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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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guter Mann, aber wäre es recht, wenn wir unsere Konfrontation für eine Weile aussetzen, damit ich mich beruhigen kann? Ein Drink vielleicht? Eine Xanax?
    Hier, nehmen Sie zwei.
    Verfluchte Nerven.
    Ich war eine miese, bösartige Tötungsmaschine.
    Verdammt.
    Schritte. Draußen im Flur. Stolpernd, polternd. Wumm. Wumm. Bumm.
    Mein Puls raste. Der Rollkragen schnürte meinen Hals zusammen. Ich musste die Taurus aus meiner zittrigen linken Hand legen, um an den Jeans den Schweiß von der Handfläche zu wischen.
    Ich hatte die Wohnungstür hinter mir abgeschlossen. Das tat jeder im Haus. Jetzt war das Klirren von Schlüsseln zu hören. Der Bart ratschte ins Zylinderschloss. Eine Umdrehung, dann noch eine. Die Tür flog auf.
    Hundertdreißig Kilo Stan Miller füllten den Türausschnitt.
    «Was gibt’s zu essen, Alte?», blökte er durch die Wohnung.
    Er schien gut gelaunt zu sein und klang fast jovial.
    Ich drückte ab.

    Der Schuss ging zu weit nach links. Fragen Sie mich nicht, warum. Ich hatte die Waffe verrissen. Der Türpfosten explodierte. Stan ging schreiend zu Boden und robbte auf die Küche zu. Ich fluchte vor mich hin, und obwohl ich vor Entsetzen und Wut nicht mehr ganz bei mir war, ahnte ich, dass es mir jetzt dreckig gehen würde. Und ich dachte, wenn meinem Trainer J.T. dieser Flop zu Ohren käme, würde er mich eigenhändig umbringen und mir das Elend am Einundzwanzigsten ersparen.
    «Verdammter Mist, was ist hier los? Scheiße, Mann! Wo ist Tomika? Was hast du mit ihr gemacht?»
    «Ich hab sie umgebracht!», brüllte ich zurück. «Das kommt davon, wenn man seine Schulden nicht bezahlt.»
    (Ich improvisierte. Reine Vorsichtsmaßnahme einer Vorsichtsmaßnahme, Sie verstehen. Man muss immer Plan B in petto haben, und der sah nun vor, dass, wenn ich Stan nicht umbringen konnte, er doch zumindest seine Frau für tot halten würde. Ein Mann wie Stan brauchte jemanden oder irgendetwas, worüber er ganz nach Belieben verfügte. Glaubte ich zumindest.)
    «Du bist ’ne Frau», sagte Stan und stand ganz unbekümmert vom Küchenboden auf. Von einer Frau angefallen zu werden erschreckte ihn offenbar nicht.
    Ich drückte ein zweites Mal auf ihn ab.
    Diesmal traf ich seine Schulter. Er brüllte auf und kippte wieder auf den Boden.
    Mir war nun schon sehr viel wohler zumute.
    Aber Stan ließ sich nicht lumpen. Er zog seine Waffe und feuerte vier Schüsse in meine Richtung. Ich tauchte ab und verfluchte mich wieder. Die ersten zwei Sekunden. In den ersten zwei Sekunden wurde eine Schlacht gewonnen oder verloren. Er hatte vor mir gestanden, in optimaler Beleuchtung, ein Ziel von hundertdreißig Kilo. Wie hatte ich dieses Ziel verfehlen können?
    Verdammt!
    «Dafür bezahlst du», brüllte Stan. «Ich mach dich fertig. Mit einem Messer. Und das tut weh.»
    Ich kroch hinter den mit Kissen vollgepfropften Lehnstuhl, blinzelte mit angelegter Waffe um die Ecke herum in die dunkle Küche. Sehen konnte ich nichts.
    Mist.
    Es dauerte eine Sekunde, bis ich mich orientiert hatte. Auch Stan schien die Lage zu peilen. Es wurde mucksmäuschenstill. Ich lauschte auf andere Geräusche im Haus. Auf Nachbarn, die die Schüsse gehört hatten und gegen die Decke pochten, um sich Ruhe auszubitten. Auf Polizeisirenen, die in die Straße einbogen.
    Nichts.
    Möglich, dass um kurz nach neun die meisten Bewohner noch außer Haus waren. Oder vielleicht hatten sich alle an die Ballerei auf Bierdosen hinter der Feuerleiter längst gewöhnt.
    Es rauschte mir in den Ohren. Mein Herz hämmerte, und meine Hände zitterten vor Angst und einer Überdosis Adrenalin. Selbst mein Magen rumorte. Anscheinend stand ich unter Schock.
    Ich versuchte, mich auf meine Wut zu konzentrieren. Der Angst nachzugeben wäre mein Todesurteil. Die einzige Hoffnung, die mir blieb, lag in meiner Wut.
    «Wo steckst du?», brüllte Stan. «Ich schulde niemandem was. Also, wer zum Teufel bist du?»
    Ich antwortete nicht, konnte aber am Weg der Stimme zurückverfolgen, wo er war: im Flur links von der Küche. Jetzt sah ich ihn auch. Er kauerte am Boden, wo ein schwacher Lichtschein sein graues Sweatshirt erkennen ließ. Er hatte sich zurückgezogen, um mir aufzulauern und notfalls abhauen zu können. Die winzige Kochküche taugte für uns beide nicht. Das Wohnzimmer bot mehr Spielraum. Am besten eignete sich das Schlafzimmer mit seinem offenen Fenster zur Feuertreppe hin.
    Aber wenn ich dorthin gelangen wollte, musste Stan zuerst den Flur freigeben.
    Ich ließ es ein drittes

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