Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
die hier übliche Uniform aus weißem Hemd und dunklem Anzug.
    Was hatte das zu bedeuten? Er rang sich ein möglichst zwangloses Lächeln ab und winkte die beiden herein.
    »Ron, ich möchte Sie mit meinem Chef bekannt machen, Sam Brockton.«
    Sie gaben einander die Hand. Brockton musterte Pulaski sorgfältig und lächelte gequält. »Also Sie waren das, der mir im Watergate Hotel in D.C. die Zimmermädchen auf den Hals geschickt hat?«
    »Leider, ja.«
    »Wenigstens bin ich nicht mehr verdächtig«, sagte Brockton. »Falls wir von der Richtlinienabteilung noch etwas für Sie tun können, lassen Sie es Mark wissen. Er hat mich über Ihren Fall in Kenntnis gesetzt.«
    »Danke, sehr freundlich.«
    »Viel Glück.« Brockton ließ Whitcomb allein, der Pulaski einen Kaffee anbot. »Für mich? Danke.« »Wie läuft's?«, fragte Whitcomb. »Es geht.«
    Der SSD-Mann lachte und strich sich das blonde Haar aus der Stirn. »Ihr von der Polizei seid genauso ausweichend wie wir.«
    »Mag sein. Aber ich muss sagen, es sind alle sehr hilfsbereit gewesen.«
    »Gut. Sind Sie fertig?«
    181
    »Ich warte nur noch auf etwas von Mr. Sterling.«
    Er schüttete sich Zucker in den Kaffee und rührte vor lauter Nervosität viel zu lange um, bis es ihm endlich auffiel.
    Whitcomb hob seine Tasse, als wolle er Pulaski zuprosten. Er schaute hinaus in den klaren Tag, den blauen Himmel, auf die leuchtend grüne und braune Stadt. »Mit diesen kleinen Fenstern habe ich mich noch nie anfreunden können. Da ist man mitten in New York und hat keinen Ausblick.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen. Hat es einen besonderen Grund?«
    »Andrew hat Sicherheitsbedenken. Er fürchtet, jemand könne von draußen Fotos schießen.« »Wirklich?«
    »Das ist gar nicht so weit hergeholt«, sagte Whitcomb. »In der Datensammelbranche gibt es viel Geld zu verdienen. Gewaltige Summen.«
    »Das kann ich mir denken.« Pulaski fragte sich, was für Geheimnisse jemand aus vier oder fünf Blocks Entfernung hinter einem Fenster überhaupt noch erkennen konnte -
    denn so weit stand das nächstgelegene Bürogebäude entfernt, das hoch genug gewesen wäre.
    »Wohnen Sie in der Stadt?«, fragte Whitcomb. »Ja, in Queens.«
    »Ich wohne mittlerweile auf Long Island, aber aufgewachsen bin ich in Astoria. In der Nähe des Ditmars Boulevard. Beim Bahnhof.«
    »He, ich wohne bloß drei Blocks von dort entfernt.« »Ehrlich? Besuchen Sie St. Tim's?«
    »St. Agnes. Ich war ein paarmal in St. Tim's, aber Jenny haben die Gottesdienste nicht gefallen. Man bekommt dort jedes Mal eine Moralpredigt gehalten.«
    Whitcomb lachte. »Pater Albright.«

    »Ooooh ja, genau der.«
    »Mein Bruder ist Polizist in Philadelphia. Er hat gesagt, wenn man einen Mörder zum Reden bringen will, muss man ihn bloß mit Pater Albright in ein Zimmer sperren. Fünf Minuten und er gesteht alles.«
    182
    »Ihr Bruder ist ein Cop?«, fragte Pulaski lachend.
    »Bei der Drogenfahndung.«
    »Detective?«
    »Ja.«
    »Mein Bruder ist Streifenbeamter«, sagte Pulaski. »Beim Sechsten Revier, unten im Village.«
    »Wie witzig. Unsere beiden Brüder.. Sind Sie gemeinsam zur Polizei gegangen?«
    »Ja, wir haben praktisch alles gemeinsam gemacht. Wir sind Zwil inge.«
    »Interessant. Mein Bruder ist drei Jahre älter als ich. Aber er ist deutlich kräftiger. Ich könnte vielleicht den sportlichen Eingangstest schaffen, aber ich würde mir nicht zutrauen, einen Straßenräuber anzuspringen.«
    »Das kommt nicht besonders oft vor. Meistens reden wir den bösen Jungs nur ins Gewissen. Vermutlich so ähnlich wie Ihre Arbeit in der Richtlinienabteilung.«
    Whitcomb lachte. »Ja, stimmt so ziemlich.«
    »Ich schätze, dass...«
    »He, wen haben wir denn da? Sergeant Friday.«
    Pulaskis Magen verkrampfte sich wieder. Er hob den Kopf und erblickte den aalglatten, gut aussehenden Sean Cassel und seinen Kumpel, den bemüht auf hip getrimmten Leiter Wayne Gillespie, der das Stichwort sofort aufgriff: »Könnten wir wieder zurück auf die Fakten kommen, Ma'am? Nur die Fakten.« Er salutierte.
    Da Pulaski mit Whitcomb gerade erst über die Kirche gesprochen hatte, fühlte er sich in diesem Moment wieder an die katholische Highschool zurückversetzt, auf der er und sein Bruder sich ständig mit den Jungen aus Forest Hills herumgeärgert hatten.
    Reicher, besser gekleidet, gewitzter. Und stets mit einem gehässigen Spruch auf den Lippen (»He, da sind die Mutantenbrüder!«). Ein Albtraum. Pulaski fragte sich manchmal, ob er nur

Weitere Kostenlose Bücher