Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
Moment gekommen, ihm anzuvertrauen, was sie belastete.
„Lassen Sie es mich so sagen: E s hat sich eine Situation ergeben, die mich so beschäftigt, dass ich momentan keine Zeit habe, zu trauern. Das werde ich sicher später einmal nachholen. Zuhause in New York.“
Stefan nickte nachdenklich und sah sie forschend an. „Darf ich fragen, welcher Art die Probleme sind? Vielleicht kann ich Ihnen helfen.“
„Wenn sie mir schon zu abgehoben sind, werden sie einem Geschäftsmann wie Ihnen sicher wie vollkommener Blödsinn vorkommen.“
Der attraktive Mann lächelte Emily herausfordernd und mit funkelnden Augen an und setzte sich ein wenig bequemer hin. Nachdem er entspannt einen Schluck Wein getrunken hatte, sagte er: „Lassen Sie es darauf ankommen.“
Emily gefiel sein spitzbübisches Grinsen sehr.
„Okay, Sie haben es nicht anders gewollt. Also: A ußer dem Cottage in Fulham und einem nicht unerheblichen Vermögen hat meine Mutter mir auch einen Brief , in dem von einem Familiengeheimnis die Rede ist , sowie den Schlüssel für ein Bankschließfach hinterlassen .
In diesem Schließfach befand sich ein Rosenkranz, ein Silberkreuz und Weihwasser, außerdem ein Hinweis auf ein Grab in unsere r Familiengruft auf dem Highgate Friedhof hier in London. Das war der Name, bei dessen Suche Sie mir geholfen haben. Ich bin also dorthin gegangen, um herauszufinden, was meine Mutter mir sagen wollte und habe auf der Grabplatte von Edward Watson diese Inschrift hier gefunden.“
Emily stand auf, ging zu ihrer Handtasche hinüber, die sie auf die bunt geblümte Tagesdecke des Bettes gelegt hatte und fischte den Zettel heraus, auf dem die Verse standen.
Stefan Eckkamp las sich das Gedicht mehrere Male durch, bevor er die junge Frau ernst ansah.
„Haben Sie sonst noch etwas in Erfahrung bringen können?“
Emily setzte sich wieder und rieb sich mit den Händen über das Gesicht.
„Jetzt kommt der Teil, der Sie zum Lachen bringen wird, Stefan: I ch habe zunächst den Friedhofsverwalter und dann den Reverent der zuständigen Gemeinde angerufen, der anscheinend schon ein recht seniler alter Mann ist. Er hat mir doch tatsächlich erzählen wollen, dass mit dem ‚Engel der Rache’ ein Vampir gemeint sein könnte!“
Sie versuchte zu lächeln, doch da Stefan zu ihrer Überraschung sehr ernst blieb, kam eher eine jämmerliche Grimasse dabei heraus.
„Das ist die Stelle, an der Sie mir sagen müssen, dass es keine Vampire gibt.“
„Und wenn doch?“
Die junge Frau traute ihren Ohren nicht. „Wie bitte? Ich dachte, als Geschäftsmann würden Sie rationaler denken.“
„Mein Beruf sagt nicht zwingend etwas darüber aus, wer ich bin und was ich denke, Emily. Wenn ich ehrlich bin, konnte ich mich schon immer für Vampirgeschichten begeistern und finde den Gedanken spannend, dass vielleicht doch ein Funken Wahrheit hinter all den Geschichten steckt ! Während meiner Zeit an der Universität war ich lange einer kleinen Gruppe angeschlossen, die sich mit der Erforschung solcher Legenden und mit deren Wahrheitsgehalt beschäftigt hat. Sie wären überrascht, in wie vielen altertümlichen Geschichten sich ein wahrer Kern befindet. Fügen Sie das Puzzle doch mal zusammen: Ihre Mutter hat sie auf einen Friedhof geschickt, nachdem sie Ihnen das althergebrachte Handwerkszeug gegen Vampire in die Hände gegeben hat: ein Silberkreuz, Weihwasser… eigentlich fehlt nur noch ein Holzpfahl. Und dann lesen Sie diese merkwürdige Inschrift.“
Es passte. Die junge Watson wollte es nicht zugeben, doch es passte.
„Und was bedeutet dieses Gedicht Ihrer Meinung nach?“
„Na, was meinen Sie denn? Lesen Sie es sich noch einmal durch. Wenn wir tatsächlich einmal annehmen, dass es Vampire gibt…“ Er wiegelte sie mit einer Handbewegung ab, als Emily scharf Luft holte, um zum Protest anzusetzen.
„Nur angenommen! Also, wenn wir davon ausgehen, dass es Vampire gibt, dann würde ich aus diesen Zeilen schließen, dass jemand aus Ihrer Familie sich vor diesen Geschöpfen oder vielleicht auch nur vor einem Vampir besser in Acht nehmen sollte!
Haben Sie über Edward Watson inzwischen mehr herausfinden können? War das Stadtarchiv hilfreich? “
Emily nickte nachdenklich. „1726 hat er versehentlich seine Scheune in Brand gesetzt. Zwei Tage später hat man ihn tot aufgefunden, in einer Viehtränke. Unversehrt bis auf eine kleine Wunde. Wenig später fand man seine Frau in demselben Zustand. Die drei Kinder wurden daraufhin weg
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