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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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sie sind. Ich möchte nur, dass Sie in Zukunft besser aufpassen, mit wem Sie über welche Dinge reden. Damit Ihnen so etwas nicht noch einmal passiert.« Der Vize erhob sich aus seinem Ledersessel. »Und selbstverständlich«, sagte er noch, bevor er Rath entließ, »selbstverständlich sollten Sie sich bei Oberkommissar Böhm entschuldigen.«
    Gemeinsam mit Gennat machte sich Rath auf den Rückweg in die Inspektion A. Der Buddha sagte keinen Ton.
    »Wann geht's denn wieder nach Düsseldorf, Herr Kriminalrat?«, fragte Rath, der das Schweigen nicht ertrug.
    »Wenn ich diesen Mist hier geregelt habe«, sagte Gennat. »Machen Sie bloß nicht auf gut Wetter! Ich habe eine Stinkwut auf Sie. Und das nicht nur, weil ich gerade meinen Zug verpasse! Aber darüber spreche ich mit Ihnen nicht hier auf dem Gang.«
    Das waren die einzigen Worte, die Gennat den ganzen Weg bis zur Mordinspektion sprach, ein Weg, der sich unendlich in die Länge zog. Aber schließlich erreichten sie Gennats Büro. Der Buddha sagte Trudchen Steiner, seiner langjährigen Sekretärin, er wolle nicht gestört werden, und bat Rath hinein.
    »Auf ein paar Minuten.«
    Der Sekretärin gegenüber ließ er sich seine Laune nicht anmerken. Allerdings lehnte der Buddha dankend ab, als sie anbot, Tee und Kuchen hineinzubringen, und die Steiner warf Rath einen mitleidigen Blick zu. Bei Gennat bekamen sogar die Schwerverbrecher Kuchen angeboten.
    Der Buddha schloss die Tür und setzte sich an seinen Schreibtisch. Nicht einmal die durchgesessene Polstergruppe, in der Gennat sonst seine Gäste zu empfangen und zu bewirten pflegte, gönnte er Rath, sondern wies ihm den Platz vor seinem Schreibtisch zu, der sonst den armen Sündern vorbehalten war, denen er hier Geständnisse entlockte.
    Gennat schwieg eine ganze Weile und schaute Rath einfach nur an. Nicht vorwurfsvoll, eher fragend. Ein unangenehmes Gefühl unter diesem Blick, der Blick eines Lehrers, der sich fragt, weshalb ausgerechnet sein Lieblingsschüler das Abitur versemmelt hat.
    »Ich verstehe Sie nicht«, begann Gennat schließlich. »Warum machen Sie solche Geschichten?«
    »Das mit dem Kollegen Brenner tut mir leid. Aber es war nicht so schlimm, wie es sich vorhin angehört hat. Seine Arbeitsunfähigkeit muss ... «
    »Ach hören Sie doch auf mit Brenner! Das war das Hühnchen, das Doktor Weiß mit Ihnen zu rupfen hat.«
    »Dann weiß ich nicht, was Sie meinen, Herr Kriminalrat.«
    »Tun Sie doch nicht so. Vor ein paar Tagen haben wir noch darüber gesprochen. Unser altes Thema. Dass Sie kein Einzelkämpfer sind, sondern ein Teil der Inspektion A. Dass Sie Ihr Wissen mit uns anderen teilen.«
    »Aber mit Verlaub, Herr Kriminalrat, das habe ich doch getan! Vorgestern die Sache mit Krempins Versteck, da habe ich über Henning und Czerwinski die Kollegen alarmieren lassen. Und dieser Draht im Terra-Atelier gestern - da habe ich Kriminalassistent Gräf über meine Entdeckung umgehend per Telefon informiert und die Kollegen angefordert, damit ... «
    » ... nur dass Sie schon nicht mehr zugegen waren, als Böhm mit seinen Leuten eintraf.«
    »Wie soll ich das verstehen? Ich habe Überkommissar Böhm einen entscheidenden Fortschritt in den Ermittlungen beschert, und er hat nichts Besseres zu tun, als sich bei übergeordneten Stellen über mich zu beschweren?«
    »Niemand hat sich beschwert. Zum Glück für Sie ist Überkommissar Böhm ein loyaler Mitarbeiter. Loyal seiner Abteilung gegenüber und auch dem letzten seiner Mitarbeiter, und sei er noch so renitent.«
    »Ich vermute, damit meinen Sie mich, Herr Kriminalrat.«
    »Nun werden Sie bloß nicht spitzfindig!« Gennat war nur ein kleines bisschen lauter geworden, aber Rath merkte, dass er besser keine allzu kesse Lippe riskierte. »Es geht hier um Ihre Auffassung von Kollegialität, um Ihre Auffassung von polizeilicher Arbeit überhaupt.« Gennat beugte sich vor und schaute Rath fest in die Augen. »Der Polizeiapparat ist ein komplizierter Organismus, Herr Rath, ein Organismus, in dem viele unterschiedliche Teile zusammenwirken und ein großes Ganzes bilden. Ein sehr erfolgreich arbeitender Organismus übrigens. Aus diesem Grunde haben wir Hierarchien, aus diesem Grunde sollten Sie tun, was man Ihnen sagt. Das Beste ist, Sie arbeiten freundschaftlich und respektvoll mit Ihren Vorgesetzten zusammen, mit Ihren Vorgesetzten ebenso wie mit Ihren Untergebenen. Eigenmächtigkeiten, Eifersüchteleien und Rivalitäten haben in meiner Abteilung keinen Platz, haben

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