Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel
sehr damit beschäftigt, sich anzuschreien, dass sie nicht auf mich geachtet haben. Und die Autotür stand offen. Ich habe mich einfach reingebeugt und das Buch rausgeholt. Ich trug so einen langen weiten Kittel, wie ein Künstler, und dazu Jeans. Ich habe das Buch vorn in meine Hose gesteckt, unter dem Kittel. Und ich habe es mit nach Hause genommen. Daddy hat es nicht gesehen. Die ganze Nacht lag ich wach, mit meiner Taschenlampe unter der Bettdecke, genau wie in den Comics. Da habe ich es gelesen. Aber es war nicht das normale Buch, Danny. Nicht die Ausgabe, die ich in unserem Garten in Jerusalem gelesen hatte. Es war dieses besondere Buch, das mit den Randbemerkungen, das die Zigeuner oder sonst wer
dem Office of Naval Research geschickt hatten und das später an Morris weitergeleitet wurde. Mit allen Kommentaren. Und den Zeichnungen. Aber ich habe alles gelesen. Da wusste ich zum ersten Mal, wusste wirklich sicher, dass UFOs real sind. UFOs und unsichtbare Schiffe. Die verschwindenden Menschen. Wie man ein Schiff, einen Menschen oder alles, was man will, verschwinden lässt. Auch sich selbst.«
Rosa … bestimmt machte sie sich schon große Sorgen …
»Und die verschiedenen Arten von UFO-Lebewesen!«, sagte Rochelle. »Die einen, die mehr oder weniger harmlos sind, und die … anderen. Antischwerkraft. Wie sie zu den Sternen und wieder zurück reisen, schneller als dieses Schiff von Philadelphia nach Norfolk. Aufwärtsbewegung durch Abwärtsbewegung … Man sinkt in die Erde, und dann sieht man den Mond unter sich …«
»Abwärts, abwärts, abwärts«, sagte ich. »Unter die Erde, in die Höhlen der Dero.«
Es war, als wären die Worte in mir und hätten sich einen Weg hinausgebahnt, mit einer Stimme, die selbst in meinen Ohren seltsam klang. Die anderen saßen da und starrten vor sich hin.
In der Stille lauschte ich dem Ticken der Uhr.
»Hör mal, Rochelle«, sagte Tom schließlich. »Angenommen, Jessup wurde ermordet, von den drei Männern in Schwarz oder sonst wem …«
»Ich habe nie gesagt, dass es die Männer in Schwarz waren.«
»Oder von den Zigeunern oder sonst wem …«
»Ich habe auch nie gesagt, dass es die Zigeuner waren.«
»Na gut, meinetwegen«, sagte Tom. »Aber wieso haben sie das Buch im Auto liegen lassen? Wenn die Anmerkungen so wichtig waren. Wäre es nicht vernünftiger gewesen, sie hätten es mitgenommen?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht wussten sie nichts von den Anmerkungen. Wahrscheinlich dachten sie, es sei nur eine ganz normale Ausgabe von Tatsache UFO. Ich wusste ja auch nichts von den Anmerkungen, als ich es eingesteckt habe. Ich habe es nur genommen, weil … na ja, es gehörte Morris. Er war immer so stolz darauf, dass er es geschrieben hatte.«
»Wo ist das Buch jetzt?«, fragte ich.
Schweigen.
»Ich nehme an, du hast es nicht mehr, oder?«
Noch mehr Schweigen. Julian schien in sich hineinzulächeln, was mich noch mehr verunsicherte als seine Geste mit dem Finger quer über die Kehle. Steh auf, befahl ich mir selbst. Frag nach, wo das Telefon ist. Ruf Rosa an. Sag ihr, dass sie dich hier irgendwie rausholen soll, und zwar sofort.
Ich rührte mich nicht.
»Die Polizei hat es am nächsten Tag abgeholt«, sagte Rochelle. »Sie hatten inzwischen gemerkt, dass es nicht mehr da war. Und sie wussten, dass Daddy und ich bei Jessups Auto gewesen waren. Der Hilfssheriff kam zu uns nach Hause. Anfangs habe ich gelogen, aber dann meinte er, er würde Daddy verhaften, und da bin ich eingeknickt. Er hat das Buch mitgenommen.«
»Was hat die Polizei damit gemacht?«
»Keiner weiß es«, antwortete Rochelle. »Sie sagen, es gäbe keine Unterlagen darüber.«
»Also ist es weg? Verschwunden?«
Rochelle sah mir offen ins Gesicht. Ihr Lächeln war seltsam verschmitzt. Fast wie das von Julian. »Vielleicht verschwunden«, sagte sie. »Vielleicht auch nicht. Schwer zu finden, vielleicht. Aber vielleicht nicht unmöglich.«
Sie hatte einen Plan; und ich war Teil davon. Was ich tun sollte, wusste ich noch nicht, aber danach würde ich nicht
mehr derselbe sein. Ich hatte das Gefühl, vor mir täte sich ein Spalt in der Erde auf oder vielleicht auch der Himmel, und ich würde gleich hineinstürzen.
»Nicht alles, was schwer ist, ist unmöglich«, sagte sie. »Manches, was die Leute als unmöglich bezeichnen, sollten Leute wie wir versuchen. Darum geht es bei der SSS.«
Ich wollte etwas sagen. Es kam nichts heraus.
»Deshalb bin ich jetzt hier«, sagte sie. »Und
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