Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
dämmerte es ihr: E r schwebte. Es war ein Vampir.
Ihr Herz begann wie wild zu rasen. Gedanken und Vorahnungen schossen so schnell durch ihren Kopf, dass sie sie nicht einmal klar erfassen konnte. Doch da der unangemeldete Besuch sich nicht vom Fleck rührte, blieb ihr nichts anderes übrig, als zum Fenster zu gehen und es zu öffnen.
„Roy schickt mich. Pack deine Sachen zusammen und verlasse die Pension.“
Emily stutzte. „Wozu? Ich habe getan, was ich sollte. Ich habe keine Ahnung, wer du bist, aber da Roy dich geschickt hat, richte ihm bitte aus, dass unser Plan gescheitert ist. Ich habe mein Bestes gegeben und musste vorher ausgiebige Folter ertragen ! Wenn er sein Wort hält, muss er mich gehen lassen. Wir sind mehr als quitt, und i ch bin frei! “
„Tu, was ich dir gesagt habe!“
Damit verschwand der Fremde so blitzartig, wie er gekommen war. Emily kochte vor Wut. Er hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, auch nur zu widersprechen. Doch etwas in seiner Stimme hatte ihr A ngst gemacht. Ihre Intuition sagte ihr, dass der Vampir gekommen war, um sie zu beschützen.
Mit zitternden Händen packte sie schnell ihre Sachen zusammen. Jetzt war sie dankbar, dass sie bei ihrem Besuch im Haus ihrer Mutter den Seesack vom Speicher mitgenommen hatte. Den füllte sie nun mit ihren Sachen und ließ den großen Koffer zurück.
Auch den Inhalt ihrer Handtasche ließ sie in den Reisesack gleiten. Falls das eben eine Aufforderung zur Flucht gewesen war, schien es besser zu sein , nur ein Gepäckstück mit sich zu führen. Eine einzelne Tasche, die ihr momentanes Leben beinhaltete.
Dann schrieb sie Prudy Mallon schnell eine Nachricht.
„Liebe Prudy,
es tut mir leid, meine Zelte hier so schnell abbrechen zu müssen,
nachdem Sie mich gerade erst wieder so liebevoll aufgenommen haben.
Doch ich muss gehen, und zwar noch heute Nacht.
Wie ich Ihnen bereits sagte, ist es kompliziert,
aber Sie brauchen sich nicht um mich zu sorgen.“
Emily zögerte einen Moment, ehe sie weiterschrieb.
„Ein Mann wird sich um mich kümmern und mich beschützen.
Danke für alles.
Ihre Freundin Emily“
Sie legte den Zettel auf den kleinen Tisch, schwang sich ihren Seesack über die Schultern und verließ eilig und so lautlos wie möglich das Zimmer.
Auf der Straße schlug der jungen Frau ein eisiger Wind entgegen, und dicke Regenschleier hüllten sie ein wie ein nasses Tuch. Da Emily nur gesagt worden war, sie solle die Pension verlassen, folgte sie ihrer inneren Eingebung und machte sich zu Fuß au f den Weg zum Highgate Cemetary .
Als sie gerade um die nächste Straßenecke bog, sauste plötzlich ein riesiger, dunkler Schatten auf sie herunter und riss sie mit sich in eine dunkle Seitengasse. Bevor Emily schreien konnte, hatte sich eine große Hand in einem schwarzen Lederhandschuh bereits fest auf ihren Mund gelegt, so dass sie gerade noch durch die Nase atmen konnte.
Ein schwerer Körper presste ihren gegen die nächste Hauswand, bevor sie Roys Stimme dicht an ihrem Ohr hörte. Emily musste einen Aufschrei unterdrücken, da sie schmerzhaft jede verletzte Rippe spürte.
„Wir müssen verschwinden. Morris hat die VHA auf dich gehetzt. Du hättest sie direkt zu unserer Unterkunft geführt, ohne es zu merken. Wenn du jetzt fliehst, bringen sie dich um. In ihren Augen gehörst du jetzt zu uns. “
Emily versuchte, sich von dem starken Vampir zu lösen, doch er drückte sie wie eine Metallplatte weiter an die Wand.
„Emily, ich weiß, es ist viel verlangt nach allem, was du durchgemacht hast, aber vertrau mir nur dieses eine Mal. Dass die VHA dich beschattet , ist Beweis genug, dass du getan hast, was ich von dir verlangt habe. Als Gegenleistung lass mich dein und mein Leben retten.“
Unvermittelt sah er auf und riss sie blitzschnell hinter eine überfüllte Mülltonne. Mit einem kurzen Blick bedeutete Roy ihr, absolut still zu sein. Emily vergaß vor Schreck sogar, zu atmen, was sich als sehr gut herausstellte, da man ansonsten ihren Atemnebel in der kalten Nachtluft gesehen hätte. Sekunden später gab der Vampir Entwarnung, flüsterte aber weiterhin.
„Pass auf. Ich weiß, du hast Angst. Sie quillt dir aus jeder Pore. Aber wenn du überleben willst, musst du mir jetzt vertrauen.“
„Roy, das ist ein Widerspruch in sich! Weißt du eigentlich, dass ich dank deines verdammten Plans tagelange Folter hinter mich bringen musste? Ich dachte, ich überlebe das nicht! “ Emily fauchte ihn so leise wie möglich an.
„Hör
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