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Der Symmetrielehrer

Der Symmetrielehrer

Titel: Der Symmetrielehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Bitow
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ihn? Doch letzteres war unsinnig. Joy war die Liebe selbst, Liebe nicht erwidern konnte sie nicht, er hingegen … Auch auf diesen Verdacht, die eigene Gefühllosigkeit, hatte ihn wiederum der Umgang mit Gummi gebracht. Ja, ungleicher Umgang ist kriminell … Mit diesem Gedanken (einem Gefühl beinahe) ging er an den nächsten Brief für Joy. »Ungleichheit hat«, schrieb er, »außer dem Bedauern, das sie weckt, unter sich auch die Natur. Wie der Sieg des demokratischen Ideals aussehen würde, wenn die von ihm besiegte Natur sich auflehnte, wissen wir nicht …« Nach einem Gespräch mit Gummi fand er die seelische Kraft in sich, der Braut zu schreiben, wobei er die Darlegung intimster Gedanken für einen ausreichenden Beweis seiner Leidenschaft hielt.
    Einen weiteren Aspekt der Wechselbeziehungen zwischen Doktor und Gummi haben wir zum Teil schon berührt. Aus jedem dieser »Idiotengespräche« trug der Doktor einen neuen Gedanken davon, der ihn energisch an die Arbeit rief. Gummi wurde nicht mehr gebraucht und nervte. Er musste weg aus dem Bewusstseinsfeld, irgendwohin. Davin schickte ihn unter einem beliebigen Vorwand fort und nahm solide am Schreibtisch Platz, drängte es ihn doch, den taufrischen Gedanken so
gleich zu apportieren, die Feder rasch warmlaufen zu lassen. Selbstverständlich konnte er nicht meinen, das funkelnde Ideelein sei ihm von Gummi mitgeteilt worden. Doch dessen eindeutige Rolle als Katalysator konnte Davin nicht mehr übersehen.
    Gummi wiederum nutzte jeden beliebigen Anlass, um auf Joy einen Blick zu werfen.
    Er kam herein und vergaß den Anlass, erstarb unter der Tür, den Mund aufgesperrt und die Augen starr auf das Porträt gerichtet.
    »Ah, Gummi …«, murmelte Davin, abkühlende Herzlichkeit in der Stimme. »Was hast du da?«
    Gummi hielt ihm ein Steinchen mit Loch hin oder eine beringte Vogelklaue oder einen verblichenen Schmetterling.
    »So, so … Interessant«, zischte der Doktor durch die Zähne. »Behalte es bei dir.«
    Hätte der Doktor gewusst, dass es weder ein solches Steinchen in dieser Entfernung vom Meer noch eine auf der anderen Erdhälfte beringte Klaue, noch diesen nur in Südafrika vorkommenden Schmetterling in ihrem Bundesstaat geben konnte …
    »Aber ich bin doch kein Ornithologe, kein Entomologe!« entrüstete er sich verhalten. »Geh, ich muss mich konzentrieren.«
    Gummi jedoch schaute immer noch auf das Porträt …
    »Könntest mir was vom Mond mitbringen«, spöttelte Davin daraufhin.
    Gummi war jedesmal wieder genauso tief betrübt, dass der Doktor einfach nicht an seinen Mond glaubte. Er wechselte letzte mitfühlende Blicke mit Joy, dann zog er hängenden Kopfes von dannen.
    Aber nach einiger Zeit hatte sein Enthusiasmus sich erholt.
    »Na, was hast du noch gefunden?«
    »Nichts … Ich wollte nur fragen.«
    »Na?«
    Selbstvergessen schaute Gummi auf Joy.
    »Frag doch!«
    »Was soll ich fragen?«
    »Na, du wolltest mich doch etwas fragen?«
    »Ich?«
    »Na ja, du. Wer denn sonst?« Gummi drehte sich um. Da war sonst niemand. »Entweder du gehst und störst mich nicht bei der Arbeit. Oder du stellst schnell deine Frage und gehst ebenfalls.«
    Gummi warf einen flehentlichen Blick auf Joy. Und ihm kam eine Erleuchtung. Er legte den Zeigefinger auf den Daumen, hielt dem Doktor diesen Kreis hin und platzte freudig heraus:
    »… – Zahl oder Buchstabe?«
    Man muss sagen, dass er recht hatte: dieser Satz ist unaussprechbar. Denn O, wenn es eine Null ist, und O, wenn es ein Buchstabe ist, sind natürlich verschiedene Dinge, und der Satz »O – Zahl oder Buchstabe?« lässt sich leicht lesen, aber keinesfalls richtig aussprechen. Dieser Satz enthält ein Bildchen wie im Abc-Buch.
    Der Doktor war perplex und begriff nicht gleich. Darauf malte Gummi mit dem Finger ein O in die Luft und wiederholte:
    »… – Zahl oder Buchstabe?«
    Jetzt kam auch Davin die Erleuchtung. Sein Gelächter steigerte sich bis zum hysterischen Anfall und spritzte noch lange in kleinen Schluchzern hoch.
    »Du willst sagen …« Seine Lippen rundeten sich schon zum O, doch er stockte, da er sich endgültig der sich abzeichnenden unlösbaren Schwierigkeit bewusst wurde; ihn beutelte neues Gelächter, und ohne dass er O in der einen oder anderen Bedeutung ausgesprochen hätte, schon unterm Aufschluchzen und Glucksen eines neuen Lachanfalls, atmete er rund aus und wiederholte: »… – Zahl oder Buchstabe?«
    Und während es ihn erneut würgte und zerriss, war Gummi

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