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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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kann.«
    »Sie werden scheitern!« rief Marschall von Biron, ein Mann mittlerer, aber kraftvoller Statur, dunkel an Haut und Haaren, mit stechenden schwarzen Augen.
    Er hätte sicherlich länger gesprochen, war er doch ein großer Redner vor dem Herrn, doch der König erteilte Vignolles das Wort.
    »Sire«, sagte Vignolles, außer Biron vielleicht der erfahrenste Hauptmann unter den Anwesenden, »wieso greift Mansfeld nicht sofort mit allen Kräften an?«
    »Laut meinen Spionen«, sagte mit blitzenden Augen Henri, »gibt er an, seine Truppen seien erschöpft nach dem Marsch von Flandern nach La Fère und müßten sich vor einem Generalangriff erst erholen. Ich meine, der wahre Grund ist, daß Mansfeld seine Kräfte schonen will. Er hat zwei Armeen, die eine hält Flandern unterm Joch, die andere soll uns unters Joch bringen, das heißt, er hat eigentlich nur eine. Deshalb will er mich mit den geringsten Kosten zur Aufgabe der Belagerung zwingen, indem er die Festung mit Lebensmitteln, Männern und Munition entsetzt.«
    »Und glaubt Ihr, Sire«, sagte Marivault, »wenn ihm das mißlingt, daß er sich dann zum Generalangriff mit allen seinen und Mayennes Kräften entschließen wird?«
    »Vielleicht nicht«, sagte der König in seiner frotzelnden Art, aber scharfen Auges. »Vielleicht doch. Vielleicht wiederholt er aber auch das sehr geschickte Manöver des Herzogs von Parma: Als ich Paris belagerte, rückte er mit großen Kräften an und zwang mich zur Aufgabe; er warf massenhaft Männer und Munition in die Stadt, dann entzog er sich mir kampflos durch den Rückmarsch nach Flandern.«
    »Heißt das«, sagte der brave Givry, der Mathematik studiert hatte und sich nie genugtun konnte, klarzustellen, daß zwei und zwei vier sind, »Ihr werdet die Belagerung Laons auf keinen Fall aufheben?«
    »Auf keinen Fall«, sagte der König mit Nachdruck. »Was auch heißt: Selbst wenn Mansfeld seine Armee schonen will und nur mit einer Backe drangeht, weil er immer noch nach Flandern schielt, ist für uns jeder Kampf gegen spanische Infanterie hochgefährlich. Biron wird das Wagestück übernehmen«, entschied der König, damit die Geister diese Gefahr gar nicht erst lange umkreisten, »der Mansfeld-Expedition einen Hinterhalt zu legen und sie zu überrumpeln. Marschall von Biron, Ihr entscheidet, welche Truppen Ihr in welcher Anzahl benötigt, und brecht auf, sowie Ihr bereit seid.«
    Ein Anflug von Verdruß im Gesicht des Königs, als er das Zelt verließ, brachte mich auf den Gedanken, daß er, noch immer draufgängerisch und abenteuerlich wie mit zwanzig Jahren, nicht allzu froh war, den Befehl dieser Gegenexpedition nicht selbst führen zu können, und vor allem, ihn Biron geben zu müssen. Denn glückte dem der Coup, würde das seine natürliche Überheblichkeit maßlos und in einer Weise steigern, daß er bei seinem intriganten und unruhigen Wesen zur Gefahr für den Thron werden konnte. Doch der König wußte, wo sein Platz war: an der Spitze der Armee vor Laon, das er um keinen Preis aufgeben wollte – auch nicht um den, sich bei einem Hinterhalt Lorbeeren zu verdienen.
    Monsieur de Rosny wollte bei diesem Unternehmen, koste es, was es wolle, dabeisein. Zuerst schlug es ihm der König ab, weil Rosny gerade erst von Paris gekommen war und noch vielerlei zu berichten hatte. Da wiederholte er seine Anfrage, bis er beim drittenmal die Erlaubnis erhielt, und ich, der ich zu seiner Suite gehörte, mußte mit, ohne daß ich die geringste Lust dazu hatte, meinte ich doch, dem König auch nützlich zu sein, ohne daß ich den Stoßdegen schwang. Für Monsieur de Rosny jedoch kam es, abgesehen von seiner natürlichen Ruhmessucht, gar nicht in Betracht, abseits zu stehen, weil der König ihm das Amt des Großmeisters der Artillerie versprochen hatte. Und hätte er jetzt nicht alles darangesetzt, mit von der Partie zu sein, hätte der ganze Hof gemault, daß er für einen Großmeister doch etwas bläßliche Nägel habe. Aber so ist es mit der Tapferkeit unserer Edelleute: da sie von einem erwartet wird, muß man sie auch deutlich beweisen. Und sogar ich, der ich wirklich keine heuchlerische Ader habe, zeigte meinen Leuten lachende Miene, als ich mich im Zelt kampfesmäßig rüstete.
    Biron, der, abgesehen von seinen unerträglichen Aufschneidereien, das Waffenhandwerk aus dem Effeff beherrschte, wählte für den Hinterhalt die Besten der Besten: tausendzweihundert Elite-Fußsoldaten und achthundert Schweizer, das heißt zweitausend

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