Der Tag, an dem du stirbst
Zeitabständen zu, und er geht immer weniger organisiert und kontrolliert vor. Es kommt auch vor, dass er gegen diesen Drang anzugehen versucht und sich stattdessen an Alkohol oder Drogen berauscht. Aber das funktioniert in den wenigsten Fällen. Für die Strafverfolgung ist es natürlich leichter, wenn der Täter sich nicht mehr im Griff hat und Fehler macht.»
«Nach dieser Logik stünde unser Täter am Anfang der Gewaltspirale, da er oder sie zwischen beiden Morden ein Jahr verstreichen ließ», entgegnete D.D.
«Technisch gesehen ist unser Mörder noch kein Serientäter. Davon sprechen wir erst nach drei Verbrechen. Wir haben es mit einem Wiederholungstäter zu tun, der offenbar sehr kontrolliert vorgeht, fast eine Art Ritual zelebriert.»
«Das würde vielleicht auch für einen weiblichen Täter sprechen. Sie treibt nicht Blutdurst, sondern irgendetwas anderes.»
«Ja, aber was könnte dieses Andere sein? Wenn wir darauf eine Antwort fänden, wären wir einen Schritt weiter.»
«Fragen wir: Warum Randi Menke? Warum Jackie Knowles? Was haben die beiden gemeinsam?»
«Dass sie ledige Frauen in städtischer Umgebung waren. Gleichaltrig. Beide wuchsen in den White Mountains von New Hampshire auf. Sie hatten denselben Freundes- und Bekanntenkreis. Und ihre beste Freundin war Charlene Grant.»
«Weshalb Letztere fürchtet, das nächste Opfer zu sein. Aber vielleicht irrt sie sich. Vielleicht hat dieses Andere nichts mit ihr zu tun, sondern ausschließlich mit Randi und Jackie.»
«Möglich», meinte Quincy. «Aus den Daten, die uns vorliegen, lassen sich keine zwingenden Schlussfolgerungen ableiten. Dass sich Randi und Jackie kannten, könnte rein zufällig sein. Vielleicht hatte ihr Mörder davon gar keine Ahnung.»
«Zufälle schmecken mir nicht», erwiderte D.D. «Ich weiß, so etwas soll vorkommen, aber ich kann nicht wirklich daran glauben.»
«Ich auch nicht», pflichtete ihr Quincy bei. «Gehen wir also davon aus, dass Randi und Jackie etwas miteinander gemein hatten, das zu ihrem Tod führte. Das kann, von ihrer Kindheit abgesehen, nicht viel gewesen sein. Sie lebten in verschiedenen Staaten, fast tausend Meilen voneinander entfernt. Randi war geschieden von ihrem gewalttätigen Ehemann, arbeitete als Rezeptionistin in einem Wellness-Center und wohnte in einem schicken Viertel in Providence. Jackie, ledig, lesbisch und karrierebewusst, wohnte am Stadtrand von Atlanta. Ich sehe da keinerlei Überschneidungen.»
«Augenblick», unterbrach D.D. «Was ist mit diesem gewalttätigen Ehemann? Wusste Jackie davon? Hat sie sich womöglich für ihre Freundin eingesetzt und den Zorn des Gatten auf sich gelenkt?»
«Das können wir ausschließen. Jackie wurde nach dem Mord an Randi vernommen und hat nach eigener Auskunft von den Eheproblemen ihrer Freundin nichts gewusst.»
«Sie hat sich also nicht einmal der ehemals besten Freundin anvertraut», konstatierte D.D. und sah darin ein Muster, das vielen Missbrauchsopfern eigen war.
«Die drei Freundinnen hatten sich mit den Jahren voneinander entfernt, und das nicht nur geographisch», stellte Quincy fest. «Um Gemeinsamkeiten zwischen Randi und Jackie zu finden, müssen wir rund zehn Jahre zurückgehen, in die Zeit, als sie noch in derselben Kleinstadt lebten und dieselbe Schule besuchten. Während dieser Zeit galten sie im Verein mit Charlene als unzertrennlich.»
«Die drei Musketiere», sagte D.D.
«Ja. Darum lässt sich Charlenes Befürchtung auch nicht von der Hand weisen. Hoffen wir, dass sie am Zweiundzwanzigsten angenehm überrascht aufwacht. Im weniger glücklichen Fall …»
«Wir sollten ihr alles Gute wünschen und uns auf das Schlimmste gefasst machen.»
«Genau.»
«Na schön», sagte D.D. «Nehmen wir also an, das ganze Trio ist im Visier. Warum erst jetzt? Warum hat der Killer nicht schon zugeschlagen, als sie noch in derselben Stadt lebten? Und warum knöpft er sich eine nach der anderen vor, jeweils am 21. Januar?»
«Sie stellen gute Fragen, Detective. Lassen Sie mich die Antworten wissen, wenn Sie sie gefunden haben.»
«Vielleicht haben Sie recht mit der Einschätzung, dass es sich um Ritualmorde handelt», fuhr sie fort. «Der Killer scheint einer sehr persönlichen Agenda zu folgen. Dafür sprechen Datum, Tathergang und Auswahl der Opfer. Falls der Killer wusste, dass die drei Freundinnen früher unzertrennlich waren, scheint er oder sie doch Wert darauf zu legen, dass sie unabhängig voneinander sterben.»
«Interessante
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