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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Heringsfaß stinkt immer nach Hering«, hatte ja sogar meine kleine Herzogin gesagt.
    Allerdings hatte Monseigneur Du Perron, seinerzeit Vorleser Heinrichs III., als ich dessen Leibarzt war, in jungen Jahren ebenfalls »die Segel gestrichen«; sein Vater war ein kalvinistischer Pastor jüdischer Herkunft namens Davy gewesen, der sich den Namen »Du Perron« in ähnlicher Weise zugelegt hatte wie einst mein geliebter Lehrmeister an der Ecole de Médecine zu Montpellier, der seinen Namen Salomon durch ein »D’Assas«, nach seinem Weinberg zu Frontignan, ergänzt und schließlich ersetzt hatte.
    Mochte nun in den großen schwarzen Augen Monseigneur Du Perrons noch Jüdisches erkennbar sein, hatte seine Theologie das »Heringsfaß« doch so gründlich gereinigt, daß es nur mehr nach der reinsten Essenz römischer Orthodoxie duftete.
    Du Perron war in seinen wilden Jahren Dichter gewesen, ein Freund Ronsards und der Schönheit, doch er entsagte der Dichtung wie der Welt, und seinen Genius nun mit gleicher Kraftumleitend in ein anderes Bett, machte er es sich in seinen Schriften, Predigten und öffentlichen Debatten zur Aufgabe, die Hugenotten zum Katholizismus zurückzuführen, und das mit so glänzendem Erfolg, daß man ihn in Frankreich nur den »großen Bekehrer« nannte.
    Rom wußte ihm freilich keinen Dank, daß er Heinrich IV. in den Schoß der Kirche heimgeholt hatte, was Henri übrigens Du Perron mit dem Bistum Evreux vergalt. Ein Prälat, Sohn eines Ketzers, zum Bischof ernannt von Henri Quatre (selbst Ketzer und Sohn einer Ketzerin), der besagten Henri ohne päpstliche Absolution bekehrt hatte – da mußten ja die Engel weinen, wenigstens die Engel des Vatikans.
    Doch als Henri Quatre dann Paris einnahm, beauftragte er Du Perron, den päpstlichen Legaten und Kardinal von Piacenza auf seinem Weg nach Italien bis Montargis zu begleiten, und dieser Aufgabe entledigte sich Du Perron mit höchstem Takt, zartesten Rücksichten und jener Liebenswürdigkeit im Umgang mit anderen, wie er sie soeben in seinem Einladungsbriefchen bewiesen hatte. Auf dieser Reise überzeugte Du Perron allgemach den Kardinal, daß alles, was er zu Saint-Denis getan hatte, einzig im Interesse der Christenheit geschehen war, um König und Reich Stufe für Stufe in den Schoß der katholischen Kirche zurückzuführen. Und gewonnen durch die einschmeichelnde Art des französischen Bischofs, bezaubert von seinen täglichen Aufmerksamkeiten und überzeugt durch seine Eloquenz, hatte der Kardinal von Piacenza, sobald er in der Ewigen Stadt war, nicht abgelassen, dem Papst sein Lob zu singen.
    Man kann also getrost sagen, daß, als Monseigneur Du Perron nun selbst Mitte Juli nach Rom kam, der Ruf seiner Tugenden ihm vorausgeeilt war, so daß zu hoffen stand, es werde, nach all der zäh und unermüdlich im stillen geleisteten Vorarbeit des Abbé d’Ossat, der »große Bekehrer« sich nun auch noch den Ruhmestitel eines großen Versöhners erwerben.
    Was die Person Monseigneur Du Perrons angeht – wenn es einem frisch gestrichenen, noch nach Heringsfaß stinkenden Hugenotten erlaubt ist, sich einmal an dessen Stelle und in dessen illustren Geist zu versetzen –, so würde ich sagen, daß diese Romreise ihm auch Gelegenheit bot, seinen anrüchigen Bischofstitel reinzuwaschen, gleichzeitig der Zukunft SanktPeters wie auch seiner eigenen zu dienen und seinen Aufstieg unter den Söhnen der Kirche zu sichern. Denn es wird Ihnen ja wohl einleuchten, Leser, daß, auch wenn der König von Frankreich Du Perron hatte zum Bischof ernennen können, doch nur der Papst den Bischof von Evreux mit dem Kardinalspurpur bekleiden konnte – was neun Jahre später tatsächlich geschah, so langsam ist Rom. Allerdings nicht in jedem Fall, denn der kleine Abbé d’Ossat, dessen schlichte schwarze Soutane sich an diesem Abend so bescheiden neben der schimmernden violetten von Monseigneur Du Perrons ausnahm, erhielt das Kardinalsamt schon vier Jahre früher. Freilich blieb Abbé d’Ossat nach Du Perrons Abreise in Rom, um die französischen Interessen zu vetreten, und im Vatikan, wie an allen anderen Höfen dieser Welt, erreichen einen die Strahlen der Sonne desto eher, je näher man ihrer Quelle ist.
    »Herr Marquis«, sagte Monseigneur Du Perron zum Ende der Begrüßungszeremonien, »ich bin entzückt, Euch wiederzusehen, weiß ich doch, welch großes Vertrauen Seine Majestät in Euch setzt und welchen Anteil Ihr an der gegenwärtigen Verhandlung habt.«
    »Aber

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