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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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können mich mal.«
    »Die wollen Sie zum Tod Ihrer Mutter und Ihres Stiefvaters befragen.«
    »Ach ja? Können mich mal.«
    »Ich soll Sie bitten, mit ihnen zu reden.«
    Er lachte. »Ach so, das ist natürlich was anderes. Wie gesagt, die können mich mal.«
    Mit einem Satz sprang Sullivan auf und sah sich einen Moment um, bevor er an die Stangen trat, zwei davon mit den Händen umfasste und das Gesicht dagegendrückte.
    »He!«, rief er laut. »Wie spät ist es eigentlich? Ich will wissen, wie spät es ist. Hallo, antwortet mir vielleicht mal jemand?«
    »Es ist noch Zeit«, sagte Cowart langsam.
    Sullivan trat zurück und starrte ihn wütend an. »Sicher, sicher.«
    Der Mann schauderte, schloss die Augen und holte tief Luft. »Wussten Sie, Cowart, dass man auf einmal spürt, wie sich sämtliche Muskeln in der Herzgegend mit jeder Sekunde enger zusammenziehen?«
    »Sie können immer noch einen Anwalt herbestellen.«
    »Die können mich mal. Man muss das Blatt spielen, das man bekommen hat.«
    »Dann werden Sie also nicht …«
    »Nein. Damit eines klar ist: Ich bin vielleicht ein bisschen nervös und hab ein bisschen Schiss. Aber mit dem Sterben kenne ich mich aus, oh ja, Sir, darin bin ich Experte.«
    Blair Sullivan lief unruhig in der Zelle auf und ab, dann setzte er sich schließlich auf die Kante der Liege und beugte sich vor. Von einem Moment zum anderen schien er zu entspannen. Er lächelte verschwörerisch und rieb sich aufgeregt die Hände.
    »Erzählen Sie mir von Ihren Interviews«, sagte er lachend. »Ich möchte alles wissen.« Sullivan deutete auf den Fernsehapparat. »Die verdammten Nachrichten und Zeitungen bringen keine Einzelheiten, die labern nur einen Haufen Mist. Ich will es von Ihnen hören.«
    Cowart wurde eiskalt. »Einzelheiten?«
    »Ganz recht. Lassen Sie nichts aus, schildern Sie es so, dass ich mir alles genau vorstellen kann. Sie sind doch sonst so geschickt mit Worten.«
    Cowart holte tief Luft, während ihm der Gedanke kam: Ich bin genauso verrückt wie der Kerl, doch er tat ihm den Gefallen. »Sie waren in der Küche. Sie waren gefesselt …«
    »Gut, gut. Richtig fest, an allen vieren oder wie?«
    »Nein, nur die Arme nach hinten gezogen, so …« Er machte es vor.
    Sullivan nickte. »Gut. Reden Sie weiter.«
    »Die Kehlen durchgeschnitten.«
    Sullivan nickte wieder.
    »Es war alles voller Blut. Ihre Mutter war nackt. Ihre Köpfe waren so nach hinten gesackt …«
    »Erzählen Sie weiter. Vergewaltigt?«
    »Kann ich nicht sagen. Es wimmelte von Fliegen.«
    »Das gefällt mir. Die haben gesurrt, richtig laut?«
    »Ja.«
    Sowie ihm die Worte über die Lippen kamen, hatte Cowart eine Art Echoeffekt. Ein anderer Teil von ihm, den er bis dahin nicht gekannt hatte, schien Regie zu führen.
    »Sind sie qualvoll gestorben?«, fragte der Todeskandidat.
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Kommen Sie schon. Sah es so aus, als hätten sie eine Zeitlang den Tod vor Augen gehabt?«
    »Ja. Sie waren an ihre Stühle gefesselt. Sie müssen sich bis zu dem Moment, in dem sie getötet wurden, angesehen haben. Einer hat zugeschaut, wie der andere starb, nehme ich an, es sei denn, es wäre mehr als ein Täter gewesen.«
    »Nein, nur einer«, sagte Sullivan ruhig. Er rieb sich die Arme. »Sie saßen auf den Stühlen?«
    »Ja. Gefesselt.«
    »So wie ich.«
    »Wie bitte?«
    »Auf einem Stuhl festgebunden und dann hingerichtet.« Er lachte.
    »Es lag eine Bibel auf dem Tisch.«
    »… aber andere haben keinen Ruhm und sind umgekommen, als wären sie nie gewesen.«
    »Richtig.«
    »Perfekt. Genau wie geplant.«
    Sullivan stand plötzlich auf, schlang die Arme um den Oberkörper, als könnte er so den Aufruhr an Gefühlen eindämmen. An seinen Armen traten die Muskeln hervor, auf seiner Stirn pulsierte eine Ader. Sein bleiches Gesicht wurde plötzlich rot. Er stieß einen gewaltigen Seufzer aus.
    »Ich sehe es vor mir«, sagte der Todeskandidat. »Ich hab’s genau vor Augen.«
    Sullivan hob die Arme und streckte sich. Dann ließ er sie ebenso plötzlich fallen.
    »Gut!«, sagte er. »Es ist getan.« Wie ein Wettläufer auf den letzten Metern keuchte er eine Weile, dann starrte er auf seine Hände, während er sie langsam zu Fäusten ballte, so dass die Drachen an seinen Unterarmen lebendig wurden. Er lachte in sich hinein und wandte sich wieder Cowart zu. »Und jetzt kommen wir zu dem kleinen Extra, das, wofür sich das Ganze hier überhaupt lohnt.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    Sullivan schüttelte den Kopf.

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