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Der Tag der Rache. Private Berlin

Der Tag der Rache. Private Berlin

Titel: Der Tag der Rache. Private Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson , Mark Sullivan
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wieder klaustrophobisch wurde. Doch als sie sich umdrehte, erfasste der Schein ihrer Lampe etwas, das zwanzig Meter entfernt lag. Sie kippte nach hinten, als hätte ihr jemand aufs Kinn geboxt.
    Zwei noch einigermaßen gut erhaltene Leichen lagen dort, die aber fast vollständig gehäutet waren.
    Eine Frau und ein Mann.
    Die Kleider hingen in Fetzen von ihnen herab.
    Obwohl sie es absolut nicht wollte, näherte sich Mattie den Leichen. Sie erkannte ein schwarzes, geripptes Sweatshirt, das von der größeren Leiche herabhing.
    Vor Mattie schien sich ein riesiges Loch zu öffnen, in das sie hineinstürzte. Keuchend sank sie auf ihre Knie, der in ihrem Gasfilter widerhallende Atem hörte sich an wie der von einem Zombie, von einem lebenden Toten.
    »M attie?«, meldete sich Ernst Gabriel.
    »S iehst du sie?«, fragte sie wie benommen.
    »J a, Mattie. Bitte, komm da raus.«
    »D ie größere ist Chris«, sagte sie.
    »M ein Gott, nein«, flüsterte Gabriel.
    Mattie wurde schwindlig, hatte Angst, in Ohnmacht zu fallen. Sie riss den Kopf nach hinten, schnappte nach Luft, kam sich vor wie eine Betrunkene. Doch durch die Flecken, die vor ihren Augen tanzten, bemerkte sie über sich an der Deckenverstrebung, etwas mehr als einen Meter von ihr entfernt, ein Päckchen ungefähr in der Größe eines Taschenbuchs, das in grünes Wachspapier eingewickelt war. Über einem kyrillischen Schriftzug prangte ein verwischter deutscher Stempel.
    Mehrere Sekunden lang hatte sie das Gefühl, dass alles um sie herum unwirklich war. Nichts von dem, was sie hier sah, passte zusammen. Doch dann kippte ihr Kopf zur Seite, und sie entdeckte weitere grüne Päckchen, die in einer Reihe an der Decke hingen.
    Sie waren alle miteinander verdrahtet.
    »M attie!«, rief Tom. »D as ist Sprengstoff! Nichts wie raus da!«

27
    Irgendwann ist alles zu Ende. Heißt es nicht so, meine Freunde? Jedenfalls ist es das, was meine Mutter, diese verräterische Schlampe, sagte, als ich sie das letzte Mal sah. Irgendwann ist alles zu Ende. Als könnte man damit einem achtjährigen Kind die Welt erklären. Als könnte sie damit rechtfertigen, was sie sich, meinem Vater und mir angetan hatte.
    Doch diesmal stimmt dieses alte Sprichwort. Irgendwann ist alles zu Ende. Das weiß ich so sicher, wie ich mich trotz der Maske kenne, die ich tragen muss.
    Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als ich mit meinem ML 500 am Eingang zum Schlachthaus vorbeirase, als hätte ich ein ganz anderes Ziel.
    Vor dem Schlachthaus stehen noch mehr Fahrzeuge als gestern, doppelt so viele. Polizeiwagen, Transporter der Spurensuche und Zivilfahrzeuge. Und alles ist mit rot-weißem Band abgesperrt.
    Doch statt fast in Panik zu geraten wie gestern, kühle ich innerlich ab wie ein Reptil. Fahre an den Wohnhäusern westlich des Schlachthauses vorbei und treffe allmählich eine schwere Entscheidung.
    Vor langer Zeit, eigentlich schon ganz früh in meinem Leben, lernte ich, dass Überleben bedeutet, eine Entscheidung zum Handeln auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen zu treffen. Meine Information besagt: Im Schlachthaus halten sich so viele Menschen auf, dass sie logischerweise die darin verborgenen Geheimnisse entdecken werden.
    Deswegen fahre ich ein paar Hundert Meter weiter eine kleine Anhöhe hinauf, von der aus ich einen mehr oder weniger direkten Blick auf das Dach des Schlachthauses habe. Einen Moment lang packt mich die Wehmut. Das Schlachthaus ist schon so lange Teil meines Lebens. Jetzt plagen mich Zweifel wegen dem, was ich tun muss.
    Doch es gibt keinen Weg zurück.
    Ich öffne eine Papiertüte auf dem Boden vor dem Beifahrersitz, nehme ein altes, klobiges Sprechfunkgerät der sowjetischen Armee mit Ausziehantenne heraus und lege die Batterie ein. Als ich das Gerät einschalte, bleibt das Lämpchen neben dem Schalter dunkel. Was ist los?
    Ah, jetzt leuchtet es grün auf.
    Ein bittersüßes Gefühl steigt in mir auf, während ich das Gerät auf einen Kanal mit einer Frequenz einstelle, die ich vor fast fünfundzwanzig Jahren das erste Mal verwendet habe. Mein Zeigefinger berührt die Sendetaste, das Klicken in meiner Kehle nimmt das Klicken des Geräts vorweg.
    Also dann, meine Freunde, es ist wohl an der Zeit, dass in Berlin die Hölle losbricht, hm?

28
    »M attie!«, brüllte Tom. »R aus da!«
    Unten im Keller des Schlachthauses erwachte Mattie aus ihrem Schock. Sie griff nach oben und riss den beschriebenen Bereich des grünen Wachspapiers ab. Nach einem

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