Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
wendete sie die Fakten im Kopf, kam jedoch zu keinem schlüssigen Ergebnis. Da sich der Kopf der VHA momentan in diesem Gebäude befand, war Emily sich ziemlich sicher, dass die Agency andere Sorgen hatte, als sie nach New York zu verfolgen. Vielleicht war dies sogar der perfekte Moment für sie, um ungesehen ein Flugzeug zu besteigen! D a sie dieses Anwesen nur aus der Vogelperspektive gesehen hatte, wusste sie schlicht und ergreifend nicht, wo genau sie sich eigentlich befanden, konnte es also auch niemandem verraten. Der Zeitpunkt schien wie geschaffen dafür, die Gemeinschaft der Vampire für immer hinter sich zu lassen.
„Roy, kann ich dich kurz sprechen?“ Emily legte ihr Buch zur Seite und sah ihn auffordernd an. Der Vampir reagierte jedoch zunächst nicht, bis Evan ihn anstieß. „Hey, Roy. Dein Püppchen verlangt nach Aufmerksamkeit.“
Die junge Frau schäumte innerlich vor Wut über diese Bezeichnung, vermied aber tunlichst, sich etwas anmerken zu lassen. Als Roy sie endlich ansah, lag Ungeduld in seinen Zügen.
„Bitte, Emily. Wir planen gerade die weitere Strategie. “
Sie stand nun auf und knallte das Buch auf den niedrigen Mahagonitisch in der Mitte der großen Sitzgruppe. „Oh ja , das sehe ich. Seit zwei Tagen schaue ich euch bei allem zu und gehe irgendwelchen sinnlosen Beschäftigungen nach, um die Zeit tot zuschlagen. Ich spiele nicht die kleinste Rolle in dem ganzen Affentanz hier und sitze trotzdem herum, als würde ich auf etwas warten! “
Während sie Luft holte, um zum nächsten Wutanfall auszuholen, stand Roy blitzschnell auf und war in einem Sekundenbruchteil bei ihr, um sie am Arm zu packen.
„Das müssen wir wohl kaum hier ausdiskutieren. Komm mit.“ Im Hinausgehen drehte er sich noch einmal zu den beiden anderen um. „ W ir besprechen das später. Überprüft inzwischen den Email-Eingang. Vielleicht gibt es schon eine Reaktion von Benson.“
Roy zog die Frau grob neben sich her die Treppe hinauf und in sein Schlafzimmer, wo er sie wütend in einen Stuhl drückte.
Allerdings blieb sie nicht dort sitzen, sondern baute sich wütend vor dem Familienoberhaupt auf. Was ziemlich lächerlich wirkte, da sie ein gutes Stück kleiner als der Vampir war und nicht im Mindesten Furcht einflößend wirkte . Der Vampir konnte ein amüsiertes Grinsen nur schwer unterdrücken.
„Du hast ein riesiges Anwesen hier. Müssen wir uns unbedingt in deinem Schlafzimmer unterhalten?“
„Du wolltest mir eben etwas sagen“, ignorierte Roy ihren Einwand. „Also schieß los.“
Emily hatte plötzlich nicht mehr das Gefühl, die Situation in der Hand zu haben. Durch seine Aufforderung , zu sprechen , hatte er ihr die Zügel aus der Hand genommen, was ihr überhaupt nicht gefiel. Ihr Wutausbuch geriet kurzzeitig leicht ins Wanken.
„Ich weiß einfach nicht, was ich hier noch soll! Als du mich so eindringlich gefragt hast, ob ich dich nach London begleiten will, habe ich mir eingeredet, dass du mich dort irgendwie brauchst, dass ich eine Funktion haben würde! Tatsächlich war ich aber einfach nur… anwesend, überflüssig und irgendwie ein Klotz am Bein! Und hier laufe ich jetzt seit Tagen nur wie Falschgeld herum und weiß überhaupt nicht mehr, warum ich noch hier bin! Ihr könntet mich Morris wenigstens sein Essen bringen lassen, dann hätte ich irgendeine Funktion! Stattdessen fühl e ich mich wie eine Aussätzige.
Und dann wäre da noch dein Verhalten mir gegenüber: Vor zwei Tagen noch hast du ständig versucht, mich zu küssen, und nun gehst du auf Abstand, auch wenn deine Augen eine ganz andere Sprache sprechen . Und weißt du was? Ich habe mich geirrt, auf dem Rückflug hierher! Von einer Zweckgemeinschaft kann gar keine Rede sein. Ich erfülle nämlich überhaupt keinen Zweck mehr hier! Ich sollte gar nicht hier sein, und mir fällt auch überhaupt kein Grund mehr für dieses… für das hier ein! Warum, zum Teufel, lasst ihr mich nicht einfach gehen? Ich setze mich in den nächsten Flieger, kehre nach New York zurück, und alles ist gut! Die VHA würde mich nicht einmal bemerken, weil sie mit euch und Morris beschäftigt ist! “
Eine Weile herrschte Stille in dem geräumigen Schlafraum. Emilys Wut war verpufft . N un, da sie ihrem Ärger Luft gemacht hatte , sie stand atemlos vor dem Lord und starrte auf seine imposante Brust.
Als sie es endlich wagte, den Kopf zu heben, sah die junge Frau in ein unergründlich dunkles Augenpaar, in dessen Tiefe sie sich verlor, wie damals,
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