Der Tag der Rache. Private Berlin
beschleunigen werde. Schließlich nehme ich die Tasche so in die Hand, als präsentierte ich im Restaurant eine gute Flasche Wein. Der Reißverschluss steht offen, so dass das Geld darin gut sichtbar ist.
Ich gehe zu dem Dieb, der die Festplatte in der Hand hält. Ich tue so, als würde ich stolpern, während ich ihm die Geldtasche reiche, die mir allerdings aus der Hand rutscht.
Mein Freund greift instinktiv nach vorn, um sie sich zu schnappen. Ich berühre ihn mit dem Elektroschocker und drücke ab, er zuckt und bricht zusammen. Nach einer weiteren Ladung Strom lasse ich das Gerät fallen und ramme den Schraubenzieher in seinen Nacken.
Jetzt zittert der Dieb von alleine, doch ich halte ihn fest, spüre, wie das Geheimnis aus ihm herausströmt und mich erfüllt.
Doch diesmal kann ich den Moment oder die auf den Tod folgende Ruhe nicht allzu lange genießen. Ich bin zwar durch den Regen geschützt, aber wenn ich zu lange warte, kommt vielleicht doch jemand vorbei.
Also verschließe ich die Wunde mit Superkleber und ziehe die Leiche zum Ufer, wate ein Stück ins Wasser und stoße sie in die Strömung in der Hoffnung, dass das kalte Wasser sie weit mit sich fortträgt.
Wieder am Ufer– mir ist kalt, was mich aber nicht stört– schleudere ich die Tasche zurück in den Mercedes und zerre die Abdeckplane mit der Leiche meines Freundes, des Computergenies, heraus. Ich rolle das Bündel zum Fluss und von dort die Leiche ohne Plane weiter ins Wasser, wo sie in null Komma nichts verschwunden ist.
Rasch falte ich die Plane zusammen, lege sie neben die Tasche in den Wagen und schleudere den Helm ebenfalls in den Fluss. Anschließend starte ich das Motorrad, lege den Gang ein, drehe das Gas bei gedrückter Bremse auf und lasse die Bremse los. Das Motorrad rast laut röhrend auf das Wasser zu, fliegt die Böschung hinunter und verschwindet.
Jetzt, meine Freunde, muss ich rasch nach Berlin zurück. Ich halte es nicht mehr aus. Ich muss im Schlachthaus nachsehen, muss Entscheidungen über dessen Zukunft treffen.
Schreckliche Entscheidungen.
2 1
Um Viertel vor sieben am Montagmorgen legte Mattie ihr rechtes Auge an den Retina-Scanner in Privates Berliner Niederlassung. Nach einer unruhigen Nacht waren ihre Augen blutunterlaufen und aufgequollen. Ob das die Erkennung beeinflussen würde? Nein, die schusssicheren Türen glitten zischend zur Seite.
Draußen hinter der Fensterfront wurde es langsam hell, als sie durch den verglasten Flur oberhalb des Parks ging. Auf dem gesamten Stockwerk brannte noch kein Licht, weil sie die Erste war.
Das dachte sie zumindest. Als sie im Aufenthaltsraum das Licht einschaltete, um Kaffee zu kochen, stöhnte jemand laut auf. Sie zuckte erschrocken zurück und blickte zum Sofa. »W er ist da?«, fragte sie.
Jack Morgan richtete sich auf und blickte sie benommen an. »I ch versteh kein Deutsch, Mattie«, sagte er auf Englisch. »W ie spät ist es?«
Wie viele Deutsche sprach auch Mattie fließend Englisch. »Z ehn vor sieben. Jack. Tut mir leid, ich wusste nicht…«
Jack, der Inhaber von Private, winkte ab und erhob sich. Er, groß und schlank und scheinbar immer in Eile, trug eine lederne Pilotenjacke, Jeans und Cowboystiefel. »K eine Sorge«, beruhigte er sie und strich sein blondes Haar zurück. »A ngeblich geht es einem besser, wenn man wach bleibt.«
Mattie lächelte. Sie mochte Jack Morgan. Er war schlau, ohne überheblich zu sein, und ihm gehörte das Unternehmen, ohne dass er sich wie ein Gott benahm.
Er trat auf sie zu. »W ie geht es dir?«
Mattie zuckte mit den Schultern und begann, Kaffee zu kochen. »S o gut, wie es einem gehen kann, wenn man herausfindet, dass ein… äh, Kollege und Freund bis auf einen aus dem Rücken geschnittenen Chip vermisst wird.«
»D eswegen bin ich hergekommen«, sagte Morgan mitfühlend. »G leich als ich davon gehört habe.«
»W ann bist du angekommen?«
»V or etwa einer Stunde. Dreizehn Stunden Flug.«
»D u musst ja völlig am Ende sein.« Mattie schaltete die Kaffeemaschine ein. »I ch kann dich auf den neuesten Stand bringen über das, was während deines Flugs passiert ist. Möchtest du irgendwo was Richtiges frühstücken?«
»K affee reicht im Moment«, lehnte Morgan ab und setzte sich an den Tisch. »U nd ich hätte gerne die Infos. Aber den ganzen Flug über ging mir eine Sache nicht aus dem Kopf: Warum habt ihr zwei euch getrennt?«
Mattie stieß die Luft aus und blickte zur Seite. Nur selten sprach sie mit anderen als
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