Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)
rief seinen Namen, und er drehte sich um. Dann ging alles ganz schnell. Er sah hoch, stolperte, während William sich auf ihn warf und ihn mit sich zu Boden riss.
Noch bevor sie aufkamen, war das Gewitter der Schüsse zu hören. Dann spürte er, wie ihm feuchtes, warmes Blut ins Gesicht spritzte.
Als er die Augen öffnete, sah er nur noch, wie William ihn anstarrte.
Der Heckenschütze war verschwunden und die nachfolgende Stille brachte die Luft zum Vibrieren.
Ganz vorsichtig rollte er William von sich herunter, legte ihn rücklings auf den Boden, stützte seinen Kopf ab und lauschte seiner heiseren Stimme. William bat ihn, das Foto aus seiner Tasche zu holen, sich den Namen und die Adresse seiner Frau aufzuschreiben. Dann sagte er ihm, wo er die Briefe finden würde, die im Camp für Lisa bereitlagen. Er möge sie aufsuchen und sie ihr aushändigen.
Kurz darauf tat er seinen letzten Atemzug.
Alex setzte sich auf. Seine eigenen Gedanken hatten ihn ausgelaugt. Er vergrub sein Gesicht in den Händen.
Warum war die ganze Situation so außer Kontrolle geraten? Dabei konnte er doch einfach aufstehen und gehen, wenn er das wollte. Losfahren und nie mehr zurückblicken.
Aber konnte er das wirklich? Konnte er Lisa und Lilly jetzt einfach so den Rücken zuwenden?
Er wusste die Antwort darauf. Obwohl er die beiden erst so kurz kannte, war da ein Band zwischen ihnen. Obwohl sie nie miteinander sprachen, verstand er sich prächtig mit Lilly.
Davor war er oft unsicher gewesen, wie er sich Kindern gegenüber verhalten sollte. Aber von Verlust und Kummer verstand er so einiges. Vor allem, wenn es um den Verlust eines Elternteils ging. Oder, wie in seinem Fall, von beiden.
Es war, als sei er dem Tod zum zweiten Mal von der Schippe gesprungen. Der Sensenmann hatte erneut an seine Tür geklopft und wieder war es ihm gelungen, ihm ein Schnippchen zu schlagen.
Seine Eltern und seinen Kameraden hatte er ihm genommen, doch er selbst hatte dem Tod nicht nachgegeben.
Seine Gedanken wanderten zu Lisa zurück. Das Gefühl der Traurigkeit, das ihn gerade noch im Griff gehabt hatte, verschwand. Dafür kehrten diese quälenden Schuldgefühle zurück.
Hätte er sich eine Frau vorgestellt, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte, sie hätte so ausgesehen wie Lisa. So schön, so wunderschön. Und das war längst nicht alles.
Irgendwie hatte sie das Talent, eine Person oder eine Situation zu begutachten und sie komplett zu verstehen. Ihn hatte beeindruckt, wie sie nach Lillys Sturz reagiert hatte. Ganz vorsichtig und systematisch hatte sie das Kind untersucht, ohne es dabei aufzuregen.
Und mit der Unfähigkeit ihrer Tochter, mit anderen sprechen zu können, ging sie ebenfalls vorbildlich um. Bestimmt machte sie sich große Sorgen, dennoch blieb sie äußerlich ruhig und behandelte Lilly, als sei alles wie immer.
Alex wusste aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlte, in Lillys Haut zu stecken. Und er wünschte, er hätte den Mut, Lisa zu sagen, wie gut sie damit umging. Dass sie das Richtige tat.
Lisa. Ihr Name beherrschte sein ganzes Denken.
Er fühlte sich zu ihr hingezogen. Mehr als das. Und doch würde er seinem Verlangen nicht nachgeben.
Er konnte es nicht.
Ohne ihn würde ihr Ehemann nach getanem Dienst nach Hause zurückkehren. Ohne ihn hätte ihre Tochter kein Trauma erlitten.
Und doch würde er sie nicht einfach so im Stich lassen.
Er lehnte sich zurück und schloss fest die Augen.
Bei solch intimen Gedanken an die Frau eines anderen, war an Schlaf kaum zu denken.
4. KAPITEL
Lisa widerstand der Versuchung, mit dem Finger über die Zitronenglasur zu streichen, während sie die Kuchen auf einem Servierbrett herrichtete. Es war vielleicht lächerlich, trotzdem war sie etwas nervös.
Nicht etwa, dass sie Lampenfieber hatte. Schließlich veranstaltete sie immer eine Verköstigung, bevor sie ihrem Verleger ein neues Manuskript schickte. Außerdem waren es ihre, nur ihre Freundinnen und nicht ein Haufen Fremder.
Wenn man jedoch wie sie in einer Kleinstadt lebte, hatte man immer ein klein wenig Bammel davor, was die Leute über einen erzählten.
Schließlich schüttelte sie ihre Furcht ab und streckte die Schultern. Ganz locker war sie zwar noch nicht, dennoch fühlte sie sich jetzt schon ein wenig entspannter.
In ihrer Küche sah es aus wie nach der Vorbereitung zu einer Feenhochzeit. Überall lagen rosafarbene Makronen, Verzierungen aus Zitronenstreusel auf weißer Glasur, und so ziemlich alles, was
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