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Der suendige Engel

Der suendige Engel

Titel: Der suendige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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wert.
    Das Innere der Tempel lag genauso verlassen da wie die weiten Plätze davor. Die hohen Hallen mit den Statuen blinder, längst vergessener Götter flößten ihr eine Ungewisse Furcht ein.
    Plötzlich hörte Salea ein Geräusch: das Schlurfen von nackten Füßen auf bloßem Stein. Sie duckte sich in die Deckung einer Säule und wartete, bis der Urheber der Schritte in ihr Blickfeld geriet. Es war ein uralter Vampir mit einem halb verfallenen Gesicht. Seinem Gewand nach mußte er der ehemaligen Priesterkaste angehört haben.
    Der Alte beachtete sie nicht. Und die Art, in der er davonschlurfte, erinnerte an den gemächlichen, taumelnden Gang einer Schildkröte.
    Er war ein Zombie; kein Zweifel. Und dennoch - zumindest schien er sich aus eigenem Antrieb zu bewegen.
    »Halt!« verlangte Salea.
    Der Zombie gehorchte. Salea trat näher.
    »Wer bist du?« fragte sie ihn. Der Alte murmelte einen Namen. Sa-lea erinnerte sich nicht daran, ihn je gehört zu haben. Aber es hatte früher eine unübersehbare Anzahl von Priestern gegeben. Die meisten von ihnen hatte sie Rank'Nor in den ersten Wochen ihrer Regentschaft zugeführt. Es hatte nicht gelohnt, sich ihre Namen zu merken.
    Bis auf einen: Kamabar. Er war einer der mächtigsten Magier und Gelehrten gewesen und hatte es geschafft, sich ihrem Zugriff immer wieder zu entziehen, bis sie es schließlich leid gewesen war, ihn erfolglos zu verfolgen. Seit Jahrhunderten hatte sie nichts mehr von Kamabar gehört, wußte nicht einmal, ob er überhaupt noch existiert hatte, als die Seuche kam.
    Nun war er die große Hoffnung, an die sie sich klammerte. Wenn es überhaupt noch jemanden gab, der ihr würde helfen können, so war er es.
    »Weißt du, wo Kamabar sich aufhält?« fragte sie den Zombie. Der Alte gab mit keiner Miene zu verstehen, ob er sie verstanden hatte. Doch schließlich nickte er kaum merklich mit dem Kopf.
    Saleas schwarzes Herz machte einen Sprung.
    »Wo?« bohrte sie nach. Wieder drang ein kaum verständliches Grummeln aus der zerstörten Kehle des Priesters.
    »Führe mich zu ihm!« befahl Salea.
    Der Zombie gehorchte. Mit schlurfenden Schritten ging er voran. Salea mußte sich zwingen, ihre Ungeduld zu zügeln und sich der langsamen Gangart ihres Führers anzupassen.
    Er leitete sie durch ein regelrechtes Labyrinth von Gängen und Räumen. Mehr als einmal zweifelte Salea daran, daß er sie überhaupt richtig verstanden hatte. Vielleicht war es seine Passion, hier die ganze Zeit ziellos in den Gewölben herumzuirren, und sie Närrin lief nun wie ein herrenloser Hund hinter ihm her.
    Nach einer Ewigkeit jedoch schien er endlich am Ziel zu sein. Mit verkrüppelten Fingern wies er auf eine letzte Tür.
    Zögernd trat Salea näher an die hölzerne Pforte heran. Ihre Vampirsinne waren aufs äußerste gespannt. Trotzdem konnte sie keine direkte Gefahr erkennen. Und selbst wenn - schließlich wollte sie sterben!
    Entschlossen öffnete sie die Tür.
    Der Raum dahinter lag in einem dämmrigen Licht. Regale mit Hunderten von Schriftrollen bedeckten die Wände. Auf einem mit zerlumpten Kissen und Decken bereiteten Lager saß ein Mann im Schneidersitz und schaute ihr entgegen.
    Kamabar!
    Sein Blick war erstaunlich klar und fest, und auch sein Körper war weniger zerfallen als die der meisten anderen Vampire. Die Seuche war bei ihm kaum zum Ausbruch gekommen; sie schien ihn erst ereilt zu haben, als die Geflügelten bereits ihren Bannkreis um Al'The-ra zogen. Dennoch war sein Gesicht zerfurcht und das eines alten Mannes. Aber alt war er schon immer gewesen.
    »Willkommen in meiner bescheidenen Behausung!« sagte Kamabar. »Ich habe Euch erwartet.« Seine tiefe Stimme klang ebenfalls erstaunlich fest.
    Salea runzelte die Stirn. »Erwartet? Du hast gewußt, daß ich kommen würde?«
    Der Magier und Gelehrte nickte. »Früher oder später. Es gab keinen einzigen Herrscher über Al'Thera, der nicht meinen Rat gesucht hätte.«
    Einen Moment lang empfand Salea seine Worte als überhebliche Anmaßung. Wer war er, daß er sie so zu durchschauen glaubte. Aber dann erinnerte sie sich daran, weshalb sie gekommen war. Und gab ihm recht.
    »Ich brauche tatsächlich deine Hilfe«, sagte sie. »Du weißt selbst, was aus Al'Thera geworden ist .«
    »In dieser Hinsicht werde ich Euch kaum helfen können. Die Übermacht derer, die Ihr selbst gerufen habt, ist zu gewaltig, die Magie, die sie praktizieren, zu fremdartig. Dunkel sind ihre Pläne. Selbst ich vermag ihre wahren Absichten nicht

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