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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Namen Basilio, den Kardinal Giustiniani mir samt seinem Palast vermietet hatte. Und obwohl er vorzüglich kochte und gegen mein Gesinde sehr höflich war, mochte ich ihn weniger als meine übrigen Leute, und zwar aus einem Grund, der dem Leser frivol erscheinenmag: Ich liebe es nicht, wenn ein Koch hager ist. Und das war Basilio. Dazu eine stete Leidensmiene, ein bitterer Mund, ein ewig verschleierter Blick, die Lider halb geschlossen, weshalb Alfonso ihn
la gatta morta
, die tote Katze, nannte, noch deutlicher: einen Heuchler.
    Eine Minute darauf kam Poussevent, vor seinem mächtigen Wanst den dürren Basilio herschiebend, der beim Eintreten seine Mütze zog, unter halbgeschlossenen Lidern hervor einen scheelen Blick nach meinen Leuten und Alfonso und einen zweiten nach der Brühe auf dem Tisch sandte.
    »Signor Marchese«, sagte er ohne jede Verlegenheit, »ich erwarte ergebenst Euren Befehl.«
    »Basilio«, sagte ich. »Setz dich an meinen Platz, nimm den Löffel und iß meine Suppe!«
    » Ma
, Signor Marchese!« versetzte Basilio, indem er kreidebleich wurde, sich aber nicht von der Stelle rührte.
    »Hast du gehört, Basilio?« sagte ich scharf.
    » Certamente
1
,
Signor Marchese.«
    »Nun, warum setzt du dich nicht, wie ich dir’s befehle?«
    »Weil es einem Koch nicht geziemt, sich vor seinem Herrn zu setzen.«
    »Laß die Etikette! Bitte, setz dich!«
    Er setzte sich.
    »Und jetzt, Basilio, nimm den Löffel und iß.«
    » Ma,
Signor Marchese«, sagte Basilio mit zitternden Lippen, »ich habe keinen Hunger.«
    »Wer braucht denn Hunger, um diese gute, duftende Suppe zu essen?«
    » Ma,
Signor Marchese«, sagte Basilio, indem er nach Luc, Thierry und Pissebœuf schielte, die wortlos Aufstellung an den Türen nahmen, »bitte entschuldigt, aber ich habe einen kranken Magen.«
    »Eben darum«, sagte ich, »die Suppe ist gesund und wird dich heilen. Vielleicht heilt sie dich sogar für immer.«
    Hier erhob sich Tibère von seinem Platz am Feuer, stellte sich auf und knurrte ohne anderen erkennbaren Grund, als daß meine Stimme ihn erregt haben mochte. Und Alfonso schlich sich hinter Basilio, seinen Stock waagerecht in beiden Händen.
    » Ma
, Signor Marchese«, sagte Basilio noch einmal nach einem Blick hinter sich und legte seine Hände neben den Napf, »ich habe überhaupt keinen Hunger. Ich kann wirklich nicht.«
    Indem er dies sagte, streckte er wie zum Beweis seiner Rede beide Hände von sich, wobei er mit geschickt ungeschickter Bewegung den Napf vom Tisch stieß, so daß der zu Boden fiel. Sogleich schwang Alfonso seinen Stock über Basilios Kopf und drückte ihm diesen unters Kinn, auf den Adamsapfel, so daß er sich nicht rühren konnte. Gleichzeitig fiel Tibère über die vergossene Suppe her und schlappte sie ratzekahl vom Marmorboden.
    »Tibère!« schrie Luc, zu ihm hinlaufend, und versuchte, dem Hund die Schnauze zu öffnen, um ihn zum Ausspeien zu bringen, doch vergebens, der Hund biß zu.
    »Poussevent«, sagte ich, »gib mir deinen Dolch und geh einen Strick holen. Lauf schnell, mein Sohn!«
    Inzwischen trat Pissebœuf herzu, der, so wie ich, fürchtete, Alfonso könnte den Mann nicht beherrschen, wenn er in letzter Verzweiflung aufspränge, doch der hockte mit gesenkten Lidern und schlaffen Schultern wie benommen, bis Poussevent wiederkam und er gefesselt und durchsucht wurde. Alfonso zog aus dem Schuh des elenden Wichts ein Messer mit gelbem Griff und aus seinen Strümpfen ein kleines leeres Fläschchen, das er mir übergab und das ich vorsichtig unter meine Nase hielt.
    »Herr Marquis! Was soll ich nur tun?« rief Thierry, ganz blaß auf den Hund zeigend.
    »Dasselbe, was du schon versucht hast«, sagte ich in energischem Ton. »Und wenn es nicht hilft, gebt ihm Brechwurz, aber ich habe keine im Haus. Und bis man das Mittel holen kann, ist der arme Hund tot. Pissebœuf, Poussevent«, sagte ich, denn der Anblick des sterbenden Tieres war unerträglich, »schafft den armen Tibère in den Pferdestall. Nein, du nicht, Thierry! Ich muß deine Hand verbinden. Luc, bleib auch, ich will zum Bargello schicken.«
    »Signor Marchese«, sagte Alfonso erschrocken, »bitte, erlaubt, Euch vertraulich zu sprechen.«
    Ich ging also in einen Nebenraum, wohin er auf meinen Wink nachfolgte.
    »Bitte, Signor Marchese, laßt den Bargello aus dieser Sache heraus.«
    »Warum?« fragte ich verwundert.
    »Aus zwei Gründen: Erstens«, sagte Alfonso, »weil dieser Bastard von Koch Florentiner ist. Daß er sich dem

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