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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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sah nur, wie ihre Lippen sich bewegten, meine Ohren klingelten noch von dem gewaltigen Donnerschlag. Doch rasch kehrte mein Gehör zurück, und ich verstand, was sie rief. »Tjeri ... du lebst! Bist du nicht verletzt? Aber ... wie kann das sein ... der Blitz hat dich voll erwischt ...«
    »Mich? Erwischt?« Verständnislos sah ich sie an. Ich fühlte mich hervorragend. Ich hob die Hand, um Joelle zu berühren, und schrak zusammen, als ich dabei einen Blick auf das Armband warf. Es war zu einem unheimlichen Eigenleben erwacht, wand sich wie eine Schlange um mein Handgelenk. Seine Farben leuchteten. Joelles Blick folgte dem meinen, und sie keuchte auf. »Das Band des Sturmläufers!«
    Mir stockte der Atem. Ein magisches Band, so alt wie das Seenland selbst! Udikos Worte kamen mir in den Sinn. Es gehört zu den wertvollsten Dingen, die ich besitze ... Was es ist, wirst du merken, wenn du es brauchst ...
    Woher hatte er es? Warum hatte er mir nie davon erzählt? Egal. Plötzlich hatte ich keine Angst mehr vor den Naturgewalten um uns herum. Solange der Geist des Sturmläufers mit mir war, konnten sie mir nichts anhaben, waren sie meine Verbündeten. Was für eine wunderbare Rache, dass ich das Gewitter, das Cyprio gerufen hatte, vielleicht gegen ihn verwenden konnte! Am besten, ich probierte das Band so anzuwenden wie eine Gildenformel. Sanft schob ich Joelle weg, dann hob ich den Arm, konzentrierte mich auf das, was ich tun wollte, spürte wieder das Prickeln, das durch meinen Körper lief. Ja, es schien zu funktionieren!
    Cyprio ahnte wohl etwas, denn er warf sich hinter einen Felsbrocken – gerade noch rechtzeitig, bevor der zweite Blitz keine Menschenlänge von ihm entfernt einschlug.
    »Los, weg hier!«, zischte ich meinen verständnislos glotzenden Freunden zu. Ich hatte nicht die Absicht, mein Glück oder die Kraft des Bandes zu sehr zu strapazieren. Ich packte Joelle an der Hand und rannte los. Unsere Gefährten folgten uns. Wir flohen tiefer in die Berge hinein, hinter uns eine neue Nebelwand. Sobald wir sicher waren, dass wir genügend Vorsprung hatten, verließen wir den Pfad und stolperten hinein in die Steinwüste der Gipfellandschaft. Ob wir in die richtige Richtung liefen, war vorerst egal, zunächst einmal mussten wir es schaffen, Cyprio und seine Soldaten abzuschütteln!
    »Zarbas Rache, das war ein böser Schreck eben«, stieß Merwyn hervor, als er kurz neben mir lief. »Wieso hast du nicht vorher gesagt, dass du Blitze schleudern kannst?!«
    »Ich mag es, unterschätzt zu werden«, keuchte ich. »Nein, im Ernst, ich wusste es selbst nicht.«
    Besorgt merkte ich, dass der Donner sich entfernte, der Regen fast aufgehört hatte. Ein scharfer, kalter Wind peitschte uns entgegen, trieb die Wolken davon. Cyprio beeilte sich, seinen nutzlosen Sturm wieder loszuwerden. Aber eine Weile würde er dafür schon brauchen. Vielleicht reichte die Zeit, um davonzukommen.
    Vor uns rissen die Wolken auf – und erschrocken sahen wir, dass wir unfreiwillig einen kleinen Bogen geschlagen hatten.
    »Beim Brackwasser, wir sind fast direkt über der Felsenburg«, stöhnte ich.
    Beschämt sahen Merwyn und ich uns an; eine solche Panne war zweier Sucher unwürdig, und es war nur eine schwache Entschuldigung, dass keine Sonne da gewesen war, an der wir uns orientieren konnten.
    Immerhin, wir waren jetzt sehr hoch im Alestair-Gebirge – die oberen Balkone und Fenster der Burg lagen mehrere hundert Baumlängen unter uns. Von dort aus würde uns keiner bemerken oder schaden können. Wenn wir jetzt wieder nach Westen schwenkten, war alles in Ordnung.
    Dachten wir zumindest. Doch mein Skagarok, der aus seiner Felsnische hervorgekrochen war und im Hangwind an der Bergflanke entlangglitt, warnte uns, dass die Soldaten uns immer noch auf den Fersen waren. Und nicht nur das, zusätzlich hatte sich ein kleiner Trupp am Haakon-Pass westwärts von uns versteckt und lauerte dort im Hinterhalt auf uns.
    »Danke, mein Freund«, sagte ich und erzählte den anderen, war los war.
    Merwyn runzelte die Stirn. »Wir müssen über den Pass, um nach Vanamee zu kommen.«
    »Das wissen die natürlich.« Joelle seufzte. Ynea und Mi‘raela hielten sich an ihrer Seite; die Katzenfrau leckte sich missmutig das nasse Fell.
    »Kannst du noch ein paar Blitze lenken, Tjeri?«, fragte Ynea.
    Über uns war die Wolkendecke deutlich dünner geworden. Das Band des Sturmläufers um mein Handgelenk bewegte sich kaum noch, seine Farben begannen schon wieder zu

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