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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Packung hin. Während sie danach griff, murmelte sie: »Ich versuche, mir das Rauchen abzugewöhnen.«
    Brown beugte sich vor und gab ihr Feuer. »Und jetzt, Missus Collins, erzählen Sie mir in aller Ruhe, was passiert ist, als Buck von der Spätschicht kam.«
    Draußen war ein leiser Knall zu hören, und durch die Fenster drang für einen Moment blendendes Licht. Verdammt, dachte er, als er die erschrockenen Augen der Frau sah.
    »Das ist nur ein Polizeifotograf, Ma’am. Ein Glas Wasser?«
    »Ich könnte was Stärkeres vertragen«, antwortete sie, hob mit zitternden Fingern die Zigarette an die Lippen und nahm einen tiefen Zug, der in einem Hustenanfall endete.
    »Ein Glas Wasser, Fred.« Kaum brachte der Mitarbeiter das Getränk, hörte Brown Stimmen. Er sprang auf. »Ma’am, bitte versuchen Sie, sich zu beruhigen. Bin gleich wieder da.«
    »Sie gehen bestimmt nicht weg?« Sie schien in Panik.
    »Nein, ich muss nur kurz nachsehen, wie die Arbeiten draußen vorangehen, bleiben Sie so lange hier.«
    Beim Anblick der Frau, die wie ein gehetztes Tier wild um sich blickte und jeden Moment erneut zusammenzubrechen drohte, wünschte er sich, Wilcox wäre da. Sein Partner hätte instinktiv gewusst, wie er Mrs. Collins beruhigen konnte. Bruce hatte ein Händchen für die Menschen am Rande der Gesellschaft, für die Ausgegrenzten, um die Tag für Tag ihre Arbeit kreiste, besonders die weißen. Wohnwagensiedlungen waren seine Welt, er hatte selbst genügend Schläge eingesteckt, kannte den faden Geschmack enttäuschter Hoffnungen. Wilcox konnte einer Frau wie dieser gegenübersitzen und sie binnen Sekunden dazu bringen, die ganze Geschichte auszuspucken. Tanny Brown fühlte sich unbehaglich, er passte nicht hierher, fühlte sich nicht wohl inmitten der silbernen Wohnwagen, die mit ihrer Stromlinienform an Patronen erinnerten.
    Er kletterte aus dem Caravan und warf einen Blick auf den Polizeifotografen, der immer wieder den Winkel wechselte, um die dunkle Gestalt abzulichten, die auf dem spärlichen Gras und der verkrusteten Erde vor dem Wohnwagen lag. Mehrere andere Beamten vermaßen den Tatort. Andere Polizisten hielten die Nachbarn, die neugierig die Hälse reckten, um einen Blick auf den toten Ehemann der Frau zu werfen, in Schach. Brown ging hinüber und starrte dem Mann am Boden ins Gesicht. Es glich einer grotesken Maske; mit ungläubigem Staunen richtete sich sein toter Blick in den nächtlichen Himmel. In seinem Oberkörper klaffte ein riesiges rotes Loch. Das Blut hatte um seinen Kopf und seine Schultern einen Glorienschein gebildet. Die Druckwelle der tödlichen Schüsse hatte eine halb leere Flasche Scotch und eine billige Pistole ein Stück weggeschleudert. Einige Männer von der Spurensicherung lachten.
    »Was ist so komisch?«, fragte Brown.
    »Blitzscheidung«, antwortete einer von ihnen, während er sich bückte und die Scotchflasche in einen Beweisbeutel steckte. »Da können nicht mal Tijuana oder Vegas mithalten.«
    »Der olle Buck hier hat sich offenbar eingebildet, er könnte seine Herzensdame verdreschen, egal, ob verheiratet oder nicht. Da lag er wohl falsch«, flüsterte ein anderer Techniker, und alle prusteten unwillkürlich los.
    »Hört zu, Jungs«, sagte Brown brüsk, »behaltet eure Meinung so lange für euch, bis wir den Tatort räumen.«
    »Sicher«, sagte der Fotograf, während er weiterknipste. »Wollen doch Bucks Gefühle nicht verletzen.«
    Brown konnte sich selbst ein Grinsen nur mühsam verkneifen, was den anderen Polizisten nicht entging. Mit einer energischen Handbewegung demonstrierte er seine gespielte Entrüstung und sorgte bei den Männern, die an der Leiche und am Tatort ihre Arbeit zu Ende führten, noch einmal für Erheiterung. Er hatte schon reichlich Tote gesehen: Autounfälle, Mordopfer, gefallene Soldaten, Opfer von Jagdunfällen oder auch von Herzinfarkten.
    Tanny Brown hatte plötzlich seine alte Großmutter wieder vor Augen, wie sie in einem offenen Sarg aufgebahrt lag, ihre dünne, dunkle Haut spröde und zerknittert, die Hände über der Brust zum Gebet gefaltet. Die Kirche erschien in seiner Erinnerung wie eine riesige Höhle, in der alle weinten. Er wusste noch genau, wie ihm der frisch gestärkte Kragen seines neuen und einzigen Anzughemds die Kehle abschnürte. Er war damals gerade mal sechs gewesen, und am deutlichsten spürte er noch die schwere Hand seines Vaters auf der Schulter, die ihn auf seinem Weg am Sarg vorbei führte und beruhigte. Und dann im

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