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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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wenn der Traum nicht auch diese Logik verzerrt hatte. Mitunter, wenn Magati daran dachte und das einsame Bergland sich besonders schlecht mit den gemauerten Gewölben in Einklang bringen ließ, war sie in Versuchung, sich doch wieder groß zu machen, nur um zu sehen, wie das Labyrinth es schaffte, den Ausblick in kleiner Gestalt mit dem, was sie in ihrer großen Gestalt sah, passend zu machen. Aber sie tat es nicht.
    Wenn sie erst einmal aus der Rinne getreten war, würde sie das richtige Tal womöglich nicht wiederfinden.
    Wito antwortete Audan. »Womöglich liegt es daran, dass es nicht unser Traum ist.«
    »Dann sollten wir vielleicht nicht länger nach einem Ausgang suchen«, sagte Magati, »sondern nach dem Träumer. Nach dem wahren Träumer, der diesen Traum lenken kann.«
    »Aber wer ist der wahre Träumer?« Audans Stimme klang anklagend. »Was für ein Goblinhirn träumt sich ein Labyrinth, das allen, die dorthin geraten, ihre ganz persönlichen Schrecknisse schickt? Glaubt ihr wirklich, so jemand würde uns helfen, wenn wir ihn finden?«
    »Er weiß möglicherweise gar nicht, dass er träumt«, gab Magati zu bedenken. »Er könnte dankbar sein, wenn wir ihn darauf hinweisen. Es kann jedenfalls nicht schaden, sich den Träumer als Ziel zu wünschen.«
    »Als das Wünschen noch geholfen hat …«, murmelte Wito.
    Sie fanden Wurzeln zum Essen, trockenes Buschwerk und Rinnsale mit klarem, bitterem Wasser. Dennoch zehrte das Land an ihren Kräften, vor allem an den Kräften der Seele. Wito war am längsten hier, und je länger Audan und Magati mit ihm wanderten, umso mehr spürten sie in ihm eine Müdigkeit, die über körperliche Erschöpfung hinausging.
    Es schien fast so, als wäre es ihm gleichgültig, wohin sie sich wandten. Man mochte meinen, die Ankunft der Gefährten wäre schon das Ziel seiner persönlichen Wünsche gewesen. Aber Magati war nicht bereit, aufzugeben. Es waren schon einmal Gefangene aus dem Labyrinth entkommen, und wenn es diesen Weg gab, würden sie ihn finden.
    Sie schaute zum Himmel empor. »Wir suchen uns jetzt den hellsten Stern und folgen ihm«, sagte sie. »Soweit das Labyrinth es zulässt. So haben wir zumindest eine Richtung.«
    Die drei Gnome blickten nach oben.
    »Das sind überhaupt keine wirklichen Sterne«, widersprach Audan. »Du weißt doch, dass über uns nichts weiter ist als eine gemauerte Decke. Diese Funken dort sind bloße Täuschungen. Zufällige Spiegelungen des magischen Lichts in den Gängen, womöglich.«
    »Für mich sehen sie echt genug aus«, erwiderte Magati trotzig.
    »Wer sagt uns, dass sie beständig sind?«, wandte Audan ein.
    »Dort.« Magati ließ sich nicht beirren. »Seht ihr diesen blauen Stern, der ein wenig tiefer steht? Er wirkt so fern! Den nehmen wir. Und ich nenne ihn den ›Träumer‹.«
    Audan verzog das Gesicht. »Jetzt gibst du den Funken schon Namen! Möchtest du auch noch eine Karte von der Landschaft zeichnen? Ich will einfach nur weg, und das so schnell wie möglich.«
    »Karten!« Wito blickte auf. »Habt ihr Schreibmaterial dabei? Vielleicht können wir uns tatsächlich zurechtfinden, wenn wir …«
    Audan unterbrach ihn. »Ich sag euch was. Bevor wir stundenlang hinter falschen Sternen herwandern, schauen wir lieber gleich, was sich dahinter verbirgt. Ob dort wirklich etwas ist.«
    Magati schaute ihn fragend an. Dann erkannte sie, was er vorhatte. »Nein!«, rief sie und sprang auf ihn zu.
    Aber Audan machte sich groß.
    »Ausgeschlossen!«, rief Grefan empört. »Das ist eine Ungeheuerlichkeit!«
    Frafa stand neben der Bank der Alben im Ratssaal. Als sie zum letzten Mal hier gewesen war, war es noch der Thronsaal der Fei gewesen. Jetzt waren die Spiegel am Boden von Teppichen bedeckt, die Kristallsäulen waren entfernt worden. Nur unter der Decke und an den Wänden war noch etwas von dem reinen Glanz zu sehen, mit dem Geliuna sich umgeben hatte. Frafa schaute unschlüssig zu Darnamur hin, der am Pult des Redners stand.
    »Was stört Euch daran, Grefan?«, fragte Darnamur. »Sie war immerhin Bleidans Vertraute. Ich hätte nie geglaubt, dass Ihr auch gegen diese Neubesetzung des Rates etwas einzuwenden habt!«
    Auf der Albenbank waren drei Plätze unbesetzt. Grefan saß auf der linken Seite, Salvan auf der rechten, mit einem gehörigen Abstand zu den sechs übrigen Mitgliedern.
    Grefan war ganz grün im Gesicht. »Sie war Bleidans Schülerin ! Euer Vorschlag ist eine Missachtung des Rats, eine Missachtung der Alben. Dieses Mädchen

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