Der Sucher (German Edition)
Pelzkugelfisch gewünscht? Ich hätte eher an irgendwas mit vielen Zähnen gedacht, was zu deinem Lieblingsgott Zarbas passt. Einen Jägerfisch zum Beispiel.«
»So einen habe ich dann auch bekommen«, sagte er trocken. »Mein Vater meinte, der würde mir was beibringen über eine Welt, in der man entweder frisst oder gefressen wird. Hat er aber nicht. Er ist nach einer Woche entschwommen, und ich habe ihn nie wieder gesehen.«
»Ich hoffe, das hast du nicht persönlich genommen«, sagte ich und dachte, dass ich mit meinen Eltern vielleicht doch Glück gehabt hatte. »Jägerfische sind schwer zu halten.«
»Beruhigt mich«, erwiderte er und sah so aus, als hätte er beinahe gelächelt. »Und jetzt lass uns schlafen. Morgen müssen wir ausgeruht sein. Bei diesen Leuten hier können wir uns keine Fehler leisten.«
Die letzte Nacht
Ich fing den Reste-Räumer am frühen Morgen ab, als er seine Tour durch Kowanda gerade begann. Es war nicht schwer gewesen, Petrack zu finden – der Räumer war groß und gedrungen, schob einen Handkarren und schleifte einen großen, fast leeren Sack hinter sich her. Aus der Entfernung sah der Mann aus, als würde er nur aus Haaren bestehen. Aber als ich mich ihm näherte, stellte ich fest, dass er einfach nur eine ungehemmte Frisur bevorzugte, seinen Bart vermutlich seit zehn Wintern nicht mehr gestutzt hatte und am restlichen Körper Oriak-Pelze trug.
»Was willst‘n du?«, brummte er, als ich ihn freundlich grüßte.
»Terryl schickt mich – er hat versehentlich etwas weggeworfen, was mir gehört«, erklärte ich. »Eine verbeulte alte Schale, schwarz angelaufen. Könnt Ihr Euch an so was erinnern?«
Er blickte mich aus zusammengekniffenen Augen an und schlurfte näher zu mir. Sein Geruch war Atem beraubend. »Wann war‘n das?«
»Vor etwa drei Wochen, sagt Terryl«, erwiderte ich und versuchte tapfer, nicht zurückzuweichen.
»Längst weg. Versenkt im Grasmeer.« Er schob seinen Karren an und beachtete mich nicht mehr. Aber so leicht ließ ich mich nicht abschütteln.
»An welcher Stelle des Grasmeers? Könnt Ihr sie mir zeigen?«
»‘n Stück westlich. Außerhalb der Stadtmauern. `n großer Haufen war‘s in der Woche, vielleicht sieht man noch die Spitze.«
Das war immerhin ein Hoffnungsschimmer! Ich bedankte mich, besorgte mir einen Spaten und zog los. Kurz darauf stand ich auf einer runden Fläche aus festgestampfter Erde. Rings darum waren die Halme des Grasmeers grob gerodet und ausgerissen worden, sodass der Matsch, auf dem sie wuchsen, offen lag. Rund um den Platz türmten sich auf dem Matsch stinkende Haufen von abgenagten Vogelknochen, Gemüseresten, Lumpen, zerbrochenen Tellern und sogar eine kaputte Zeruda. Die Abfallberge waren unterschiedlich tief versunken – dieses Grasmeer schien buchstäblich bodenlos zu sein.
Ich versuchte abzuschätzen, welches der Drei-Wochen-Berg sein konnte, und legte los. Mit jedem Spatenstich förderte ich neue seltsame Dinge zu Tage, fürchterlich verklebt, aber noch zu erkennen. Jedes Mal Hoffnung, und jedes Mal Enttäuschung: keine Schale!
Eine brütende Hitze lag über der ganzen Szene, zwischen den Halmen staute sich die Luft. Je höher die Sonne stieg, desto schlimmer wurde es. Immer wieder musste ich mir den Schweiß von der Stirn wischen. Mein verletzter Arm schmerzte. Ich musste höllisch aufpassen, dass ich nicht im Matsch stecken blieb oder hineinfiel. Zum Glück bemerkte man wenigstens den Gestank des Abfalls nach einer Weile nicht mehr.
Was war, wenn die Schale tatsächlich schon so tief versunken war, dass sie keiner mehr herausbekam? Dann wäre sie für immer in den klebrigen Tiefen verloren – und ich mit meiner geheimen Suche für den Rat gescheitert. Natürlich, ich konnte mich vor den Rat stellen und Ujuna sagen, an welcher Stelle des Grasmeers das Ding vermutlich lag. Aber Beifall würde ich dafür kaum ernten.
Ich versuchte, nicht daran zu denken, was mich danach in Vanamee erwartete. Wenn ich Erfolg hatte würde der Rat mir sicher verzeihen, dass ich Befehle missachtet und Jallak den Rücken gekehrt hatte. Kam ich aber ohne die Schale zurück, war ich als Agent erledigt. Scheiterte ich auch noch bei der Suche nach Joelles Schwester, war ich auch in ihren Augen ein Versager. Tolle Aussichten.
Erschöpft und entmutigt kehrte ich am späten Nachmittag in die Stadt zurück, die wir inzwischen dank eines Passierscheins von Terryl auch offiziell betreten durften. Ich organisierte mir einen Eimer Wasser und
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