Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
gelegen und ständig gedacht, falls Art nicht meine Bewerbung verändert
    239
    hätte, wäre ich am MIT angenommen worden und womöglich in Boston geblieben, entweder an der Universität oder bei der Polizei. Unter Umständen hätte es mich früher oder später auch nach New York verschlagen, aber ich wäre an jenem Tag vermutlich nicht an dem Tatort auf der U-Bahn-Baustelle gewesen und. .« Seine Stimme erstarb.
    »Der Schmetterlingseffekt«, sagte sie. »Eine Kleinigkeit in der Vergangenheit hat große Auswirkungen auf die Zukunft.«
    Rhyme nickte. Und er wusste, dass Sachs mit Mitgefühl und Verständnis reagieren und ihn nicht mit der Frage konfrontieren würde, was ihm lieber wäre: gehen und ein normales Leben führen zu können - oder ein Krüppel und deswegen eventuell ein weitaus besserer Kriminalist zu sein. . und natürlich ihr Lebensgefährte.
    So ein Mensch war Amelia Sachs.
    Er lächelte matt. »Aber weißt du was, Sachs. .«
    »Arthur hatte nicht ganz unrecht mit dem, was er gesagt hat?«
    »O ja. Mein Vater schien mich nie zur Kenntnis zu nehmen. Jedenfalls hat er mich nie so gefordert wie mein Onkel. Ich bin mir tatsächlich wie Onkel Henrys anderer Sohn vorgekommen. Und es hat mir gefallen.« Ihm war klar geworden, dass er unter-bewusst vielleicht wirklich versucht hatte, dem ausgelassenen, lebensfrohen Henry Rhyme nachzueifern. Ihm fielen auf Anhieb ein Dutzend Gelegenheiten ein, bei denen er sich für die Schüchternheit seines Vaters geschämt hatte.
    »Aber das ist keine Entschuldigung für das, was Arthur gemacht hat«, sagte sie.
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Dennoch«, sagte sie.
    »Willst du behaupten, es sei alles schon so lange her, man solle die Vergangenheit ruhen lassen, und was geschehen sei, ließe sich sowieso nicht mehr ändern?«
    »So was in der Richtung«, sagte sie lächelnd. »Judy hat erzählt, er habe nach dir gefragt. Er reicht dir die Hand. Verzeih ihm.«
    Ihr wart wie Brüder..
    Rhymes Blick wanderte über seinen reglosen, gelähmten Körper. Dann wieder zu Sachs. »Ich werde seine Unschuld beweisen«,
    239
    sagte er leise. »Ich hole ihn aus dem Gefängnis. Ich gebe ihm sein Leben zurück.«
    »Das ist nicht dasselbe, Rhyme.«
    »Vielleicht nicht. Aber mehr ist nicht drin.«

    Sachs wollte noch etwas sagen und womöglich weitere Argumente anführen, aber Arthur Rhyme und sein Verrat wichen in den Hintergrund zurück, weil in diesem Moment das Telefon klingelte und auf dem Computermonitor Lon Sellittos Nummer angezeigt wurde.
    »Kommando, Telefon, Abheben.. Lon. Was gibt's Neues?« »Hallo, Line. Ich wollte dir nur mitteilen, dass unser Computerexperte unterwegs ist.«
    Der Kerl kommt mir irgendwie bekannt vor, dachte der livrierte Portier an der Tür des Water Street Hotels - der Mann, der ihm gerade so freundlich zunickte. Er nickte zurück.
    Der Typ hatte sein Telefon am Ohr und blieb draußen stehen, sodass die Passanten ihm ausweichen mussten. Er sprach offenbar mit seiner Frau, folgerte der Portier.
    Dann änderte sich sein Tonfall. »Patty, mein Schatz.. « Eine Tochter. Es folgten ein paar Sätze über ein Fußballspiel, und dann war wieder seine Frau am Apparat. Seine Stimme klang bei ihr erwachsener, aber immer noch verliebt.
    Der Fremde fiel in eine bestimmte Kategorie, wusste der Portier. Seit fünfzehn Jahren verheiratet. Treu, freute sich auf zu Hause -und würde eine Tüte voller kleiner, aber von Herzen kommender Geschenke mitbringen. Nicht wie manch anderer Gast - der Geschäftsmann, der mit einem Ehering am Finger hier eintraf und ohne den Ring zum Abendessen ging. Oder die angeheiterte Geschäftsfrau, die mit einem gut aussehenden Kollegen im Aufzug verschwand (Leute wie die beiden legten nie ihre Ringe ab; das war gar nicht nötig).
    Was ein Portier eben so weiß. Ich könnte ein Buch darüber schreiben.
    Aber die Frage nagte weiter an ihm: Wieso kommt dieser Kerl mir so bekannt vor?
    240
    Und dann lachte der Mann auf und sagte zu seiner Frau: »Du hast mich gesehen? Mom auch? Es lief bei euch in den Nachrichten?«
    Ihn gesehen. Ein Fernsehstar? Moment, Moment. Gleich hab ich's. .
    Ah, jetzt weiß ich wieder. Gestern in den Spätnachrichten. Na klar - dieser Typ war irgendein Professor oder Doktor. Sloane. . oder Soames. Ein Computerexperte von irgendeiner tollen Universität. Ron Scott, der stellvertretende Bürgermeister oder so, hatte was über ihn erzählt. Der Professor half der Polizei bei der Untersuchung der Vergewaltigung und des Mordes vom

Weitere Kostenlose Bücher