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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Verdienste. Und zählte es etwa nicht zu besonderen Verdiensten, die Schwarzen Kutten nun schon so lange ertragen zu haben?
    Es war das Lächeln, das Mi‘raela warnte, das sie aus ihren Träumen riss. Spinnenfinger lächelte selten, und nur dann, wenn er irgendetwas erreichen wollte. Mit einem Schlag wusste Mi‘raela, was hier vor sich ging. Er versuchte festzustellen, wie gut sie inzwischen Daresi verstand! Ob sie diejenige war, die seine Pläne weitertratschte!
    Mi‘raela setzte eine verständnislose Miene auf, blickte fragend drein. »Befehl?«, fragte sie. Das war die einzige Frage, die ein Halbmensch einem Dörfling in der Burg stellen durfte. Mi‘raela hatte sie schon so oft ausgesprochen, wie ein Baum Blätter hat.
    »Die Freiheit, Katze, die Freiheit!«, wiederholte Spinnenfinger und runzelte die Stirn. »Willst du etwa nicht raus aus dieser Burg?«
    Mi‘raela duckte sich ein wenig, tat, als bekäme sie Angst vor einem Schlag. »Befehl?«, fragte sie noch einmal mit verwirrter Stimme.
    Ärgerlich wandte sich Spinnenfinger ab, bedeutete ihr mit einer Geste, zu verschwinden. Sofort drehte sich Mi‘raela um, huschte davon. Sie fühlte sich ganz schwach beim Gedanken, dass sie ihm beinahe in die Falle getappt wäre. Besser, sie warnte die Brüder und Schwestern – in nächster Zeit mussten sie vorsichtiger sein als je zuvor.
    * * *
     
    Am Abend zogen Joelle und ich uns in eine geschützte Ecke hinter dem Haus zurück. Endlich konnten wir uns wieder in den Armen halten, uns küssen, uns streicheln. Es war ein unglaubliches Gefühl, Joelle nach zwei Wintern Suche endlich gefunden zu haben. Ich schwebte förmlich über dem Boden.
    Aber bequem war unsere Nische nicht, und hin und wieder kamen Menschen auf der Straße vorbei, und wir mussten uns in die tiefen Schatten zurückziehen, um nicht gesehen zu werden. Schließlich schlug Joelle vor: »Sag mal, ist dir bei der Besichtigung auch dieses alte Lagerhaus hier ganz in der Nähe aufgefallen? Es gehört niemand Bestimmtem, habe ich gehört ... wahrscheinlich steht es leer ... niemand würde uns dort suchen ...«
    Mir schlug das Herz bis zum Hals. »Ja ... lass uns gehen ... wenn du wirklich willst?«
    »Gilias Gnade, bist du immer so vorsichtig? Oder erst seit Ekaterin?«
    Ich seufzte. »Erst seit Ekaterin. Du weißt ja, sonst bin ich ein hemmungsloser Draufgänger, der in jeder Stadt eine Frau hat und eine Liste braucht, um sich ihre Namen zu merken.«
    »Schon klar«, sagte sie und musste lachen.
    Das alte Lagerhaus lag ein wenig abseits. Vorsichtig stemmten wir die Tür auf. Drinnen war es völlig dunkel, und es roch nach Wolle, trockenem Gras, Getreide und ein ganz klein wenig nach Mäusen. Zwei Menschenlängen hohe Stapel von Kisten und Kästen standen herum, allesamt leer, und wir fanden ein Dutzend Decken und anderes Reisezubehör. Anscheinend lagerten die Händler hier Verpackungsmaterial und alles, wofür in ihren eigenen Lagern kein Platz war.
    Mit den Decken richteten wir uns zwischen den Kistenstapeln ein und legten uns nebeneinander. Joelle hatte ein Leuchttierchen mitgebracht, dessen sanftes grünes Licht unser Versteck erhellte. Wir pressten uns eng aneinander, und durch ihre Tunika fühlte ich ihren geschmeidigen Körper, ihre Hüften, ihre Brüste. Es war herrlich, uns ganz langsam gegenseitig auszuziehen.
    Unsere Küsse hatten mich schon bis zum Kragen aufgeheizt, aber ich hatte es trotzdem nicht eilig. Ich ließ meine Hände unter ihre Tunika gleiten, zog sie gerade so weit hoch, dass ein Stück nackter Bauch in der kühlen Nachtluft lag, und küsste mich langsam nach oben. Joelle stöhnte. Sie machte sich daran, mir das Hemd aufzuknöpfen und es mir über die Schultern zu streifen. Ihre Fingerspitzen, die über meine Haut glitten, brachten mich fast um den Verstand.
    Diesmal hatte ich nicht vor, ihre Signale zu übersehen, und ich lauschte auf sie wie ein Sucher es tut, mit allen Sinnen. Aber es kam kein Stoppsignal. Aufgeregt und ein wenig unsicher wurde mir klar, dass sie es ernst meinte. Bei Erin, hoffentlich machte ich jetzt alles richtig. Immerhin: Es war nicht das erste Mal für sie, das hatte ich schon gemerkt. Hatte sie damals vor zwei Wintern auch schon einen Freund gehabt?
    Die Decken waren beiseite gerutscht. Nackt und eng umschlungen lagen wir in der grün schimmernden Dunkelheit und vergaßen die Welt, streichelten uns lange, liebten uns. Und es war so schön, wie ich es mir immer vorgestellt hatte, so schön, wie es mit

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