Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
unterbrochen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der Mann mit zornesblitzenden Augen auf der Schwelle stand.
„Kannst du nächstes Mal verdammt noch mal Bescheid sagen, wohin du gehst? Ich habe keine Lust, das ganze Anwesen nach dir abzusuchen!“
Emily war erschrocken hochgefahren und sah den Vampir verwirrt an, der sich nur Sekunden zuvor beinahe zu einer erotischen Phantasie entwickelt hätte .
„Ehm… klar!“ Verblüfft hielt Roy inne. Sie hatte es nicht mal ironisch gesagt. Mit so einem spontanen Sieg hatte er nicht gerechnet. Dabei hatte sich Emily bei seinem Eintreten nur zu sehr erschrocken, um ihm e ine patzige Antwort entgegen zu schleudern. Das Überraschungsmoment schien zwischen ihnen zu wandern.
„Okay. Dann…“ Roy blieb unschlüssig in der Tür stehen und versuchte, sich daran zu erinnern, was er ihr hatte sagen wollen, als er sich auf die Suche nach ihr gemacht hatte.
„In der Küche ist… also… du kannst dir was zu essen machen, wenn du willst.“
„Danke.“ Emily nickte verlegen und wusste einen Augenblick lang nicht, wo sie ihre Hände hin tun sollte.
Da es scheinbar nichts weiter zu sagen gab , nickte Roy knapp und schloss etwas verlegen die Tür hinter sich.
Als Emily der Witz der Situation bewusst wurde, ließ sie sich aufs Bett zurück fallen und grinste in sich hinein .
17
In den folgenden zwei Tagen geschah recht wenig. Das Schloss war sicher vor Angriffen, der Minister bewohnte ein recht komfortabel eingerichtetes Zimmer im Keller, das komplett verriegelt war, und die Quartiere der fünf Vampire, die sich Roy und Emily nun angeschlossen hatten, waren in angenehmem Abstand im Schloss verteilt, sodass man einander nicht allzu oft begegnete , es sei denn, man wollte es . Emily genoss es ein wenig, Teil dieser kleinen Gemeinschaft zu sein, auch wenn sie das nicht einmal vor sich selbst zugeben mochte. Schließlich waren es Vampire und Emily ein Mensch. Sie konnte nicht umhin zuzugeben, dass ein Teil von ihr sich noch immer arrogant als höherstehendes Wesen betrachtete, auch wenn Vampire genau genommen in der Nahrungskette über den Menschen standen und weit aus größere körperliche und geistige Fähigkeiten besaßen. Doch während sie die Gemeinschaft der anderen genoss wurde ihr mit jedem Tag mehr bewusst, dass die Vampire sie nur duldeten, ihrem Lord zuliebe. Ansonsten ignorierten sie Emily, soweit es ging.
Die Menschenfrau versuchte währenddessen , Roy aus dem Weg zu gehen, doch das war leichter gesagt als getan, da er den Kontakt zu ihr scheinbar zielgerichtet suchte.
Wann immer sie in die Küche kam, um sich etwas zum Essen zu machen, war er schon da, überprüfte die Vorräte, reinigte Waffen, goss sich ein Glas Wein ein oder sah einfach nur aus dem Fenster. Und mehrmals, als sie in die Bibliothek ging, um bei der Lektüre eines der sagenhaften Bücher ein wenig Zerstreuung zu finden, dauerte es nur Minuten, bis der Vampir den Raum ebenfalls betrat. Seine Mischung aus Höflichkeit und Abstand dabei trieb Emily schier in den Wahnsinn, vor allem, weil seine Augen sehr deutlich eine andere Sprache sprachen. Er schien eine Taktik zu verfolgen, nur kam Emily nicht dahinter, welche. Das Schlimmste dabei aber war, dass sie die Sehnsucht nicht mehr ignorieren konnte, die sich immer mehr in ihr Herz schlich. Sie wollte, dass er ihr näher kam und hasste sich dafür.
Am Abend des zweiten Tages nach Entführung des Innenministers saßen Emily , Roy , Evan und Evelyn zusammen im Salon. Während Emily vorgab, zu lesen, saßen die drei anderen zusammen und tuschelten miteinander. Bislang war man all ihren Fragen nach Minister Morris´ Befinden ausgewichen und es war ihr verboten worden, den Gefangenen in seinem Kellerraum aufzusuchen. Offensichtlich vertraute man ihr noch immer nicht und versuchte ihr bei jeder passenden Gelegenheit zu zeigen, dass sie nicht Teil der Gruppe war und Roys schützende Hand über ihr das einzige war, was sie hier am Leben hielt. Gewissermaßen war es nachvollziehbar: D a Morris der E inzige andere Mensch in diesem Anwesen war, lag es durchaus auf der Hand, dass Emily versuchen könnte, ihm zu helfen. Dagegen stand jedoch die Tatsache, dass seine Männer sie beinahe zu Tode gefoltert hatten.
Während sie also scheinbar vertieft in dem dicken Wälzer schmökerte, den sie sich aus der Bibliothek mitgenommen hatte, kreisten ihre Gedanken immer wieder um eine einzige Frage: W arum war sie noch hier? Seit einer halben Stunde drehte und
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