Der Tag Des Falken
überall. Unsere Leute schaffen es nicht, die Border Security Force zu infiltrieren. Aber Sie scheinen be-neidenswerterweise mit Geffar... befreundet zu sein. Außerdem möchten wir von Ihnen über ungewöhnliche Aktivitäten, Einsätze, Projekte und Unternehmen informiert werden.«
»Ausgeschlossen! So gut kenne ich sie wirklich nicht. Wir treffen uns nur gelegentlich — meistens auf Veranstaltungen. Ich bin noch nicht mal auf ihrer verdammten Plattform gewesen!«
»Dann erwarten wir, daß Sie Ihren berühmten Charme einsetzen und ihr menschlich näherkommen, Mr. Van Nuys. Schließlich ist sie trotz allem auch eine Frau.« Sein Zeigefinger tippte das Mobiltelefon auf der Bar an. »Wir stellen Ihnen sogar ein Telefon zur Verfügung, Mr. Van Nuys - abhörsicher, nicht aufspürbar und für Sie kostenlos. Als Geschäftsmann sollten Sie dieses Angebot zu schätzen wissen.«
»Angebot? Was bekomme ich, wenn ich nicht mitmache? Eine Kugel in den Kopf?«
»Wie melodramatisch, Sir! Sie werden sehen, daß meine Auf-
traggeber sehr großzügig sein können. Fragen Sie Ihren Polizeichef. Eine zusätzliche Verteilerorganisation können meine Auftraggeber immer brauchen. Selbst eine so kleine wie Ihre.« Er setzte langsam die Sonnenbrille auf. »Aber meine Auftraggeber verstehen keinen Spaß mit Leuten, die sie enttäuschen oder betrügen. Sie haben viel zu verlieren, Mr. Van Nuys: Haus, Ansehen, Beruf. Es wäre doch schade, wenn Sie den Rest Ihres Lebens hinter Gittern verbringen müßten...«
Van Nuys wußte, daß ihm keine Wahl blieb. Eine Selbstanzeige bei den Hammerheads konnte Haftverschonung bedeuten - aber wie lange hätte er dann noch zu leben? »Was ist, wenn ich nichts rauskriege? Was ist, wenn sie mir nichts anvertrauen will?«
»Da setze ich ganz auf Sie, Mr. Van Nuys.« Der Mann stand auf.
»Sie haben einen Ruf als Herzensbrecher, den Sie gewiß verteidigen wollen. Sollten Sie das aus irgendwelchen Gründen nicht schaffen, besuchen wir Sie wieder... Und nun möchte ich eine Story von Ihnen hören, Mr. Van Nuys. Erzählen Sie mir, was Sie über Sandra Geffar wissen.«
San Diego, Kalifornien
Am nächsten Nachmitag Im Hafen San Diego kommandierte Chefinspektor Roger Bolan das Contraband Enforcement Team (CET) mit dem Auftrag, Schmuggelware — Drogen, Bargeld, Diebesgut sowie weitere illegale oder unangemeldete Gegenstände - in den Containern oder Laderäumen einlaufender Schiffe aufzuspüren. Der Enddreißiger Bolan war seit fünfzehn Jahren beim Customs Service und hatte das hiesige CET vor drei Jahren als einer der jüngsten Chefinspektoren Amerikas übernommen. Weshalb er Karriere gemacht hatte, lag auf der Hand: Er nahm seine Arbeit sehr, sehr ernst und erwartete von allen Untergebenen dieselbe Einstellung.
Jetzt legte Bolan die Füße auf seinen mit Akten überladenen Schreibtisch, schob seinen Revolver Kaliber 44 Magnum etwas weiter unter die linke Achsel und nahm sich eine Customs Form 1302 vor- das Zollmanifest eines amerikanischen Frachters, der in wenigen Stunden einlaufen würde. Der Chefinspektor war klein, aber drahtig; er trug sein dunkelbraunes Haar militärisch kurz und hatte sich seinen Schnurrbart auf sanftes Drängen seiner Frau abrasiert, so daß er noch jünger aussah. Das Zollmanifest umfaßte rund dreißig Seiten, deshalb holte er sich aus dem Vorzimmer eine Tasse Kaffee, bevor er wieder die Füße hochlegte und es gründlich durchlas.
Der Frachter Maria Star Kelly, das größte Schiff der Kelly Steamship Company in Alameda, Kalifornien, hatte auf seiner dreiwöchigen Reise sechs Häfen angelaufen: Valparaiso, Chile (Tomatenprodukte, Traubensaft, Edelholz, Wein, Möbel, Fisch), Callao, Peru (Umzugsgut, Autos, Kupferdraht, Bleischrot), Gua-yaquil, Ekuador (Glasflaschen, Balsaholz, Kaffee, Tiefkühlgarnelen, Bananenpüree), Buenaventura, Kolumbien (Kaffee, Autoreifen), Baiboa, Panama (Fliesen, Melonen, Elektrogeräte) und Puntarenas, Costa Rica (Bambusmöbel, Keramikwaren, Zigaretten). Das alles transportierte die Maria Star Kelly teils gekühlt in zweiundfünfzig Zwanzig-Fuß-Containern und sechsundfünfzig Vierzig-Fuß-
Containern - alle mit registrierten Bleiplomben, deren Nummern ins Zollmanifest eingetragen waren.
Darüber hinaus enthielt das Manifest den Namen des Kapitäns, die Daten der Hafenliegezeiten und die Namen der Verfrachter und der Empfänger oder Agenten, die bei Eintreffen der Ware zu benachrichtigen waren. Außerdem gab es das Bruttogewicht jedes Containers an
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