Der süße Hauch von Gefahr
zurück. Sie hatte gesagt, sie wollte ihn heiraten, und er würde nicht zulassen, dass sie einen Rückzieher machte. Er würde darauf bestehen, und auch wenn er klar erkennen konnte, dass ihm mit seiner zögernden zukünftigen Verlobten noch einiges an Ärger ins Haus stand, war er zuversichtlich, dass ihre Verlobung in den nächsten vierzehn Tagen bekannt gegeben werden konnte.
Ormsby bereitete ihm mehr Kopfzerbrechen. Obwohl er sich sagte, dass Juliana und ihre Familie mit ihm fertig werden würden, konnte er sich nicht ganz von der Sorge befreien, dass der Marquis ihnen etwas antun könnte. Am liebsten hätte er etwas unternommen, um das auszuschließen, aber sein Instinkt warnte ihn, dass es klüger wäre, zu warten, bis er eine bessere Vorstellung von der Gesamtlage gewonnen hatte. Sich bei der Beschaffung der Briefe nützlich zu machen war wichtig gewesen, aber nicht so wichtig für ihn, wie Juliana und ihre Familie vor dem Zorn des Marquis’ in Sicherheit zu wissen. Wenn nötig würde er einschreiten – ob es Juliana nun gefiel oder nicht. Aber für den Augenblick war er bereit, die Sache in ihren Händen zu lassen.
Nachdenklich betrachtete er seine Stiefelspitzen. Die zwei verräterischen Briefe lagen mit den anderen in dem Versteck unter dem Boden in seinem Schlafzimmer; wie genau sein nächster Schritt aussehen sollte, darüber war er sich noch nicht ganz im Klaren. Nachdem Juliana Thalias Briefe in Empfang genommen hatte, hatte er es zuerst für am besten gehalten, nach Hause zu reiten, die Briefe zu holen, und dann sofort nach London weiterzureiten; jetzt aber fragte er sich, ob das klug war. Die beiden Briefe enthielten nichts, bei dem Zeit eine Rolle spielte. Sie verrieten nur unmissverständlich, dass zwei Herren in herausgehobener Vertrauensstellung Britanniens Interessen nicht am Herzen lagen. Roxbury musste davon erfahren, dass Verräter bislang unentdeckt direkt unter seiner Nase lebten. Asher runzelte die Stirn. Wäre es ein Fehler, seine Abreise nach London um einen Tag zu verschieben?
Es war schwer zu sagen, wie rasch Ormsby erfahren würde, dass die Briefe – alle Briefe – aus seinem Tresor gestohlen worden waren. Und sobald der Marquis den Diebstahl bemerkt hatte, würde er sich auf die Suche nach dem Schuldigen machen. Da keiner der Briefe irgendetwas mit ihm zu tun hatte, war Asher nicht wirklich in Sorge, dass Ormsbys Verdacht auf ihn fallen würde, obwohl es allerdings auch nicht auszuschließen war angesichts des bösen Bluts zwischen ihnen. Wenn seine Verlobung mit Juliana erst einmal bekannt gegeben worden war, würde Ormsby ihn schärfer unter die Lupe nehmen, aber bis dahin hatten die Briefe wieder ihren Weg zu ihren rechtmäßigen Eigentümern gefunden. Dann konnte Ormsby ihn so viel verdächtigen, wie er wollte.
Was er allerdings tunlichst vermeiden wollte, war, unnötig Ormsbys Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und er befürchtete, dass eine plötzliche Reise nach London so bald nach dem Diebstahl dazu taugen würde. Und es gab noch einen weiteren, wichtigeren Grund, weswegen er zögerte. Er bezweifelte, dass Juliana und ihre Familie viel Zeit verstreichen lassen würden, ehe sie Ormsby von den neuen Umständen und der Leere seiner Drohungen unterrichteten.
Mit einem halben Lächeln dachte er daran, dass Ormsby eine unschöne Überraschung bevorstand, noch ehe der Tag viel älter sein würde. Er sagte sich zwar, er wolle sich nicht einmischen, aber er wollte auch verdammt sein, wenn er in London sein wollte, während Juliana und ihre Familie verletzlich waren und Ormsby herausfand, dass ihm die Zähne gezogen worden waren. Schlangen waren hinterhältig, und mit ihnen zu spielen war gefährlich, rief er sich ins Gedächtnis. Asher hegte keine Zweifel an seiner Fähigkeit, den giftigen und möglicherweise sogar tödlichen Biss zu vermeiden, aber er war nicht überzeugt, dass Juliana dieselbe Gabe besaß.
Er starrte auf die liebliche Aussicht – die Bäume, die wie grüne Tupfer in der hügeligen Landschaft standen – und wusste, dass er eigentlich keine Wahl hatte. Er würde bis morgen warten, ehe er nach London fuhr, weil er Juliana auf keinen Fall Ormsbys Gnade ausliefern wollte.
12
J uliana stürmte empört aus der Bibliothek und rannte die Treppe hoch in ihr Schlafzimmer. Als sie dort ankam, verschwendete sie kostbare Minuten darauf, auf und ab zu laufen und sich dabei aufzuzählen, weshalb sie Asher Cordell für den gröbsten, widerlichsten und auf jeden Fall
Weitere Kostenlose Bücher