Der Tag Des Falken
Hardcastles Ausarbeitung über eine Sondereinheit zur Bekämpfung des Drogenschmuggels schon dreimal mit unzähligen Änderungswünschen zurückgeschickt. Cronin hatte vor allem den Umfang der Denkschrift kritisiert und behauptet, er sei praktisch die Garantie dafür, daß sie weder im Weißen Haus noch im Kongreß Leser finden werde.
»In Wirklichkeit geht's dem Admiral gar nicht um den Umfang«, sagte Hardcastle. »Er weiß bloß noch nicht, ob er dieses Projekt wirklich unterstützen soll.«
»Ob er Sie unterstützen soll, meinen Sie.«
»Möglich. Andererseits ist er dafür bekannt, daß er zu seinen Leuten steht. Daß ein so ehrgeiziges Projekt Cronin Magenschmerzen macht, ist verständlich. Ich bin froh, daß er nicht wie andere Chefs ist, die ein Projekt dieser Art schon teilweise bekanntgegeben hätten, um sich ein bißchen Publicity zu sichern.«
Hardcastle tippte wieder mühsam weiter, als an die Tür geklopft wurde.
»Daniel! Herein mit dir!«
Daniel Hardcastle, sein jüngerer Sohn und heimlicher Liebling, war siebzehn Jahre alt, groß, blond und drahtig; er sah seinem Vater viel ähnlicher als der sechsundzwanzigjährige Roger, der das genaue Abbild seiner Mutter war.
»Schon wieder Überstunden, was?« fragte Daniel und umarmte seinen Vater kurz. Der Admiral sah Becker an, der nur auf diesen Blick gewartet zu haben schien. »Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, Sir, fahre ich nach Hause«, schlug der Adjutant vor. Hardcastle nickte - für Beckers Taktgefühl dankbar.
»Wie bist du hergekommen?« fragte Hardcastle und sah auf seine Uhr, als Becker ging. »Es ist schon ziemlich spät. Hat deine Mutter...?«
»Per Anhalter.«
»Um halb zehn, obwohl du morgen Schule hast?«
»Ab acht proben die anderen für die Abschlußfeier«, antwortete Daniel rasch. »Der Unterricht beginnt erst um neun.«
»Und du gehst nicht zur Probe?«
»Darüber haben wir schon gesprochen, Dad.« Daniel versuchte das Thema zu wechseln, indem er das an der Wand hängende Foto der V-22 Osprey mit Schwenkrotoren anstarrte.
»Schon gut, schon gut«, sagte Hardcastle, der es bedauerte, diesen Punkt angeschnitten zu haben. Ja, sie hatten darüber gesprochen ... oder eigentlich gestritten. Um seinen geschiedenen Eltern einen peinlichen gemeinsamen Auftritt bei der Schulabschlußfeier zu ersparen, hatte Daniel beschlossen, gar nicht erst hinzugehen. Und Hardcastles Entscheidung, ihm in dieser Beziehung seinen Willen zu lassen, hatte seine Ex-Frau Jennifer erst recht gegen ihn aufgebracht.
»Du solltest nachts wirklich nicht per Anhalter fahren«, sagte Hardcastle. »Da sind Kerle unterwegs, die dich zusammenschlagen, bloß weil ihnen dein Hemd nicht gefällt — oder weil's ihnen gefällt. Du weißt, was ich meine?«
»Klar, Dad. Ich mach's nicht mehr.« Daniel trat an seinen Schreibtisch und warf einen unbekümmerten Blick auf die dort liegenden Papiere. Hardcastle legte einen roten Plastikordner darüber.
»Noch immer bei deinem streng geheimen Projekt?« fragte er. »In letzter Zeit arbeitest du verdammt viel, Dad.«
»Das hier ist ziemlich wichtig.«
»Worum geht's dabei?«
»Wenn ich's dir sagen würde, war's nicht mehr geheim.«
»Gibt's auch keine nicht geheime Version?«
Hardcastle zuckte mit den Schultern. »Es geht um die Bekämpfung des Drogenschmuggels. Mehr darf ich dir vorerst nicht erzählen.«
»Das hab' ich mir gedacht«, sagte Daniel. »Warum wird der Drogenhandel nicht einfach freigegeben?«
»Hör auf, Danny! Darüber haben wir schon oft genug diskutiert.
Alkohol und Kokain sind eben nicht das gleiche. Und bei Marihuana kennt niemand die Langzeitwirkungen. Aber die Argumente hast du ja schon gehört.«
»Ich sehe nur, wie du Tag und Nacht arbeitest, um dieses Pro blem zu lösen, und aus meiner Sicht könntest du ebensogut versuchen, die Niagarafälle raufzuschwimmen.« Als sein Vater nicht darauf einging, betrachtete Daniel wieder das Photo der Osprey. »Klasseflugzeug, was?
Wollt ihr damit auf Schmugglerjagd gehen?«
Ein cleverer Junge, dachte Hardcastle. Trotz seiner vielen dummen Streiche. »Mich kannst du nicht aushorchen. Komm zur Coast Guard, geh auf die Akademie und laß dir dort alles erzählen.«
»Ich denke darüber nach.«
»Du denkst über die Akademie nach?«
»Klar. Wie sollte ich's nicht tun?«
Das freute Hardcastle, aber Daniel sollte nicht das Gefühl haben, sein Vater dränge ihn. Deshalb wechselte er das Thema. »Wie geht's deiner Mutter?«
»Gut.« Daniel grinste über
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