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Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)

Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)

Titel: Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Soraya Lane
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klatschte leise gegen den Bug des Ruderbootes. Der Wind strich säuselnd über die Wasseroberfläche und brachte das Boot sanft zum Schaukeln.
    Um das Gleichgewicht zu behalten, hatte sich Lilly fest an Alex gelehnt, während Boston neben ihr schlief.
    „Lilly, ich würde dir gerne eine Geschichte erzählen. Sie handelt von etwas, das mir passiert ist, als ich noch ein kleiner Junge war.“
    Es widerstrebte ihm zwar, in dieser Situation schwermütig zu werden – vor allem jetzt, wo Lilly gerade aufgehört hatte zu quasseln – aber er wollte ihr helfen.
    Alex hasste es, über seine Vergangenheit zu sprechen, aber jetzt musste er eben über seinen Schatten springen. Wenn es bewirkte, dass Lilly dadurch ihre Ängste überwand und auch wieder mit anderen sprach, musste er es ihr einfach erzählen.
    Sie sah mit großen Augen interessiert zu ihm auf.
    „Als ich noch ein Junge war – ein wenig älter als du – sind meine Mommy und mein Daddy beide gestorben.“
    Als sie nichts darauf erwiderte, drückte er sie leicht an sich. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie nicht angespannt war, fuhr er fort: „Es war bei mir genau wie bei dir, ich hatte keine Brüder oder Schwestern. Als meine Eltern gestorben sind, hatte ich niemanden mehr.“
    Er hatte tolle Eltern gehabt, die alles für ihn getan hatten. Doch dann war sein bis dahin glückliches Familienleben auf einen Schlag zu einem Leben voller Trauer geworden.
    Das war der Grund, weshalb ihm seine Anwesenheit hier so zu schaffen machte. Er fühlte sich dafür verantwortlich, dass diese kleine Familie genauso zerstört worden war, wie seine eigene.
    „Wer hat dann auf dich aufgepasst?“, flüsterte Lilly. Sie blickte dabei so fragend, so besorgt, dass Alex die Worte fehlten. Die ganze Wahrheit würde er ihr nicht erzählen. Sinn und Zweck der Geschichte sollte es sein, ihr zu helfen. Nicht, ihn von seiner eigenen Last zu befreien.
    „Eine sehr nette Person hat auf mich aufgepasst. Aber es war nicht dasselbe, wie bei den eigenen Eltern zu sein.“
    Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er nicht alles erzählte. Doch die Wahrheit über seine Zeit in diversen Pflegefamilien war alles andere als angenehm. Am Ende war er zu netten Leuten gekommen, doch ein sorgenfreies Leben war für ein trauerndes Kind in einer Pflegefamilie kaum denkbar.
    Immerhin hatte es ihn abgehärtet, seine Widerstandskraft gegen den Schmerz gestärkt. Ständig hatte er das Gefühl gehabt, dass alles nur seine Schuld war. Und er hatte sich sehr alleine gefühlt.
    „Die Wahrheit ist, dass ich sehr viel Angst hatte. Und sehr traurig war“, fuhr er fort.
    Lilly nickte mit ihrem kleinen Kopf. „Ich auch.“
    „Und genau wie du habe ich irgendwann nicht mehr gesprochen“, gab er zu.
    Jetzt ließ sie die Angel fallen. Alex verrenkte sich, um sie aufzuheben. „So wie ich?“
    Er gab ihr die Angel zurück und wartete, bis sie sie mit ihren kleinen Fingern fest umschloss. „So wie du.“
    Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Im Vergleich zu ihm war sie so klein. So zerbrechlich.
    Alex verspürte ein Stechen in der Brust. Der Schmerz der Erinnerungen, die er so lange unter Verschluss gehalten hatte, rumorte in ihm. Aber soweit es in seiner Macht lag, wollte er Lilly einfach zur Seite stehen.
    „Als ich nicht mehr sprechen wollte, war es allerdings anders als bei dir. Weißt du warum?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Weil du eine Mami hast, mit der du immer noch sprechen kannst. Ich hatte das nicht. Als ich aufhörte zu reden, sprach ich mit niemandem mehr. Du hast sehr viel Glück, denn deine Mom liebt dich und du kannst immer mit ihr reden“, sagte er leise.
    Sie seufzte und lehnte ihren Kopf an seinen Arm. „Ich will aber mit keinem anderen reden.“
    „Du redest doch auch mit mir“, flüsterte er, wohl wissend, dass sie darüber vielleicht noch gar nicht so richtig nachgedacht hatte.
    „Bei dir ist das irgendwie anders“, gab sie flüsternd zurück.
    Alex wünschte, ihre Therapeutin könne das alles mit anhören. Für einen Spezialisten würde es vielleicht mehr Sinn ergeben. „Warum? Was ist denn an mir so anders?“
    „Du erinnerst mich an meinen Daddy.“
    Alex war, als würde seine Kehle zugedrückt. So fest, dass er nicht mehr atmen konnte.
    Doch hier ging es um Lilly. Um das Kind, das er zu retten versuchte. Er konnte sie jetzt nicht einfach so zurückweisen. Schließlich wartete sie auf eine Antwort.
    „Ist es … denn okay, dass ich dich an ihn erinnere?“,

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