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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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dauerte es, bis ich begriff, dass die Fanfarenatmosphäre nicht bloß von dem Lichtphänomen kam: Wieder jaulten hinter mir die Hupen.
    Ohne Ampel noch Gegenverkehr zu beachten, brachte ich das Auto quietschend nach links in die Hämeentie. Erst dort merkte ich, dass ich den Blinker vernachlässigt hatte, weshalb ich ihn aus lauter Panik fünfzig Meter und zehn Sekunden zu spät zwinkern ließ. Im selben Augenblick wisperte mein Telefon in der Handtasche, ich wagte es nicht, danach zu angeln, wohinter außer Sicherheitsdenken, wie mein Sohn sich bestimmt wichtig ausgedrückt hätte, auch die pure Angst vor dem steckte, was am anderen Ende der Leitung auf mich wartete, mit Sicherheit etwas Schlimmes, Entsetzliches. So umklammerte ich weiterhin mit beiden Händen das Lenkrad, richtete den Blick auf die Straße und stieg mit dem Fuß aufs Gas.
    Die Hämeentie rollte oder besser ruckelte unter dem Auto dahin. Am Anfang war es unmöglich, aus der jeweiligen Position Schlussfolgerungen zu ziehen, weil die gesamte Aufmerksamkeit auf Unfallvermeidung ausgerichtet war. Bei Kumpulaließ der Anfangshorror immerhin ein bisschen nach, aber als ich nach dem Ring 1 zwischen ein schwarz verkohltes Waldstück und die schmutzig-grauen Wohnblocks von Jakomäki geriet, war die Abgeklärtheit auch schon wieder dahin und der Kopf voll von sich ringelnden Würmern schwarzer Gedanken. Schlau wurde ich natürlich nicht daraus, ich begriff nur, dass ich gelogen und die Angelegenheiten ganz und gar unschuldiger Menschen durcheinandergebracht hatte.
    Dann musste ich mich aber zwingen, mir all das aus dem Kopf zu schlagen und mich aufs Fahren zu konzentrieren. Damit hatte ich genug zu tun, auch wenn man auf der Autobahn nicht ständig auf Ampeln oder vor einem fahrende Autos lauern musste; Letztere gab es genau genommen gar nicht einmal, weil ich mich nicht traute, mit mehr als fünfzig oder sechzig Stundenkilometern vorwärtszuzockeln. Autos sausten vorbei, verdutzte Blicke verweilten kurz bei mir und hinterließen auf der Haut einen miesen, warmen Abdruck. Mein armes Fahrzeug brüllte, das Lenkrad zitterte und die Gänge kreischten, weil ich die ganze Zeit im zweiten fahren musste. Den dritten bekam ich bei meiner Kraftlosigkeit nicht rein und der vierte hätte meine Fähigkeiten überstiegen.
    Dann klingelte wieder das Telefon. In dem von Geräuschen erfüllten Auto wäre er an sich gar nicht aufgefallen, der leise vibrierende tragbare Hörer, aber das Kommunikationsmittel war aus der Handtasche gerutscht und leuchtete bläulich auf dem Beifahrersitz. Ich warf einen Blick darauf und sah dann wieder auf die gesprungene Windschutzscheibe und durch sie hindurch. Ich befand mich wohl irgendwo an der Grenze von Vantaa, ringsum war hauptsächlich vom Herbst angefressener Wald zu sehen, dazwischen Gewerbehallen undvorne, mehrere Kilometer entfernt, ein Laster. Sobald ich mir bewusst gemacht hatte, dass bei meiner Marschgeschwindigkeit ein Zusammenprall mit dem Lastzug nur möglich wäre, wenn er die Erdkugel umrunden und mir von hinten reinfahren würde, tastete ich nach dem Handy.
    Dabei musste ich aber trotzdem nach vorn schauen, und so dauerte es eine Weile, bis es mir gelang, den Apparat in die Finger zu bekommen. Währenddessen entfaltete sich in meiner Vorstellung das Horrorszenario, die Anruferin wäre Irja; sie hatte die Zeitung gelesen, war wütend oder, noch schlimmer, enttäuscht und traurig, putzte mich nicht herunter, sondern seufzte nur etwas wie »und das, wo ich mich so auf dich verlassen hatte«. Auch an ihren Mann dachte ich nebenbei noch, aber dann bekam ich das sirrende Handy endlich zu fassen und es war bloß mein Sohn, der anrief, Wo bist du, Im Auto, Ja aber wo, Im Auto, Furchtbarer Lärm ich hör gar nix, Im Auto bin ich, Ach jetzt schon, Erst hast du es mir aufgedrängt und jetzt darf ich nicht oder wie, Das meine ich nicht aber, Was aber, Was macht da so einen Krach, Ich glaub fast das ist das Auto, Das brüllt ja direkt, Der dritte Gang geht nicht rein, Dann fahr eben im vierten, Das traue ich mich nicht, Und warum nicht, Ist zu schnell, Aha, Genau, Aber was ich sagen wollte, Hallo ich hör dich nicht, Ich wollte nur, Hallo hallo ich höre nichts, Hallo Mama, bis du noch dran, Jetzt hör ich gar nichts mehr ich muss fahren.
    »Tschüs!«, schmetterte ich noch und legte das Telefon neben die Handtasche auf den Beifahrersitz. Ich passierte Korso und nasses Industriegehölz, am Himmel schienen die Wolken aufzureißen, man sah

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