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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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und länger währte. Und da Biron fürchtete, die Dauer der Attacke könnte dem Feind erlauben, uns mit einem Gros überlegener Kräfte in den Rücken zu fallen, befahl er seiner gesamten Kavallerie, abzusitzen – du hast richtig gelesen, Leser! – und zu Fuß weiterzukämpfen, die Pistole in einer Hand, den Stoßdegen in der anderen.
    Was wir taten. Und weil Biron, immerhin Marschall von Frankreich, es als erster vormachte und weil diese unerhörte Neuheit uns mitriß und die Spanier vor Verblüffung lähmte, griffen wir sie zu sechshundert mit einem solchen Ingrimm und von so vielen Seiten gleichzeitig an, daß ihre Piken nutzlos wurden, weil es nun Mann gegen Mann ging, sozusagen Kragen an Kragen, und das mit einem Furor, daß sie endlich aufgaben und in den Wald flüchteten. Und auf diesem ungeordneten Rückzug nun gab es eine Schlächterei, daß zwölfhundert der Ihren auf der Strecke blieben.
    Monsieur de Biron stieg wieder in den Sattel, und weil er noch immer fürchtete, das Gros des nunmehr gewarnten Feindes werde uns überrumpeln, wenn wir uns zerstreuten, befahl er lautstark, daß bei seinem Leben keiner die Flüchtigen verfolge, und er konnte seine Leute derweise tatsächlich sammeln, nicht jedoch verhindern, daß etliche unserer Soldaten die Karren plünderten, die meisten Lebensmittel fortschleppten, verstreuten und sich gewaltig die Bäuche vollschlugen. Unter anderen ist mir von dieser Plünderung ein Bild im Gedächtnis geblieben, und das war mein dicker Poussevent, dem von einem Hieb in die Kopfschwarte das Blut über Stirn und Nase troff und der, unbekümmert um diese Wunde, die in der Tat nicht schwer war, nur stark blutete, sich einen riesigen Klumpen Butter ergattert hatte. Er griff mit seinen pulverschwarzen Händen hinein und stopfte sich batzenweise das Maul, ohne einen Bissen Brot dazu, woran es doch auf den Karren wahrlich nicht fehlte, so daß er sich das ganze Gesicht vollschmierte, das im Nu von einem ziemlich unappetitlichen Gemisch aus Blut und Butter starrte.
    Schließlich aber gelang es Monsieur de Biron, alle zusammenzurufen und geordnet ins Lager zurückzuführen. Hochzufrieden mit uns, den Schwanz gesteilt wie Hunde, die von der Jagd kommen, trafen wir ein und wurden vom König umarmt,schultergeklopft, geliebkost und gelobt, wie nur er es verstand, der mit solcher Münze nie geizte. Freilich mangelte es ihm an der anderen sehr, denn sein Schatzmeister, Herr von O, der in Paris geblieben war, sowohl als dessen Gouverneur, als auch wegen einer schmerzhaften Harnverhaltung, schickte ihm weder Geld noch Lebensmittel. Nun, Sie können sich denken, Leser, daß Marschall von Biron dem König in unser aller Beisein einen epischen Bericht gab, in welchem er sämtlichen Lorbeer an sich raffte, wobei er seine Suada mit so viel Eitelkeit, Aufschneiderei und Großmäuligkeit darbot, daß es sich anhörte, als hätte er den Feind ganz allein besiegt. Mehr als einer runzelte die Stirn, andere lachten hinter vorgehaltener Hand, und dies alles verdarb dem König, sosehr er sich hütete, es zu zeigen, die Laune, denn, wie gesagt, die Maßlosigkeit seines Marschalls begann ihn zu beunruhigen.
     
    »Nun, schöne Leserin, hat dieser Kriegsbericht Sie sehr gelangweilt?«
    »Ach, Monsieur, mir bricht das Herz, wenn ich an all die Toten denke, besonders an diese Tausende Spanier.«
    »Beim Ochsenhorn, Madame! Warum ausgerechnet die?«
    »Weil sie so fern ihrer Heimat gestorben sind und, Gipfel der Schande, ihre armen Leichname den Raben zum Fraß überlassen wurden.«
    »Madame, dafür können wir nicht, wir verteidigen unser Land; es ist die Schuld des spanischen Königs, der dank der Liga die Finger in den französischen Teig gesteckt hat und ihn jetzt ganz verschlingen will.«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber etwas anderes, Monsieur, wenn Sie erlauben?«
    »Ich höre.«
    »Warum schmeicheln Sie nur immer dem weiblichen Geschlecht? Was mich angeht, muß ich mich nicht gerade für häßlich halten, aber glauben Sie wirklich, daß alle Ihre Leserinnen schön sind?«
    »Ja, Madame. Das behaupte ich: Sie sind schön, wenn sie mich lesen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Madame, Sie verstehen schon.«
    »Unsinn! Ist das vielleicht eine Antwort? Aber noch etwas,bitte. Warum sprechen Sie jetzt so wenig von Ihrer Angelina? Warum kommt sie nicht wenigstens einmal nach Paris zu Besuch?«
    »Ach, Madame! Da rühren Sie an einen empfindlichen Punkt.«
     
    Am Tag nach jenem siegreichen Kampf ließ der König mich

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