wie soll es werden?«, schnauzte sie ruppig, weil sie wusste, dass das bei ihm die richtige Tonart war.
    »Ich möchte einen Irokesenschnitt.«
    Sie öffnete die Schublade, in der ihre Ersatzschere lag. »Da können wir uns gleich überlegen, wer mehr Ärger mit deiner Mutter kriegt. Du oder ich.«
    »Mir doch egal.«
    »Setz dich mal gerade hin.« Sie ließ warmes Wasser
in eine Sprühflasche laufen. »Klingt so, als hättet ihr Streit?«
    Er knurrte.
    »Schultern nach hinten.« Es war schwer, einen geraden Schnitt hinzubekommen, wenn ein Kunde

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