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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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die Chli-pu-ni im Frühjahr versucht hat, noch verschärft.
    Die Königin hat Kanäle graben lassen, um den Verkehr zwischen den einzelnen Stadtvierteln zu beschleunigen. Die Ameisen bewegen sich darauf mit schwimmenden Blättern fort. Doch durch den Wolkenbruch schwellen diese unterirdischen Rinnsale zu Flüssen an, deren Tosen einzudämmen die Menge der Wachen sich vergebens abschuftet.
    Auf der Spitze der Kuppel spitzt die Lage sich zu.
    Hagelkörner haben die aus Zweigen bestehende Schutzschicht der Stadt durchschlagen. An mehreren Breschen dringt Wasser ein.
    Nr. 103 683 versucht mehr schlecht als recht die größte Lücke abzudichten.
    Alle ins Solarium, gibt sie aus, die Brut muß gerettet werden!
    Eine Gruppe Soldatinnen stürzt ihr nach und stellt sich mutig den entfesselten Wogen. Der obere Saal des Solariums hat nichts mehr von seiner gewohnten Helligkeit. An der Decke versuchen völlig verängstigte Arbeiterinnen, die Löcher mit abgefallenem Laub zuzustopfen. Doch gleich kommt das Wasser wieder durch und fließt in langen Silberbändern auf den Boden. Alles ist durchweicht. Unmöglich, alle kostbaren Kokons zu retten, es sind zu viele. Den Ammen bleibt gerade noch Zeit, ein paar frühreife Larven in Sicherheit zu bringen.
    Den Arbeiterinnen hastig zugeworfene Eier zerplatzen auf dem Boden.
    Da denkt Nr. 103 683 an die Rebellinnen. Wenn das Wasser immer tiefer hinab vordringt, bis zu den Käferställen, kommen sie alle um!
    Alarmstufe l: Die Erregungspheromone breiten sich aus, so gut sie können, meistens mit Wasserdampf vermischt.
    Alarmstufe 2: Soldatinnen, Arbeiterinnen, Ammen, Fortpflanzungsfähige, alle trommeln mit der Spitze des Hinterleibs gegen die Wände, voller Wut und Verbissenheit. Dieses wilde
    »Klar zum Gefecht!« bringt die ganze Stadt zum Erbeben.
    Tam, tam, tam. Alarm! Tausendmal Alarm!
    Allgemeine Panik!
    Sogar die Ameisen, die schon in Pfützen festsitzen, versuchen durch das Wasser hindurch auf den Boden zu schlagen, um die ganze Stadt in Alarmbereitschaft zu versetzen. Es donnert wie das Blut eines Atemlosen in den Adern.
    Das Herz der Stadt rast.
    Als Echo ertönen die Hagelkörner, die die Kuppel durchlöchern. Poch, poch, poch.
    Was können Kieferscheren, selbst wenn sie geschärft sind, schon gegen Wassertropfen ausrichten?
    Alarmstufe 3: Die Situation ist höchst kritisch. Einige hysterisch gewordene Arbeiterinnen laufen wild durcheinander.
    Ihre gespannten Fühler schütten unverständliche Pheromon-schreie aus. In ihrer Aufregung verletzen manche sogar ihre Artgenossinnen.
    Das bei den roten Ameisen stärkste Alarmpheromon ist eine von der Dufour-Drüse abgesonderte Substanz: Ein flüchtiger Kohlenwasserstoff, dessen chemische Formel C10-H22 lautet.
    Ein Duft, der stark genug ist, eine Amme mitten im Winterschlaf zum Toben zu bringen.
    Ohne die Aufopferung der Pförtnerinnen würde die Sturzflut auch die Verbotene Stadt nicht verschonen. Dadurch, daß diese heldenhaften Schildwachen die Eingänge mit ihren flachen Schädeln hermetisch verschlossen halten, haben sie die eindringende Flüssigkeit daran gehindert, den Baumstumpf in der Mitte zu überfluten. Alle in der Verbotenen Stadt und vor allem die Königin Chli-pu-ni sind unversehrt.
    Dagegen schießt das Wasser jetzt in die Läusekammern.
    Die grünen Tierchen stoßen lächerliche Duftpiepser aus.
    Bei der Flucht in die Enge getrieben, können die Hirtinnen nur eine Handvoll von ihnen retten, die gerade gebären wollen.
    Überall wird versucht, Dämme zu errichten. Man bemüht sich, denjenigen zu verstärken, der in einem strategisch wichtigen Hauptgang aufgeworfen worden ist, will mit allen Kräften den wütenden Strom aufhalten. Doch der Kraft des Wassers läßt sich nicht widerstehen. Der Damm bekommt Risse, zerbröckelt und bricht. Das Bollwerk birst und setzt mit einem Schlag eine Wasserkugel frei, von der die mutigen Maurerinnen fortgerissen werden.
    Das Wasser schleift die Toten mit sich und dringt in die Gänge ein, bringt Gewölbe zum Einsturz, schwemmt Brücken fort, zerstört die ganze unterirdische Topographie, ehe es sich auf die Pilzgärten ergießt. Auch dort bleibt den Bäuerinnen kaum Zeit, ein paar der kostbaren Sporen zu pflücken und dann zu verschwinden.
    Die berühmten Wasserkäfer, die Chli-pu-ni so gern bändigen wollte, sind überall; glücklich, in ihrem eigenen Element zu toben, verschlingen sie Läuse, Ameisenleichen und Larven im Todeskampf.
    Über vielerlei Umwege, an Hindernissen vorbei,

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