Der Tag der Traeume
ansah, dass sie sich innerlich vor Verlegenheit wand.
Kendall konnte nicht sagen, wer sich schlimmer aufführte, Hannah oder Lisa, aber sie musste dazwischengehen, ehe die Dinge aus dem Ruder liefen. Und Lisa schimpfte sich Lehrerin? Als Zierde ihres Berufsstandes konnte man sie wahrlich nicht bezeichnen.
»Also nochmals vielen Dank, dass Sie auf Hannah aufgepasst haben.« Kendall bedachte Lisa mit einem aufgesetzten Lächeln, dann wandte sie sich an ihre Schwester. »Hannah, Izzy hat uns da hinten einen Tisch reserviert. Komm jetzt.«
Zu ihrer Überraschung folgte Hannah der Aufforderung ohne Widerspruch.
»Rick ist vergeben!«, fauchte sie, ehe sie im hinteren Teil des Restaurants verschwand.
Kendall schüttelte den Kopf. Scheinbar war sie nicht die einzige Vertreterin der Familie Sutton, die eine Schwäche für Rick Chandler hatte.
»Ihre Schwester hat keine Manieren«, fauchte Lisa erbost.
Kendall zuckte die Achseln. »Schon möglich. Aber sie hat Recht.« Das klang zwar schnippisch, aber sie konnte nicht anders, sie musste Lisa diese nicht zu leugnende Tatsache unter die Nase reiben, zumal sie gerade von einem intimen Rendevouz mit dem Mann kam. Und seit sie von Charlotte Einzelheiten über Ricks Vergangenheit erfahren hatte, verspürte sie den starken Drang, ihn zu beschützen – besonders vor solchen falschen Schlangen wie Lisa Burton.
»Sie haben beide kein Benehmen, und das werden die Chandlers auch noch feststellen.« Lisa sprang auf, griff nach ihrer Handtasche und stolzierte zur Tür.
»Schönen Tag noch«, rief Kendall ihr nach, dann ging sie in sich hineinlächelnd zu dem kleinen Tisch im hinteren Teil des Restaurants, wo Hannah wartete. Sie setzte sich auf ihre Bank, faltete die Hände vor sich und fragte sich, wo um Himmels willen sie anfangen sollte.
»Bild dir jetzt bloß nicht ein, ich hätte dich in Schutz nehmen wollen.« Wie üblich hielt Hannah mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. »Ich fand es bloß ätzend, wie sich diese Zicke an Rick rangeschmissen hat.«
Kendall beschloss, den Protest ihrer Schwester zu überhören. Hannah hatte sie in Schutz nehmen wollen, und diesen Umstand galt es auszunutzen. »Mir gefällt das auch nicht, aber Rick ist ein erwachsener Mann und ein Experte im Abwimmeln lästiger Verehrerinnen. Das müssen wir nicht für ihn übernehmen.« Da sich ihr hier endlich eine Möglichkeit bot, eine Brücke zu ihrer Schwester zu schlagen, beugte sie sich vor. »Aber es hat Spaß gemacht, Lisa einen Dämpfer zu verpassen, nicht?«
Hannah nickte mürrisch, dann hellte sich ihre Miene auf. »Wir sollten wirklich ein bisschen auf Rick aufpassen.«
»Aber ich bin sicher, es wäre ihm lieber, wenn du dabei etwas … sagen wir, feinfühliger vorgingest.«
»Ich denk drüber nach.«
Mit einem größeren Zugeständnis durfte Kendall wohl nicht rechnen.
»Wo steckt Rick eigentlich?«, wollte Hannah wissen.
Scheinbar hatte ihre Schwester den mittleren Chandler ins Herz geschlossen; etwas, wofür Kendall vollstes Verständnis hatte. »Er steht noch unter der Dusche, denke ich. In ein paar Minuten wird er hier sein. Hannah, wegen der Sache mit dem Direktor …«
»Das war keine Absicht, ich schwöre es!« Hannah hob die Hände. »Ich wollte es einem Typen heimzahlen, der mich vorher nass gespritzt hat, aber der war schneller und hat sich geduckt. Es ist nicht meine Schuld, dass Dr. Nowicki die Ladung abgekriegt hat.«
Jemanden in Hannahs Alter schien nie die Schuld an irgendetwas zu treffen.
»Sieh mal, wer da sitzt!«
Kendall drehte sich um und sah Raina und den Stadtarzt auf ihren Tisch zukommen, was Hannah vor weiteren Vorhaltungen bewahrte. »Hallo, Raina. Dr. Fallon.«
»Eric«, berichtigte er. »Wir sind hier nicht so förmlich.«
Kendall lächelte. »Eric. Und das ist meine Schwester Hannah«, stellte sie vor, wobei sie betete, Hannah möge ein Mal ihren vorlauten Mund halten. »Hannah, das ist Ricks Mutter und das Dr. Eric Fallon.« Sie erwähnte eigens Ricks Namen, um ihre Schwester milde zu stimmen.
»Freut mich, Sie kennen zu lernen.« Hannah schenkte dem Paar ein aufrichtiges Lächeln.
Raina trat zu ihr und schüttelte ihr die Hand. »Ganz meinerseits. Du bist ja eine richtige kleine Schönheit, junge Dame.«
Zu Kendalls Überraschung lief Hannah rot an.
»Ich muss mit dir reden, Kendall, und deine Schwester kann mir vielleicht auch behilflich sein.« Raina sah Eric an. »Gib mir fünf Minuten, ja?«
»Bewilligt. Aber nur, wenn du dich jetzt
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