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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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hatte sie ihre Spur so gut verwischt, dass jedes Will bekannte Mittel, sie aufzuspüren, keinen echten Hinweis ergeben hatte. Es war mehr als frustrierend. Tröstlich war nur, dass auch jeder andere, der sie finden wollte, ebenso viele Schwierigkeiten hatte wie er. Er glaubte beinahe, dass Fionas Vermutung mit dem Pass eine gewisse Plausibilität besaß.
    Ströme von Schweiß liefen ihm über Gesicht und Arme. Drei Meilen hatte er schon hinter sich, und noch immer fühlte er sich elend. Das war einfach erbärmlich. Herrgott noch mal, er war Soldat, also sollte er es besser können.
    Er war ein Kämpfer.
    Und auch wenn er in Wirklichkeit kein Soldat mehr war, so war ihm dieses Denken durch jahrelanges Training eingeimpft worden. Er würde nicht aufgeben. Er konnte es nicht. Nie wollte er einer dieser ausgebrannten alten Cops werden, die ihren Körper vernachlässigten und anfingen, an der Flasche zu hängen.
    Er hatte eine Aufgabe: aufspüren und festnehmen. Und er würde sie annehmen wie jede andere Aufgabe zuvor – ein Misserfolg war undenkbar.

Kapitel 19
    Lindsey Kahn verließ das Bürogebäude und lief die Rio Grande Street in nördlicher Richtung. Nathan vermutete, dass sie zu einem zwei Blocks entfernten Sandwich-Laden gehen wollte. Als sie tatsächlich dort eintrat und sich in die Schlange der auf ihr Mittagessen wartenden Yuppies einreihte, grinste er.
    Während er mit etwas Abstand die Speisekarte studierte, bestellte sie ihr Essen, zahlte per Kreditkarte und erhielt an der Kasse eine Nummer. Mit einem Glas Diet Coke ohne Eis setzte sie sich in eine Sitznische. Dort nahm sie ihr Handy aus der Handtasche und wollte einen Blick auf ihre Nachrichten werfen.
    In diesem Moment trat Nathan zu ihr.
    »Hallo.«
    Überrascht sah sie auf. Als er sich in dieselbe Nische ihr gegenüber setzte, wanderten ihre Augen unruhig umher.
    »Nathan Devereaux.« Er schob ihr eine Visitenkarte zu, aber sie beachtete sie nicht.
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Wir sollten uns unterhalten.«
    Zum ersten Mal betrachtete er sie näher. Sie hatte etwas Hartes an sich, trotz blondem Haar und cremefarbenem Kostüm. Auch ihre Handtasche und die
Schuhe waren cremefarben. Alles an ihr wirkte sehr weiblich, dennoch vermochte das elegante Äußere den Eindruck von Härte nicht ganz zu übertünchen.
    Sie seufzte, steckte das Handy in die Tasche zurück und legte die gefalteten Hände auf den Tisch. Sie sah ihn an, als wollte sie sagen: »Bringen wir’s hinter uns«. Doch ihre verkrampften Hände sprachen eine andere Sprache.
    »Sie weichen mir aus.«
    »So?«
    »Die ganze Zeit.«
    Sie seufzte erneut. »Was kann ich für Sie tun, Detective?«
    »Ich würde ganz gern über den LivTech-Fall reden.«
    Eine Bedienung erschien mit einem Teller Minestrone und Knoblauchbrot.
    »Danke«, sagte sie zu der Bedienung und dann an Nathan gerichtet: »Die Protokolle sind öffentlich einsehbar. Sie können sie jederzeit lesen.«
    »Da haben Sie natürlich recht. Es ist nur so, dass mich das, was nach dem Verfahren geschah, noch mehr interessiert.«
    Sie aß einen Löffel Suppe. Beinahe bewunderte er sie, dass sie so gekleidet, wie sie war, so eine Speise bestellte. »Und das heißt?«
    Er lehnte sich zurück. »Ein toter Anwalt. Zwei tote Geschworene. Das ist doch seltsam, oder?«
    Sie tupfte sich mit der Serviette auf den Mund. Dabei rieb sie auch etwas Lippenstift ab. »Ich wusste nicht, dass es zwei tote Geschworene gibt.«

    »Martin Pembry wurde gestern Morgen am Ufer der Laguna Madre gefunden.« Er zuckte die Achseln. »Ich dachte, Sie sind möglicherweise etwas besorgt.«
    »Besorgt?«
    »Na, um ihre Sicherheit.«
    Sie griff nach ihrem Glas. Sie sah ihn gleichgültig an, doch die Knöchel an ihren Händen traten weiß hervor.
    »Ich kann Ihnen Personenschutz bieten. Wenn Sie mir sagen, was los ist, kann ich etwas arrangieren.«
    Sie sah zur Seite. »Wie kommen Sie darauf, dass ich Schutz brauche?«
    »Sind Sie denn anderer Meinung? Welchen anderen Grund haben Sie, jeden Tag bereits um fünf Uhr das Büro zu verlassen? Und dann direkt nach Hause zu gehen und sich einzusperren?« Ihre Augen klebten an seinen Lippen, während er fortfuhr. »Der Wachmann in Ihrer Wohnanlage scheint auch besonders aufmerksam zu sein, was Ihre Besucher betrifft. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass jemand anders als Sie ihm das eingeschärft hat?«
    Bei seinen Worten war sie ganz starr geworden. Vielleicht gefiel ihr die Vorstellung nicht, dass er sie beobachtet

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