Der Tag der Rache. Private Berlin
bleiben«, entgegnete Tom.
Matties Telefon klingelte. »I hr habt ein Auto gestohlen?«, rief Katharina Doruk am anderen Ende.
Mattie verzog ihr Gesicht und hielt das Telefon einen Moment weit von ihrem Ohr entfernt, bevor sie antwortete. »W ir haben Chris’ Mörder verfolgt. Er war auf der Flucht.«
»I hr seid keine Polizisten!«, rief Katharina. »I hr habt nicht das Recht, Fahrzeuge zu beschlagnahmen! Die Frankfurter Polizei flippt völlig aus. Sie fahnden nach euch und…«
Mattie drückte die Austaste. »D arum kümmere ich mich später.«
»W enn sie sich beruhigt hat«, stimmte Tom zu.
Sie traten durch die Holztür, die mit Schnitzereien aus dem Kamasutra verziert war, in einen überraschend praktisch eingerichteten kleinen Empfangsbereich. Irgendwo spielte laute Discomusik. Hinter einem Tresen stand ein Regal mit Frotteetüchern und Bademänteln, davor saßen zwei ältere Damen, die zuerst Tom, dann Mattie und schließlich einander ansahen.
Eine lächelte wissend, die andere zuckte mit den Schultern. »F ünfundsechzig Euro Eintritt«, erklärte sie. »S ie haben Zugang zu allen Einrichtungen, Essen, Kaffee und alkoholfreie Getränke sind inklusive. Die Mädchen kosten extra. Fünfzig Euro für eine halbe Stunde normalen Sex. Fünfzig Euro für oralen Höhepunkt. Hundert Euro für dreißig Minuten Analerotik.«
Das alles sagte sie mit einem Grinsen in Matties Richtung, die sich selbst dann weigerte, eine Reaktion zu zeigen, als die Dame sagte: »W enn Sie möchten, dass sich unsere Mädchen auch um Sie kümmern, Schätzchen, müssen Sie verhandeln.«
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Als Mattie ihre Dienstmarke herauszog, richtete sich die Dame hinter dem Tresen entrüstet auf. »D ies ist ein legales Etablissement.«
»W ir sind nicht von der Polizei«, brummte Tom. »W ir sind Ermittler von Private Berlin.«
»U nd wir suchen nach einer Ihrer Mitarbeiterinnen, die verschwunden ist, Ilse Frei, und ermitteln in einem Mordfall– an einem Mann, der, wie wir glauben, letzten Dienstag herkam, um mit ihr zu sprechen«, fügte Mattie hinzu.
»I ch weiß nicht…«, begann sie.
»I ch erinnere mich an ihn«, fiel ihr die andere Frau ins Wort. »E r hat Eintritt bezahlt, hat mit mehreren Mädchen geredet und ist ganz schnell wieder verschwunden.«
»W issen Sie, wer mit ihm gesprochen hat?«
»N ein. Aber gehen Sie rein und fragen Sie nach Michelle. Michelle weiß alles.«
Tom und Mattie gingen auf die Tür ins Bordell zu.
»S topp! Regeln bleiben Regeln«, hielt sie die beiden auf und reichte Mattie einen Bademantel und Tom ein Handtuch. »W enn Sie das Paradise betreten, müssen Sie bezahlen und sich die Straßenkleidung ausziehen.«
Mattie wollte schon protestieren, doch Tom kam ihr zuvor. »V isa-Karte?«
»N atürlich«, antwortete die Frau und gackerte.
Als die Geldangelegenheiten erledigt waren, betraten sie einen Flur, von dem aus man am Ende nach rechts und links zu den getrennten Umkleidekabinen gelangte. Die für Damen war, anders als die in Matties Sportstudio, leer und überraschend sauber. Mattie zögerte, zog sich dann aber ihre Jeans und Bluse aus und hängte sie mitsamt dem Halfter und der Waffe in den Spind.
Sie zog den Gürtel des Bademantels, der ihr viel zu groß war, fest um ihre Taille und schlüpfte in die desinfizierten Badelatschen, die im Spind bereitlagen. Dann ging sie zur Treppe auf der anderen Seite der Umkleide, wo ein Schild den Weg zum Spa wies. Oben betrat sie einen größeren Raum mit Becken und Whirlpools und exotischen Pflanzen. Hübsche, nackte Frauen flanierten umher und schwammen in den Becken.
Ein Dutzend Männer mit Handtüchern um die Hüften bewunderten die Frauen. Tom war einer von ihnen. Er stand neben oder vielmehr hinter einem Kasten mit Orchideen. Sein Handtuch reichte kaum um seinen massigen Unterleib, so dass er die Enden verkrampft zusammenhalten musste.
Mattie konnte nicht anders. »J etzt bloß nicht ausrutschen«, lachte sie.
»H ättest ruhig im Auto bleiben können, wäre hier um einiges leichter gewesen«, schoss Tom zurück.
»U nd mir dein Gesicht entgehen lassen?«
Eine hochgewachsene blonde Frau mit großen natürlichen Brüsten schlenderte auf sie zu, legte ihre rubinroten Fingernägel auf Toms Brust und sah zu Mattie. »I st der Rest von ihm auch so groß?«, fragte sie mit ungarischem Akzent.
Mattie unterdrückte ein Lächeln. »D as weiß ich nicht.«
Die Augen der Blondine funkelten. »I hr trefft euch zu eurer ersten Verabredung hier im Paradise?
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