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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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gibt eine Legende, nach der man sich auf der Stelle ineinander verliebt, wenn man mit jemandem beim Aufgang des dritten Mondes durch das Tor geht.«
    »Danke für den Hinweis«, sagte ich verlegen. Das schien einen Versuch wert. Im Moment konnte ich einfach nur hoffen, dass Joelle auch etwas für mich übrig hatte – ich hatte mich immer noch nicht getraut, sie einfach so zu fragen.
    Ich blickte hoch durch die durchsichtige Kuppel. Der zweite Mond war schon aufgegangen. Also schlenderte ich gleich nach drüben. Einen Moment lang blieb ich zwischen den Raumtrennern stehen und sah Joelle zu. Gerade erzählte sie der kleinen Tochter der Familie eine Geschichte von Erin, dem Erneuerer. Sie ging mit dem Kind um, als würde sie es schon seit vielen Wintern kennen, und die Kleine war ganz begeistert von ihr. Genau diese natürliche, warmherzige Art war es, die ich an ihr mochte. Eine große Zärtlichkeit für sie überflutete mich.
    Es war anstrengend, locker und lässig zu wirken, obwohl ich so aufgeregt war wie vor der Meisterprüfung in Vanamee. »He, Jo, wollen wir noch ein bisschen schwimmen gehen?«, fragte ich schließlich.
    »Mitten in der Nacht?« Joelle guckte ein bisschen skeptisch drein. »Merwyn liegt schon im Bett, der war ziemlich fertig nach dem langen Tag ...«
    Das war mir nur Recht. Sonst wäre er vielleicht auf die Idee gekommen, mitzuschwimmen! »Ich bin jedenfalls noch nicht müde ... Und bei Mondlicht sehen die Türme und Brücken bestimmt toll aus ...«
    »Darf ich mit?«, bettelte die Kleine.
    »Vergiss es, Jip, du musst jetzt ins Bett«, mischte sich ihre Mutter ein und lächelte mir verschwörerisch zu, was mir furchtbar peinlich war.
    Eine Schwimmhaut brauchten wir nicht, im Sommer war das Wasser warm genug. Wir zogen nur eine leichte, schnell trocknende Tunika an. Es war ein Genuss, das Wasser auf der Haut zu spüren.
    »Der See hier ist wirklich hübsch«, meinte Joelle, während wir nebeneinander herschwammen. »Gemütlich und nicht zu tief ... genau, wie ich es mag.« Sie lachte. »Für dich bin ich wahrscheinlich eine Flachwassernixe, stimmt‘s?«
    »Quatsch, es ist nichts dabei, wenn man gerne im Seichten ist«, widersprach ich natürlich sofort. »Da ist es schön warm, es gibt bunte Pflanzen und es sieht toll aus, wie die Lichtstrahlen durch das Wasser spielen ...«
    Bei Isendre, jetzt waren wir zum ersten Mal seit langer Zeit allein, ohne Merwyn. Ich fühlte mich so berauscht von Joelle, von dieser warmen Nacht mit ihr, als hätte ich einen Krug Polliak intus. »Es hat Spaß gemacht, dir zuzuschauen«, gestand ich. »Als du mit Jip gespielt hast. Man merkt, dass du dich mit Kindern auskennst.«
    »Ich glaube, ich bin einfach ein Familienmensch«, sagte Joelle und ließ sich auf dem Rücken driften, um zu den Sternen hochzuschauen. »Aber ich wette, du kommst mit Kindern auch gut klar, oder?«
    Das stimmte. »Ja, die meisten mögen mich sofort«, berichtete ich. »Ich glaube, ich will später mal drei oder vier Kinder.«
    Joelle lachte. »Und noch acht oder zehn zahme Tiere dazu, oder?«
    Mein Ska war sehr angetan davon, dass wir endlich wieder an einem Gewässer waren; lautlos strich er dicht über die Wasseroberfläche hinweg. Joelle hatte sich längst an ihn gewöhnt, aber wahrscheinlich jagte er den anderen Bewohnern des Sees einen furchtbaren Schreck ein.
    »Familie – ja, aber ich will erstmal ein spannendes Leben haben«, sagte Joelle. »Alle Provinzen sehen, was erleben. Vielleicht wäre ich auch Agentin geworden, wenn das mit Ynea nicht gewesen wäre.«
    Ich fragte mich, ob wir überhaupt noch Agenten waren, ob der Rat schon wusste, dass wir Jallak sitzen gelassen hatten. Aber über so etwas wollte ich jetzt nicht nachdenken – ich wollte die Nacht genießen. Von der Kernstadt glänzten die Lichter des Blauen Bezirks herüber und spiegelten sich wunderschön im See, auch die Türme und das Herztor sahen prächtig aus. Nun musste es mir nur noch gelingen, Joelle dorthin zu lotsen.
    »Wie wär‘s, wenn wir uns den Bogen mal näher anschauen?«, meinte ich unschuldig.
    »Klar.« Wir stiegen aus dem Wasser und tappten tropfend über den weiten Versammlungsplatz bis zum Herztor. Perfekte Planung , freute ich mich, als ich sah, dass der dritte Mond gerade über den Horizont lugte. Mein Herz klopfte wie wild, als wir durch das Tor hindurchschlenderten. Doch der Boden begann nicht zu beben, es fuhr kein Blitz hernieder und natürlich glänzten die Sterne auch nicht heller als

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