Der Sucher (German Edition)
Lourenca aus irgendeinem Grund nie gewesen war ...
Irgendwann nach Aufgang des dritten Mondes schliefen wir ein, wie wir waren. Um ein Haar hätten uns die Leute der Luft-Gilde so entdeckt, als sie kurz nach der Morgendämmerung irgendwelche Verpackungsmaterialien aus dem Lager holen wollten. Wir schafften es gerade noch, unsere Sachen überzustreifen und aus der Hintertür zu fliehen.
Am nächsten Morgen war die Nacht nur noch eine wunderbare Erinnerung. Ich schwitzte wieder bei der Restegrube außerhalb der Stadt. Diesmal halfen mir Merwyn und Joelle, obwohl ich keinem von beiden gesagt hatte, was genau ich suchte. Verbissen buddelten wir jede Menge Krempel aus, den kein Mensch mehr brauchte. Über uns kreiste mein Skagarok. Er stieß einen heiseren Schrei aus, um uns zu warnen, dass jemand kam. Doch es war nur der haarige Räumer.
»Na, immer noch hier?«, fragte er finster. »Bringst meine Grube durch‘nander.«
»Fürchte schon«, sagte ich und stützte mich einen Moment lang auf den Spaten. »Tja, richtig unordentlich sieht es hier inzwischen aus.«
Er hatte nichts übrig für Ironie und zog böse brummelnd wieder von dannen.
Am Nachmittag hatte ich alle Abfallberge bis auf zwei überprüft, und Joelle und Merwyn kehrten schon mal in die Stadt zurück. Ich hielt noch einen Viertel Sonnenumlauf durch, dann wurde mir klar, dass ich diese zwei Ladungen erst morgen ausgraben konnte, heute würde ich sie nicht mehr schaffen.
Als ich mich gesäubert hatte und in Terryls Haus ankam, waren Merwyn und Joelle mit Terryl in der Stadt unterwegs. Ich war erleichtert, dass unser Gastgeber nicht da war – jeder Aufschub war mir recht. Irgendwie musste ich ihn so lange hinhalten, bis ich die restlichen Berge überprüft hatte!
Terryls kleine Tochter Kensy begrüßte mich und den Ska begeistert. »Ich gebe gerade eine Gesellschaft und brauche noch Gäste! Es gibt Cayoral und Kekse!«
Ich hatte mir einen Sonnenbrand eingefangen und war erschöpft vom stundenlangen Graben. Eigentlich hatte ich nicht viel Lust, mitzuspielen. Doch Kensy blickte so erwartungsvoll drein, dass ich es nicht schaffte, nein zu sagen. Triumphierend packte sie mich an der Hand und zog mich hinaus in den Hof. Halb hüpfend, halb flatternd folgte mir der Skagarok.
In einer Ecke des Hofs hatte Kensy ein Holzbrett mit ein paar halb kaputten Tassen, Tellern und einer Spielzeugkanne aufgebaut. Drei andere Gäste waren schon da, ein ganz junger Katzenmensch und zwei Stoffpuppen. Abwesend setzte ich mich im Schneidersitz auf den Boden und lächelte dem Katzenmenschen zu. Er sagte etwas Höfliches in seiner Sprache und schnupperte misstrauisch an den beiden Matschkeksen, die Kensy ihm serviert hatte. Mein Ska schnappte ihm einen davon weg und ließ ihn dann doch liegen, als er feststellte, dass der Keks nicht fressbar war.
»Du bist Ehrengast«, verkündete Kensy mir und kramte mit geheimnisvoller Miene in ihrer Spielzeugkiste herum. »Du bekommst den besten Teller!«
»Danke, ich fühle mich sehr geehrt«, versicherte ich ihr, nahm ihr das Ding ab ... und erstarrte. Was ich in der Hand hielt, war eine schwarz angelaufene, verbeulte Silberschale. Einen Moment lang konnte ich es nicht glauben. Doch dann drehte ich die Schale herum: Auf dem Boden war die Gravierung klarer zu sehen. Ein »T« mit verschlungenen Verzierungen.
»Wo hast du das her?«, frage ich und bemühte mich, ganz ruhig zu klingen. »Das hast du aus dem Abfall geholt, stimmt‘s? Ohne, dass dein Pa es gemerkt hat?«
»Ja, es war viel zu schön zum Wegwerfen.« Mit eleganter Geste servierte Kensy auch mir zwei Matschkekse. Wie betäubt tat ich so, als würde ich sie essen. Der Katzenmensch stieß seinen verbliebenen Keks mit der Pfotenhand an, ließ ihn über den Boden kullern und jagte mit einem kühnen Sprung hinterher. Der improvisierte Tisch kippte um, und Tassen flogen in alle Richtungen.
Als wir alles wieder in Ordnung gebracht hatten, hatte ich mich etwas gefangen. »Ich fürchte, diese Schale gehört meinen Leuten«, sagte ich. »Und die Wasser-Gilde hätte sie gerne zurück. Wäre es sehr schlimm, wenn ich sie mitnehme und dir dafür eine andere schicken lasse? Eine noch viel schönere?«
Einen Moment lang sah sie enttäuscht aus, dann blickte sie hoffnungsvoll drein. »Eine ganz blanke?«
»Blank«, versicherte ich ihr. »Oder bunt lackiert, wie du magst.«
In diesem Moment hörte ich Terryls Stimme. Schnell schob ich die Schale in eine Innentasche meiner Tunika, wo sie
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