Der suendige Engel
mußte allzu deutlich auf ihren Zügen gestanden haben. »Es ist nicht, wie Ihr denkt!«
Salea beherrschte sich mühsam.
»Was also hast du vor, Verräter?« grollte sie.
Der Magier vollführte eine Handbewegung, welche die Schale, in der er den Trunk angerichtet hatte, mit feinem Nebel füllte. Er ließ seine Rechte über dem Gefäß kreisen, und im nächsten Moment verdichtete sich der Dunst zu einer Art ... magischer Projektion. Fasziniert trat Salea näher an die Schale heran.
Eine junge Frau war darin zu sehen, in ihrer Schönheit Salea ebenbürtig. In gewisser Hinsicht war sie ihr perfektes schwarzhaariges Gegenstück. Die seidig schimmernden Haare reichten ihr lang den Rücken hinab. Ihre bleichen Gesichtszüge mit den faszinierenden grünen Augen verliehen ihr eine geheimnisvolle Ausstrahlung. Ihr Körper wurde von einer seltsam anmutenden Kleidung umhüllt: einem schwarzen, hautengen Kostüm, das sich ihren Formen perfekt anpaßte und in ebenfalls schwarze Stiefel überging, als wäre es aus einem Stück gefertigt.
Die Frau stand vor den Resten eines brennenden Gebäudes, dessen ehemalige Form sich nicht einmal mehr erahnen ließ.
»Warum zeigst du mir dieses Bild?« fragte Salea.
»Weil sie unser aller Schicksal sein wird«, entgegnete Kamabar. »Ihr Name ist Lilith Eden. Sie ist ein Geschöpf unserer alten Welt; ein Kind beider Rassen, einer Vampirin und eines Menschen.«
»Dann . hat ihre Mutter sich geopfert, um sie zu gebären?« fragte Salea fasziniert. »Bemerkenswert . Aber wie kann sie uns helfen?«
»Sie ist die vom Schöpfer bestimmte Feindin unseres Geschlechts«, fuhr Kamabar fort. »Ihre Aufgabe ist es, uns zu töten, wo immer sie auf uns trifft, bis irgendwann auch der letzten Vampir vernichtet ist.«
»Ich verstehe ...« Salea schwieg für einen Moment und dachte nach. »Also hast du mich doch hintergangen, alter Mann! Du willst den Tod aller, die noch in der Stadt sind.«
»Ihr gehört dazu«, entgegnete Kamabar. »Und so wird sie auch Eure Erlösung sein.«
»Aber wenn sie in der alten Welt lebt, wie soll sie hierher gelangen? Al'Thera liegt zwischen den Dimensionen. Das Nichts, das die Mauern umgibt, verhindert, daß jemand hinausgelangt .«
»Aber vielleicht herein«, sagte Kamabar. »Auch Rank'Nor und seine geflügelten Schergen sind schließlich hierhergelangt.« Er griff nach Saleas Hand. Sie war überrascht, ließ ihn aber gewähren. Er zog ihr einen goldenen Ring vom Finger.
»Was hast du vor?«
»Vielleicht gibt es einen Weg, Lilith Edens Aufmerksamkeit zu wecken. Überlaßt mir den Ring für ein paar Stunden . Und dann kommt wieder. Vielleicht weiß ich dann einen Weg.«
*
Lilith Eden! Salea mußte immer wieder an die Frau denken. Das Bild, das der Magier geschaffen hatte, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Dieses Wesen, halb Mensch, halb ihrer eigenen Rasse zugehörig, würde sie erlösen können!
Salea trug wieder ihren Ring. Äußerlich hatte er sich nicht verändert, aber Kamabar hatte ihr versichert, daß nun Magie in ihm wirk-te. Zugleich hatte er ihr genau erklärt, was sie als nächstes tun sollte.
Salea streifte durch die Gänge ihres Palastes und hielt nach einem geeigneten Opfer Ausschau. Die Kreaturen, die in Al'Thera eingefallen waren, fühlten sich längst auch in ihrem Palast heimisch. Bislang allerdings war ihnen Salea möglichst aus dem Weg gegangen.
Die gierigen Blicke der Kreaturen machten - wie immer - auch vor ihr nicht halt. Wahrscheinlich war es nur Rank'Nor zu verdanken, daß sie sich nicht auf sie gestürzt hatten. Aber Salea ahnte, daß dies vielleicht nur eine Frage der Zeit sein würde.
Endlich hatte sie ihr Opfer erspäht. Es war einer der Geflügelten, eine gut zwei Meter große Kreatur, die sich eben in eines der zahllosen Ruhezimmer zurückzog, um es sich auf einem weichen Lager bequem zu machen. Salea betrat das Zimmer gleich hinter ihm und schloß die Tür.
Erstaunt sah das Scheusal sie an und ließ seine rauhe Zunge über die Lippen gleiten. Sein Schwanz zuckte erregt. Er schien sich zu fragen, weshalb diese Schönheit seine Nähe suchte.
Salea ließ ihn nicht lange im Unklaren darüber. Verführerisch blickte sie ihn an und strich aufreizend über ihren Schoß.
»Kannst du mir zu Diensten sein?« fragte sie mit Wollust in der Stimme. »Rank'Nor hat keine Zeit für mich, aber ich sehne mich nach den Berührungen eines starken Liebhabers.«
Der Kehle des Monstrums entrang sich ein rauher Ton, formte Worte, die Salea nicht
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